Biographien Erna Maria Johansen
geboren am 18. April 1911
gestorben am 27. April 1986 in Berlin
deutsche Pädagogin '
110. Geburtstag am 18. April 2021
35. Todestag am 27. April 2021
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Die 70-Jährige schreibt an ihren Lebenserinnerungen – aber zunächst zwei Fachbücher, in denen sie sich noch einmal mit den Schrecknissen von Kinderwelten und denen ihres eigenen Lebens konfrontiert: eine Sozialgeschichte der Kindheit und eine Studie über Kinder im Krieg. Titel der Studie ist der Ausspruch ihres siebenjährigen Sohnes in einem Berliner Bombenkeller: »Ich wollt’, ich wäre nie geboren.« Die Lebenserinnerungen werden dann nicht mehr ganz fertig, weil es für sie trotz schmerzhafter chronischer Krankheit noch so viel zu tun gibt.
Ihre frühen Lebensbedingungen (Geburt 1911 im Berliner Arbeitermilieu, Tod der Eltern) begründen ihre »Verbundenheit mit den Verlassenen, Übersehenen, Vergessenen« als Kern für Pädagogik und Politik, für Leben und Arbeiten. Die Ausbildung zur Kindergärtnerin ist der Einstieg, mit zwanzig studiert sie am Sozialpädagogischen Seminar unter Leitung von Anna von Gierke in Berlin und sucht Kontakt zur frühen Psychoanalyse.
1933 schränkt ein Berufsverbot für SPD-Mitglieder sie noch während des Berufspraktikums im Bezirksamt Prenzlauer Berg auf verdeckte Tätigkeiten und die eigene Familie ein. Mit vier kleinen Kindern beginnt 1943 ihre »Kriegsnomaderie«, die Ende 1945 in einer Mecklenburger Kleinstadt endet. Als Leiterin des Sozialamtes wird sie dort wieder zur »öffentlichen Person«. Ihre weitere Arbeit wird bestimmt von einem Zug evakuierter und alleingelassener Kinder, die sie aufnimmt.
Nach zwei Jahren kehrt sie mit ihrem Mann nach Berlin zurück, gebiert ihr fünftes Kind und betätigt sich mit journalistischer Arbeit in Pädagogik und Politik, vor allem im Zusammenhang mit der beginnenden Schulreform. Nach ihrer Scheidung und der Einschulung des jüngsten Kindes folgen zwanzig Jahre vollberuflicher Sozialarbeit als Familienfürsorgerin im Rahmen der ersten Erziehungsberatungsstelle, im Pflegekinderbereich des Landjugendamtes, im Sachgebiet Familienpflege im Senat u.v.m.
Sie kämpft um Menschenrechte für Kinder, für die politische Dimension in der Pädagogik und darüber hinaus weit im gesellschaftlichen Raum. Das letzte Pressephoto zeigt die 75-jährige Erna Maria Johansen wenige Wochen vor ihrem Tod, als Erzählerin im Kinderbuchladen Kreuzberg: »Die ›alte Jo‹ erzählt von Küche und Welt, von Wörtern, Wort und Zeit, von kleinen Brüdern – Geburt und Tod –, von Kinder-Straßen-Spielen und Kinderarbeit, von Vater und Mutter, vom Lachen, Weinen und Singen.« (taz; 25. März 1986)
(Text von 1995)
Verfasserin: Monika Oubaid
Zitate
Seit einem Jahrzehnt bin ich als Pensionärin ein schreibender Mensch geworden, der seine Erfahrungen und Reflexionen, sein Forschen und Suchen nach dem Kind und dessen Lebensumständen schriftlich weiterzugeben versucht; erstmals hatte ich Zeit für größere zusammenhängende Arbeiten. Doch noch immer fällt mein Blick auf eine Gesellschaft, die Kinder entmutigt, gefährdet und einer weltweiten Lebensbedrohung gegenüber mit ihren eigenen Problemen allein lässt.
(Erna Maria Johansen)
Literatur & Quellen
Johansen, Erna M. (1986): »Ich wollt', ich wäre nie geboren«. Kinder im Krieg. Orig.-Ausg. Frankfurt am Main. Fischer-Taschenbuch-Verlag. (Fischer, 3820) ISBN 3-596-23820-X. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Johansen, Erna M. (1978): Betrogene Kinder. Eine Sozialgeschichte der Kindheit. 33. - 35. Tsd. Frankfurt am Main. Fischer-Taschenbuch-Verlag. 1986. (Fischer, 6622 : Bücher des Wissens) ISBN 3-596-26622-X. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Kaiser, Astrid und Oubaid, Monika (Hg.) (1986): Deutsche Pädagoginnen der Gegenwart. Köln. Böhlau. ISBN 3-412-03586-6. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
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