geboren am 17. August 1801 in Åbo (Turku, Finnland)
gestorben am 31. Dezember 1865 in Årsta bei Stockholm
schwedische Schriftstellerin
220. Geburtstag am 17. August 2021
Biografie
Autorin und Werk kennenzulernen ist schwierig: Ihre Bücher werden in deutscher Sprache nicht mehr verlegt (bis auf Durch Nordamerika und Kuba, s.u.), die von Adlersparre und Leijonhuvud verfaßte Biographie wurde nie übersetzt. Männliche Literaturgeschichtsschreiber erwähnen sie nur beiläufig.
Dabei begeisterte die Begründerin des schwedischen Familien- und Gesellschaftsromans und berühmteste schwedische Schriftstellerin des 19. Jahrhunderts das europäische Publikum mit ihren zahlreichen Romanen, in denen sie den romantisch-verklärten Familienidyllen ihre wirklichkeitsnahen, Komik und Tragik des bürgerlichen Familienlebens vermittelnden Skizzen aus dem Alltagsleben (Titel ihres frühen Romanzyklus) entgegensetzte.
Ihr wohlhabendes Elternhaus hatte sie als “ein Gefängnis für Leib und Seele” empfunden. Der tyrannische Vater forderte “ehrfurchtsvolle Unterordnung”; die Mutter ließ Fredrika ihren angeblichen Mangel an Grazie spüren anstatt ihre Begabungen anzuerkennen. Viele der weiblichen Romanfiguren spiegeln die persönlichen Erfahrungen als unglückliche Tochter und - nicht unfreiwillig - unverheiratete Frau wider.
Fredrika Bremer gewinnt die Sympathie ihrer LeserInnen zunächst mit ihren konservativ-reformerischen Entwürfen (die dienende Frau als moralisch-pädagogische Kraft); sie wirkt bei der Gründung eines Stockholmer Wohltätigkeitsvereins mit - und wird radikaler. In dem Roman Hertha (1856) fordert sie energisch eine Individualität und Selbständigkeit fördernde Erziehung und Bildung für Mädchen, Berufszwang und die Abschaffung der rechtlichen Unmündigkeit der Frau - viele Kritiker finden ihre Alltagsskizzen nun gar nicht mehr so “gemüthlich”.
Von ihrer Beteiligung an sozialpolitischen, theologischen und philosophischen Kontroversen zeugen eine theologische Schrift und die Schilderungen ihrer Reisen durch Europa, die Vereinigten Staaten und Kuba (Die Heimat in der Neuen Welt; Leben in der Alten Welt; Reisen in das Heilige Land u.a.). Sie informiert sich gründlich über die Lebensbedingungen von Frauen und schreibt darüber - ihren Rezensenten hingegen imponieren ihre Gespräche mit berühmten Männern wie Bryant, Lowell, Emerson und dem Papst.
Fast 20 Jahre nach ihrem Tod wird der 1884 gegründete Frauenförderverein in Anerkennung der reformerischen Wirkung ihrer Dichtung und ihres philanthropischen Engagements nach ihr benannt. Der Fredrika-Bremer-Förbund besteht noch heute.
Auf Deutsch bringt der Stuttgarter Weitbrecht Verlag die Reisetagebücher in Briefen Durch Nordamerika und Kuba und kündigt sie wie folgt an: “Wie froh bin ich, dass ich hier bin in der jungen, neuen Welt!”;. Ein erleichterter Ausruf, dem eine beherzte Tat vorangegangen war: Fredrika Bremer war aus ihrem altjüngferlichen [sic!] Alltag ausgebrochen und in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf eigene Faust in die USA gefahren. Von Boston nach Chicago, von St. Luis nach Havanna, von Richmond nach New York ging die Reise der mutigen Schwedin. Dabei lernte sie ein facettenreiches Land kennen: Hier die glänzenden Errungenschaften der Demokratie; dort das dumpfe Festhalten an der Sklaverei. Die Staaten standen vor dem Bürgerkrieg. Und so wurde der Bericht Fredrika Bremers zu einem ganz außergewöhnlichen historischen Dokument, das nun in einer zeitgemäßen Ausgabe vorliegt.
(geschrieben 1988, veröffentlicht im Kalender Berühmte Frauen 1990 zum 125. Todestag der Schriftstellerin. Der Text wurde leicht aktualisiert von Luise F. Pusch)
Verfasserin: Marion Kremer
Zitate
Ich zähle solche Bücher, die sich im Gewande der Moral und eines bestechlichen Styles in die Familien schleichen und als patentirte Mädchenlektüre betrachtet werden, zu den allergefährlichsten. (Ein Rezensent)
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