Biographien Federica Mogherini
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geboren am 16. Juni 1973 in Rom
italienische Politikerin
50. Geburtstag am 16. Juni 2023
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
„Seitdem Du denken kannst, sagtest Du, wolltest Du Schriftstellerin werden. Daraus ist bisher nichts geworden. Aber vielleicht tröstet es Dich, dass Du in den letzten fünf Jahren einen anderen Job aus dem künstlerischen Bereich innehattest: nämlich den einer Dirigentin. Einer Dirigentin, die aus den vielen, vielen europäischen Stimmen einen klangvollen Chor geformt hat.“
Dieses Zitat stammt aus einer Rede des deutschen Außenministers Heiko Maas bei der Vergabe des Theodor-Wanner Preises an Federica Mogherini im Dezember 2019 und charakterisiert vielleicht am besten die vielfältigen Fähigkeiten dieser engagierten italienischen Politikerin.
Federica Mogherini, Tochter des Regisseurs Flavio Mogherini (1922-1994), besuchte das humanistische Gymnasium in Rom und schloss mit Auszeichnung das Studium der Politikwissenschaften an der römischen Universität „La Sapienza“ ab. Ihre Examensarbeit über das Verhältnis von Politik und Religion im Islam entstand während eines Erasmus-Stipendiums in Aix-en-Provence. Federica Mogherini spricht neben Italienisch perfekt Englisch und Französisch und auch gut Spanisch.
„Ich bin mit Matteo verheiratet und habe zwei Töchter, Caterina und Marta.“ So kurz und bündig äußert sie sich über ihr Privatleben. Sehr viel mehr und facettenreicher erzählt sie von ihrem Leben als Politikerin, als italienische Außenministerin und als Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik.
1996 schloss sich die 23-jährige Federica der Jungen Linken an; fünf Jahre später, im Jahr 2001, trat sie dem Nationalrat der Linksdemokraten bei. Dies war der Beginn ihrer politischen Laufbahn, die sie in den nationalen Vorstand und das politische Komitee sowie in die Auslandsabteilung der DS (Democratici di Sinistra, bis 2007 die größte italienische Partei des Mitte-Links-Wahlbündnisses L’Ulivo) führte, wo sie ab 2003 arbeitete: zunächst als Leiterin der Beziehungen zu den Bewegungen, dann als Koordinatorin der Abteilung selbst und schließlich als Leiterin der internationalen Beziehungen.
Dann zog Federica Mogherini für den PD (Partito Democratico) als Kammerabgeordnete in das italienische Parlament (2008-2014). Im Parteivorstand des PD war sie ab 2009 für Gleichberechtigung zuständig und ab 2013 für Europapolitik; in ihrer Funktion als Kammerabgeordnete (Onorevole) war sie Leiterin der italienischen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung der NATO und Vizepräsidentin des Politischen Ausschusses (2013-2014), Mitglied der italienischen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (2008-2013), Sekretärin des Verteidigungsausschusses (2008-2013) und Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. Sie koordinierte auch die Interparlamentarische Gruppe für Entwicklungszusammenarbeit. Eine steile Karriere, die aufgrund ihres diplomatischen Geschicks, der kontinuierlichen Arbeit und ihrer Zähigkeit möglich war.
In dieser Zeit hatte sie Gelegenheit, Dossiers über die Friedensprozesse im Nahen Osten, in Afghanistan und im Irak zu verfolgen, aber auch mit den US-Demokraten, den Parteien der Sozialistischen Internationale und der Sozialdemokratischen Partei Europas in Kontakt zu treten.
Als Erstunterzeichnerin legte sie mehrere Gesetzentwürfe vor, darunter einen zur Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats zur Bekämpfung und Verhütung von häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen, einen zum Verbot der Finanzierung von Unternehmen, die Streumunition und Antipersonenminen herstellen, lagern, transportieren und damit handeln, und einen zur Reform des Rechtsrahmens für internationale Solidarität und Entwicklungszusammenarbeit.
Als Mitunterzeichnerin legte sie unter anderem Gesetzentwürfe für die Stadterneuerung und die Begrenzung des Bodenverbrauchs, für Maßnahmen zugunsten sozialer Unternehmen, für die Regelung der öffentlichen Debatte im Zusammenhang mit Entscheidungen über den Bau öffentlicher Infrastrukturen, für Änderungen des Zivilgesetzbuches in Bezug auf den Familiennamen von Kindern und Ehegatten und für die Rückverfolgbarkeit und Kontrolle des illegalen Waffenhandels auf internationaler Ebene vor.
Von Februar bis Oktober 2014 war das Gesicht des italienischen Außenministeriums weiblich: Federica Mogherini war Außenministerin in der Regierung Renzi und nach Susanna Agnelli und Emma Bonino die dritte Frau, die dieses Amt bekleidete, und mit 47 Jahren die mit Abstand jüngste. Unter ihrer Führung erreichte das italienische Außenministerium die Freilassung der Sudanesin Maryam Ibrahim.
2014 erwog der Europäische Rat nach den Europawahlen im Mai die Ernennung von Federica Mogherini zur Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik. Die Financial Times berichtete jedoch aus diplomatischen Kreisen, dass die Ernennung der italienischen Politikerin von Polen, Litauen, Estland und Lettland wegen ihrer angeblichen Unterstützung für Russland in der Krise zwischen Russland und der Ukraine behindert würde. Dadurch entstand ein echter Mogherini-Fall, der die Chefs der europäischen Institutionen in eine Pattsituation brachte. Die Ernennung erfolgte erst nach mehreren diplomatischen Treffen Ende August 2014.
Von 2014 bis 2019 war Federica Mogherini Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik. Sie erhielt den Übernamen: Lady Pesc, ein Akronym für „Politica Estera e di Sicurezza Comune.“ (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik).
Über diese Zeit äußert sich Federica Mogherini folgendermaßen: “Es war sowohl komplex als auch faszinierend, denn es waren fünf Jahre, in denen sich die Rolle Europas in der Welt ebenso wie die globale Außenpolitik stark verändert hatte. Ich konnte die verschiedenen Phasen dieses Wandels miterleben: Die ersten beiden Jahre, 2015 und 2016, waren der Zeit der vielen internationalen Abkommen, und die Europäische Union war maßgeblich am Prozess beteiligt. Es war ein Prozess des Raumschaffens für die Rolle der EU in der Welt; ich denke dabei an die Klimavereinbarungen in Paris, die Vereinbarungen über nachhaltige Entwicklung in New York bei den Vereinten Nationen, das iranische Atom-Abkommen und auch an die Arbeit, die wir in multilateralen Foren geleistet haben, zum Beispiel zur Wiederbelebung des Friedensprozesses im Nahen Osten oder die Versuche, die in Libyen und Syrien durchgeführt wurden. Von 2016-2017 gab es dann eine weitere Phase, in der die Europäische Union automatisch als Bollwerk zur Verteidigung eines angegriffenen multilateralen Systems unverzichtbar wurde.”
2016 wurde sie mit dem Internationalen Demokratiepreis ausgezeichnet. Sie war damit seit 2009 die fünfte Preisträgerin; der Internationale Demokratiepreis ist mit 10.000 Euro dotiert; Federica Mogherini stiftete das Geld einem Schulprojekt für syrische Flüchtlinge. In der Laudatio hieß es: „Wo unser Leben immer mehr von Katastrophen, Kriegen, Populismus, und immer häufiger auch von Lügen und blankem Hass gekennzeichnet ist, zeichnet sich die Arbeit von Frau Mogherini seit Jahren durch ihre unermüdliche Verteidigung unserer europäischen Werte von Frieden, Demokratie, Menschenrechten, Respekt, Toleranz, Dialog und Pluralismus in der Welt aus. Es sind genau diese Werte, die unsere Gesellschaften in Europa so stark gemacht haben und die ihren inneren Zusammenhalt sichern. Es sind auch genau diese Werte, die unsere Richtschnur für die Zukunft sein müssen.“
Seit September 2020 ist Federica Mogherini Rektorin des College of Europe in Brügge. Seit Januar 2020 ist sie Ko-Vorsitzende der Hochrangigen Gruppe der Vereinten Nationen für Binnenvertreibung. Sie ist Fellow der Harvard Kennedy School, Mitglied des Kuratoriums der International Crisis Group, Fellow des German Marshall Fund, Mitglied der Gruppe herausragender Persönlichkeiten der Vorbereitungskommission für die Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (Comprehensive Nuclear Test Ban Treaty), Mitglied des European Leadership Network for Multilateral Nuclear Disarmament and Non-Proliferation (Europäisches Führungsnetzwerk für multilaterale nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung) und Mitglied des Verwaltungsrats des Italienischen Instituts für Auswärtige Angelegenheiten (IAI).
Der spanische Autor Pol Bargués nennt Mogherini eine „Königin der Resilienz“ und schreibt in seinem einfühlsamen Artikel: „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Mogherinis große Leistung darin besteht, dass sie die Grenzen der EU in einer vernetzten und komplexen Welt akzeptiert und sie zu einer Tugend gemacht hat. Da sie die Werte der EU nicht ins Ausland exportieren konnte, hat sie in einer Zeit, in der Werte innerhalb und außerhalb der EU-Grenzen umstritten sind, andere unterstützt; angesichts eines politischen Klimas, in dem sie keine zielgerichteten und schnellen Lösungen anstreben konnte, entschied sie sich für die Integration verschiedener außenpolitischer Instrumente und vielseitiger Maßnahmen; da die Welt nicht mehr für protektionistische und isolationistische Lösungen empfänglich ist, blieb sie in Verbindung und reiste weit und breit; und da endgültige Friedenslösungen nur schwer zu erreichen sind, setzte sie auf Gespräche und neue Möglichkeiten. In einer immer stärker vernetzten, umkämpften und komplexen Welt hat Mogherini verstanden, dass die EU die Windrichtung nicht ändern kann, aber ein Duft sein kann, der die Lüfte erfüllt.“
Mogherini hat in Brüssel und in der Welt europäische Geschichte geschrieben. Heiko Maas: „In dieser Welt ist es umso wichtiger, sich mit unserem europäischen Chor Gehör zu verschaffen. Dafür müssen wir andere nicht übertönen. Aber von Europa darf auch nicht nur dröhnendes Schweigen zu hören sein. Dir ist das gelungen in den letzten Jahren: Europa sprechfähig zu machen. Und wenn man Beobachter fragt, wie, dann fallen zwei Vokabeln besonders oft: Empathie und Zuversicht. Nuanciert, aber harmonisch – so, finde ich, klang die europäische Außenpolitik der Maestra Mogherini.“
(Text von 2022)
Verfasserin: Ingrid Windisch und Heidi Hintner
Links
Homepage. Federica Mogherini. A visionary leader paving the waiy for global diplomacy.
https://www.federicamogherini.net (Zugriff am 14.06.2023)
Facebook. Mogherini Federica.
https://www.facebook.com/f.mogherini (Zugriff am 14.06.2023)
Twitter. Mogherini Federica.
https://twitter.com/FedericaMog (Zugriff am 14.06.2023)
Wikipedia. Federica Mogherini.
https://de.wikipedia.org/wiki/Federica_Mogherini (Zugriff am 14.06.2023)
Auswärtiges Amt. 18.12.2019. Rede von Außenminister Heiko Maas bei der Vergabe des Theodor-Wanner-Preises an Federica Mogherini.
https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/maas-mogherini/2289098 (Zugriff am 14.06.2023)
Bargués_Pedreny, Pol. 2019. Mogherini, the queen of resilience reaches the end of her mandate. CIDOB opinion. N.604.https://www.cidob.org/en/publications/publication_series/opinion/europa/mogherini_the_queen_of_resilience_reaches_the_end_of_her_mandate (Zugriff am 14.06.2023)
College of Europe. Bruges. Federica Mogherini. Rector and Director of the Academy.https://www.coleurope.eu/whoswho/person/federica.mogherini (Zugriff am 14.06.2023)
College of Europe. 16.12.2022. Podcast. Global Europe in the new real millenium. Diplomatie Tranquille et représentation plurielle (Laurence Badel et Federica Mogherini).
https://shows.acast.com/61b0c2ab37bdc00012664ef0/6290cf85e2b4380012f6bc6c (Zugriff am 14.06.2023)
Literatur & Quellen
Neubauer, Hans Joachim. 2020. Federica Mogherini. Mein Leben für ein anderes Europa. Gespräche. Göttingen, Steidl Gerhard Verlag.
Kopeinig, Margaretha. Brandstätter, Helmut (Hg.). 2014. So kann Europa gelingen. Gespräche mit Werner Faymann, Sigmar Gabriel und Federica Mogherini. Wien, Verlag Kremayr & Scheriau.
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