Biographien Freya Gräfin von Moltke
(geb. Deichmann)
geboren am 29. März 1911 in Köln
gestorben am 1. Januar 2010 in Norwich, Vermont, USA
deutsche Widerstandskämpferin, Schriftstellerin, Juristin
15. Todestag am 1. Januar 2025
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Freya von Moltkes Leben war davon geprägt, dass sie und ihr Mann, Helmuth James Graf von Moltke (1907-1945; Heirat mit Freya Deichmann 1931), Gegner alles Nationalsozialistischen waren. Als Hitler 1940 auf dem Höhepunkt seiner Macht ist, entschliessen sich Helmuth und Freya, etwas gegen die Tyrannei zu unternehmen - egal was, denn passiv zusehen, während ihre Welt vom „Urfeind“ in die Knie gezwungen wird, das können sie einfach nicht. Zusammen mit Peter und Marion Yorck von Wartenburg bilden Moltkes den Kern einer Gruppe, die sich auf die Zeit nach Hitler vorbereitet. In dem kleinen schlesischen Dorf Kreisau auf dem Gut der Familie von Moltke organisiert Freya drei Konferenzen (Mai 1942, Oktober 1942, Juni 1943) für ihre gleichgesinnten FreundInnen. Dort erarbeitet der nach diesem ländlichen Treffpunkt genannte „Kreisauer Kreis“ Entwürfe für den demokratischen Staat, den sie in einem post-nationalsozialistischen Europa errichten wollen.
Schneller als das Ende des Krieges und die Vernichtung der Nazis aber kam die Gestapo. Am 19. Januar 1944 wurde Helmuth festgenommen; erst nach dem am 20. Juli 1944 missglückten Attentat auf Hitler jedoch wurde seine Arbeit im Widerstand entdeckt. Am 23. Januar 1945 ließ der Präsident des Volksgerichtshofs, Roland Freisler, dem es an jeglichen Beweisen für eine Verbindung zwischen Moltke und dem Attentat fehlte, Helmuth wegen seiner christlichen Gesinnung hinrichten. Freyas Gnadengesuch an Heinrich Himmler kam zu spät an. Zeit zu trauern gab es nicht, denn Freya musste dafür sorgen, dass ihre zwei Söhne (Helmuth Caspar, geboren 1937, und Konrad (1941-2005)), sowie die vielen Familien, die bei ihr in Kreisau Schutz gefunden hatten, rechtzeitig evakuiert wurden.
Nach dem Krieg lebt Freya eine zeitlang (1947-1956) in Südafrika, der Heimat ihrer verstorbenen Schwiegermutter, wo ihre Kinder unter Verwandten aufwachsen und eine einigermaßen normale Kindheit erleben können. Freya verspürt in diesen Jahren keine große Lust, in der schmerzhaften Vergangenheit zu wühlen. Später aber, als sie 1960 zu Eugen Rosenstock-Huessy nach Vermont, USA, umsiedelt, beginnt sie die über 1600 Briefe ihres Mannes zu transkribieren. In diesen 1988 veröffentlichten und 1989 mit dem Geschwister-Scholl Preis ausgezeichneten Briefen an Freya 1939-1945 bewahrte Freya von Moltke ein wichtiges Kapitel europäischer Geschichte auf, und zwar um der Zukunft willen. Denn der Sinn des Widerstands - dass es sich lohnt, das zu verteidigen, woran wir glauben - dies soll der Menschheit erhalten bleiben.
Heute liegt Kreisau nicht in Deutschland, sondern in Polen, und heißt Krzyzowa. Dieses Neue Kreisau soll, fand Freya, ganz Europa gehören und das geistige Vermächtnis des Widerstands für die heutige Welt neu interpretieren. Auf dem ehemaligen Gutshof der Familie von Moltke steht jetzt eine Begegnungs- und Tagungsstätte, wo Jugendliche und Erwachsene aus Ost- und Westeuropa zusammenkommen, um sich kennenzulernen und an der europäischen Integration zu arbeiten. Nur durch Übung werden die demokratischen Ideen des Widerstands verwirklicht, und deswegen freute sich Freya von Moltke, dass sie bei der Neugestaltung Kreisaus mitwirken konnte, und dass heute Kreisau diesen wunderbaren, menschlichen Lernprozeß anregt und fördert. Um sämtliche in Kreisau angefangenen Projekte finanziell abzusichern, wurde 2005 die „Freya von Moltke Stiftung für das Neue Kreisau“ gegründet. In ihrem Begrüssungswort bei der Gründungsfeier sprach uns Freya Hoffnung zu, denn noch können wir lernen, allen Unterschieden zum Trotz, auf dieser Erde friedlich zusammenzuleben.
Verfasserin: Rachel Freudenburg
Zitate
Wenn alle das gleiche denken, setzen sie sich an den Tisch und schreiben das auf; das ist nicht viel. Heute kommt es darauf an, dass Leute, die verschieden denken, miteinander sprechen ... und darin war die Kreisauer Gruppe hervorragend. (Freya von Moltke, zitiert nach Hoffmann 44.)
Der Teufel steckt im Detail. Die europäische Integration herbeizuführen, ist eine ganz schwierige Sache. All die alten Unterschiede zwischen den europäischen Einheiten existieren noch, und das macht Europa sehr attraktiv, aber es erschwert auch das Zusammenwachsen der Europäer. (Freya von Moltke im Gespräch mit R. Freudenburg, 17.5.2002)
Links
Freya-von-Moltke-Stiftung in Kreisau
Literatur & Quellen
Freya von Moltke in der Deutschen Nationalbibliothek
Geyken, Frauke. 2011. Freya von Moltke: Ein Jahrhundertleben 1911-2010. München. Beck.
Hoffmann, Eva. 1992. Freya von Moltke: Die Kreisauerin. Göttingen, Lamuv.
Meding, Dorothee von. 1992. Mit dem Mut des Herzens: Die Frauen des 20. Juli. Berlin, Siedler.
Moltke, Freya von. 2004. „Die Verteidigung europäischer Menschlichkeit“; in: Aus Politik und Zeitgeschichte B27 (2004): 3-4.
Moltke, Freya von. 1997. Erinnerungen an Kreisau. München. Beck.
Moltke, Helmuth James von. 1988. Briefe an Freya: 1939-1945. Hg. Beate Ruhm von Oppen. München. Beck.
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