Biographien Galina Starowojtowa
(Galina Wassiljewna Starowojtowa; Галина Васильевна Старовойтова; Galina Starovojtova; Galina Starovoitova; Galina Starovoytova)
geboren am 17. Mai 1946 in Tscheljabinsk
ermordet am 20. November 1998 in Petersburg
russische Politikerin
25. Todestag am 20. November 2023
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Galina Starowojtowa hätte vielleicht die erste Präsidentin Russlands werden können. Traurige Berühmtheit erlangte sie aber durch ihren Tod als erste Politikerin, die Politmördern zum Opfer fiel: Am 20. November 1998 wurde das Mitglied der Staatsduma und die Anführerin der »Bewegung demokratisches Russland« kaltblütig ermordet. Im Treppenhaus zu ihrer Wohnung am St. Petersburger Gribojedow-Kanal lauerten ihr zwei Killer auf und schossen ihr mit einem Maschinengewehr dreimal in den Kopf.
In Tscheljabinsk, einer Großstadt am Rand des südlichen Urals, wurde Starowojtowa als Tochter einer »stolzen Kosakin« und eines »russifizierten Weißrussen«, der ein führender Militär-Ingenieur und Institutsdirektor war, geboren. Sie studierte Psychologie und Philosophie und promovierte. Durch ihre Familiengeschichte sensibilisiert, wendete sie sich dann der Ethnologie zu und spezialisierte sich auf die Völker des Kaukasus – über 70 Veröffentlichungen zu diesem Thema gibt es von ihr.
Starowojtowas politische Karriere begann spät. 1989 machte sie als armenische Abgeordnete im Volksdeputiertenkongress und als Mitglied der ersten parlamentarischen oppositionellen Fraktion auf sich aufmerksam, der auch der Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow angehörte. Sie predigte Freiheit, Toleranz, Demokratie, und ihre klare Stimme fiel und rüttelte auf, sagte sie doch – und das für alle sichtbar im Fernsehen! –, was viele nicht einmal zu denken wagten. Als Beraterin Jelzins für nationale Minderheiten in der von rund 130 Völkern besiedelten russischen Föderation gelang ihr, dass es trotz hochexplosiver ethnischer Spannungen für kurze Zeit wenigstens kein Blutvergießen gab. »Hirn und Gewissen« gingen ihr über Bestechlichkeit. Entschlossen und mutig forderte sie die Bestrafung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Karabach und Tschetschenien – selbst dann noch, als ihrem ersten Mann Arme und Beine gebrochen wurden und Morddrohungen an der Tagesordnung waren.
Dass die populäre »zärtliche eiserne Lady« Gouverneurin des Petersburger Gebietes werden wollte, gar als Präsidentschaftskandidatin gehandelt wurde, hat sie mit dem Leben bezahlt. Ihre moralische Integrität passte nicht zum Führungsstil der (männlichen) Machthaber. Seit Monaten hatte man die anstehenden Wahlen hinausgezögert — Starowojtowa war ihnen offensichtlich im Weg.
(Text von 2003)
Verfasserin: Silvie Horch
Zitate
Den Tiefpunkt der Wahlkampagne stellte aber die Ermordung der Duma-Abgeordneten Galina Starowojtowa dar. Sie wurde am 20. November 1998 gegen 23 Uhr im Treppenhaus vor ihrer St. Petersburger Wohnung ermordet. Dies war zwar schon der vierte politische Mord in St. Petersburg in zwei Monaten, aber er hat bei weitem das meiste Aufsehen und die meiste Anteilnahme erregt. Galina Starowojtowa war schon seit der Perestroika eine sehr bekannte und beliebte Politikerin, die sich stets aktiv für die Demokratie und die Menschenrechte einsetzte. Durch ihre sehr offene und kritische Art hatte sie sich natürlich auch viele Feinde gemacht. Sie war in ihre Heimatstadt gekommen, um ihre politischen Freunde zu unterstützen. Man nimmt an, dass es sich um einen politischen Mord handelt, dass man sie aus dem Wege räumen wollte. So eine charismatische Persönlichkeit ist nur sehr schwer zu ersetzen, vor allen Dingen in einem Land, in dem die politischen Parteien noch recht instabil sind und sich stark auf ihre Führungspersönlichkeiten konzentrieren. Nur ein positives Ergebnis hatte der Mord an Galina Starowojtowa. Er hat die gewöhnlich zerstrittenen Demokraten zusammengebracht. Zur Trauerfeier erschien nicht nur Tschernomyrdin, sondern auch Gaidar, Tschubais, Jawlinskij, Nemtsow und Kirijenko. Diese haben sich dann mit ihren Parteigängern in St. Petersburg zusammengesetzt, um ein Wahlbündnis zu bilden.
(Marlies Salazar (1999) in: St. Petersburg vor und nach den Wahlen im Dezember 1998, gefunden hier)
Links
Галина Старовойтова. Stiftung »Museum Galina Wassiljewna Starowojtowa«. Stiftung zum Andenken an Starowojtowa, will deren politische Arbeit fortsetzen. Seite (russisch) mit Fotos und News.
Online verfügbar unter http://www.starovoitova.ru/rus/new/index.html, zuletzt geprüft am 16.11.2023.
Google Buchsuche: Galina Starowojtowa.
Online verfügbar unter http://books.google.de/books?ct=result&q=galina+Starovojtova+Starovojtova+OR+starowojtowa+OR+starovoitova&btnG=Nach+B%C3%BCchern+suchen, zuletzt geprüft am 16.11.2023.
Salazar, Marlies (1999): St. Petersburg vor und nach den Wahlen im Dezember 1998. PDF-Datei, 13 Seiten, ca. 100 kB.
Online verfügbar unter http://www.kas.de/wf/doc/kas_10025-544-1-30.pdf, zuletzt geprüft am 16.11.2023.
Wikipedia (engl.): Galina Starovoytova.
Online verfügbar unter https://en.wikipedia.org/wiki/Galina_Starovoitova, zuletzt geprüft am 16.11.2023.
Literatur & Quellen
Bednarz, Klaus (1992): Russland. Ein Volk sucht seine Zukunft. Hamburg. Hoffmann und Campe. ISBN 3-455-08442-7. (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Presber, Gabriele (Hg.) (1988): Die Kunst ist weiblich. Gespräche mit Hanna Schygulla, Barbara Sukowa, Karin Barndauer, Elfriede Jelinek und anderen. München. Droemer Knaur (Knaur, 3905). ISBN 3-426-03905-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Starovojtova, Galina V. (1993): Rußland als Teil Europas?. Herausgegeben von Robert-Bosch-Stiftung. Stuttgart. Scheufele (Umbrüche und Aufbrüche, 4). (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Wehner, Markus (1999): St. Petersburg - Winter 1998. Der Mord an Galina Starovojtova und die Wahlen zum Stadtparlament. In: Osteuropa, 49. S. 231–240.
Bildquellen
- Picasa
- Вестник
- АиФ Петербург
- Вестник МОСТОК
- Stiftung »Museum Galina Wassiljewna Starowojtowa«
- NEWSru.com
(Quell-URLs, ohne Prüfung auf heutigen Inhalt)
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