geboren am 23. November 1931 in Prag
Südtiroler Journalistin
90. Geburtstag am 23. November 2021
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Sie war eine der ersten Frauen im Journalismus in Südtirol, sie hat Generationen von Journalistinnen und Journalisten ausgebildet, hat sich ihre Liberalität und ihre Mehrsprachigkeit nie nehmen lassen, stand auf Seiten der politisch Schwächeren und hat sich redaktionsintern erst nach vielen Warteschleifen durchsetzen können. Eva Klein hat 35 Jahre lang beim “Deutschen Blatt” gearbeitet, 19 Jahre lang hat sie es geleitet. Das “Deutsche Blatt” erschien von 1958 bis 1999 in der italienischen Tageszeitung „Alto Adige“.
Der Anrufbeantworter der 1931 in Prag Geborenen spricht Italienisch und Deutsch, und wenn sie vom Abendessen redet, sagt sie „nachtmahln“ wie Thomas Bernhard und verrät damit ihre „kakanischen“ Wurzeln. Eva Klein ist Südtirolerin, vor allem aber ist sie Europäerin. Ihr Vater war österreichischer Berufsoffizier, die Mutter Neumarkter Bürgerin.
Angefangen hat diese altösterreichische Familiengeschichte im Ersten Weltkrieg, als sich der Offizier und die Neumarkterin trafen. 1928 heirateten sie und zogen nach Prag, wo Eva und ihre Schwester geboren wurden. Zu Hause sprach man Deutsch, Tschechisch mit dem Hausmädchen. Bis zum 14. Lebensjahr (1945) lebte Eva Klein in Prag. Das Leben dort ist mit vielen schönen Erinnerungen verbunden. Aber nicht nur. Das von der Neumarkter Großmutter liebevoll mit Edelweiß bestickte Kleid war in Evas Prager Kindheit Anlass zu nationalistischem Spott. In Neumarkt wiederum wurde das Mädchen von den Optantenkindern als „Walsche“ beschimpft. Aus diesen unguten Erfahrungen entwickelte sich eine der Grundhaltungen von Eva Klein: eine tiefe Abneigung gegen jede Art von Nationalismus.
Nach einer abenteuerlichen „Rückreise“ lebte Eva Klein mit Mutter und Schwester in Neumarkt. Es war nicht einfach, sich zu integrieren. Das reine Deutsch, wie man es in Prag gesprochen hatte, erzeugte Distanz. Das gesellschaftliche Umfeld blieb argwöhnisch. Wer familiengeschichtlich, lebensgeschichtlich, volksgruppenmäßig, politisch oder herkunftsmäßig nicht genau zugeordnet werden kann, wurde und wird misstrauisch beäugt.
Die Ausbildungsmöglichkeiten waren für Mädchen in der Nachkriegszeit sehr beschränkt. Nach einem missglückten Versuch im Mariengarten in St. Pauls ging die rebellische Tochter auf die Handelsschule und stellte sich dann gegen den Wunsch ihrer Lehrer auf eigene Beine. Von einer ehemaligen Arbeitskollegin erfuhr sie, dass Servilio Cavazzani für den „Alto Adige“ Personen mit besonders guten Deutschkenntnissen suchte, und sie bewarb sich.
Am 1. April 1961 fing Eva Klein beim Deutschen Blatt an, erst 1968 wurde sie als Publizistin eingetragen. 1971 legte sie die Journalistenprüfung ab, und am 1. April 1977 wurde sie zur Redaktionsleiterin. Das bedeutet aber nicht, dass die Arbeit für sie damit einfacher geworden wäre. Welcher Mann lässt sich gerne von einer Frau Anweisungen geben?
Als Redaktionsleiterin bestimmte Eva Klein, was veröffentlicht wurde und in welcher Form, sie bestimmte, welchem Artikel welcher Raum eingeräumt wurde, und sie entschied, wer beschäftigt wurde und wer nicht. Bei Eva Klein haben zahllose Journalistinnen und Journalisten ihr Handwerk gelernt, bevor sie in die Welt zogen, und viele freie Mitarbeiter (wie norbert c. kaser) haben ihre Spuren hinterlassen.
Eva Kleins Blattlinie war von klaren Grundsätzen geprägt: demokratische Grundhaltung, ethnisch ausgewogene Berichterstattung, gepflegte Sprache, freier Meinungsaustausch jenseits ideologischer Grenzen. Hier fanden die neuen oppositionellen Bewegungen der 1970er Jahre eine Diskussionsplattform.
Ihr Engagement für die Sache der Frauen nennt Eva Klein zwar nie an erster Stelle, aber es war immer da. Nicht nur, dass sie unter den Mitarbeitern wesentlich mehr Frauen hatte als sonst in der Branche üblich, auch auf ihren Seiten ging es öfter um Frauenthemen als in anderen Medien.
Bis 1978 lebte Eva Klein in Neumarkt, dann zog sie nach Bozen. Die Stundenpläne der Redaktion schränkten das gesellschaftliche Leben stark ein, Kontakte mit den Redaktionskollegen beschränkten sich auf ein paar Mittagessen. Mit den Aufgeschlosseneren aus der italienischen Redaktion spielte sie ab und zu eine Partie “calcetto”. Ein Leben, das bis zur Pensionierung 1996 von Arbeit geprägt war.
Trotzdem ist die Gesellige heute noch beim FAI (Fondo per l’Ambiente Italiano) aktiv, war viele Jahre bei Soroptimist International engagiert, geht genauso selbstverständlich zum Bridge mit englischer Konversation wie zum Skifahren.
Neben der Redaktionsarbeit engagierte sich Eva Klein in der Pressevereinigung der Journalistengewerkschaft (FNSI). Über zehn Jahre lang war sie Mitglied des Ausschusses (sie war als erste Frau und als erste Deutschsprachige in dieses Gremium gewählt worden). Von 1982 bis 1984 war sie Vorsitzende der Pressevereinigung. Von diesem (ehrenamtlichen) Posten wurde sie von aufstrebenden, männlichen Kollegen weggeputscht. Die Arbeit in der Pressevereinigung war kein Honigschlecken. Für eine Frau schon gar nicht. Hier galt es nämlich, die unterschiedlichsten Interessen unter einen Hut zu bringen: Deutsche und ItalienerInnen, Konservative und Fortschrittliche, Klerikale und Laizistische. Da spielte das Gegensatzpaar Männer und Frauen eine eher untergeordnete Rolle. Später engagierte sich Eva Klein in der nationalen Kommission für Chancengleichheit der Journalistengewerkschaft.
Als Eva Klein nach 35 Jahren Ende Juni 1996 in den Ruhestand trat, bekam sie zumindest tröpfchenweise das, was ihr jahrzehntelang nie zugestanden worden war: Dank und Anerkennung.
„Wenn ich etwas aus Überzeugung mache und nicht, weil ich dafür bezahlt werde, stört mich kein Angriff und keine Kritik“, sagte sie nach der Schließung des Deutschen Blatts 1999 rückblickend.
2010 hat sie mit Renate Mumelter und Günther Pallaver „Contro Corrente“, ein Buch über das Deutsche Blatt des Alto Adige, herausgegeben.
Verfasserin: Renate Mumelter
Literatur & Quellen
Klein, Eva, Renate Mumelter & Günther Pallaver. 2010. Contro Corrente - Das Deutsche Blatt im ‚Alto Adige’ (1958 bis 1999): Eine Zeitungsseite schreibt Oppositionsgeschichte. Raetia-Verlag, Bozen 2010
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