geboren am 9. Januar 1922 in Wien
gestorben am 29. Juni 2007 in Wien
österreichische Schriftstellerin, Psychoanalytikerin und Friedensaktivistin
15. Todestag am 29. Juni 2022
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Erika Dannebergs Jugend war geprägt durch die Erfahrungen während des Zweiten Weltkriegs in Wien. Sie wächst in einem deutschnationalen Elternhaus auf, steht aber dem Nationalsozialismus zutiefst ablehnend gegenüber. Sie hält sich im Kreis der jüdischen Fürsorgerin Franziska Löw auf und hilft mit, jüdische Gefangene in den Sammellagern in Wien mit überlebensnotwenigen Dingen zu versorgen.
Nach 1945 sucht Erika Danneberg Orientierung in der literarischen Szene Wiens. Sie beendet ihr Germanistikstudium, von dem sie ab 1943 aufgrund mangelnden politischen Einsatzes ausgeschlossen wurde. Sie publiziert zahlreiche Texte in Zeitschriften und bewegt sich im Umfeld Hans Weigels, der als einflussreicher Förderer der literarischen Nachkriegsgeneration bekannt ist.
1949 heiratet Danneberg den jüdischen Autor Hermann Hakel und konvertiert zum Judentum. Mit ihm gibt sie u.a. die Zeitschrift „Lynkeus“, eine der raren Literaturzeitschriften der Nachkriegsjahre, heraus. Sie ist in dieser Zeit auch als Übersetzerin, Lektorin und als Sekretärin des Autors Berthold Viertel tätig. 1951 promoviert sie im Fach Psychologie mit dem Thema „Die Auswirkungen des Krieges auf Jugendliche“.
Nach dem Scheitern der Ehe mit Hakel macht sie eine Psychoanalyse bei Tea Genner-Erdheim, die sie motiviert, Psychoanalytikerin zu werden. Danneberg wird nach einer Lehranalyse 1960 zur Ausbildung in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung zugelassen. Sie wird selbst Lehranalytikerin. Ihre Spezialgebiete sind Kinderpsychoanalyse und Gruppenpsychotherapie. Sie ist seit den 1960er Jahren als praktizierende Psychoanalytikerin und Gruppensupervisorin tätig.
Seit den 1980er Jahren schließt sich Erika Danneberg vermehrt den Befreiungsbewegungen Lateinamerikas, insbesondere Nicaraguas an. Sie erfährt das Glück, politisch handelnd zu einer Solidaritätsbewegung zu gehören. Zwischen 1984 und 1995 reist sie mehrmals nach Nicaragua und setzt sich für zahlreiche Unterstützungsinitiativen ein. 1985 arbeitet sie als Internationalista für Salud Mental, ein Projekt der Wiener Psychoanalytikerin Marie Langer, die in den 1930er Jahren nach Argentinien und Mexiko emigrieren musste. In diesem Projekt ging es um die Weiterbildung nicaraguanischer Fachkräfte für den psychosozialen Dienst in Managua, den die sandinistische Regierung eingerichtet hatte.
In den späten 1970er Jahren kehrt Erika Danneberg zur Literatur zurück und engagiert sich in der Friedensbewegung. 1978 wird sie Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs. Als Parteimitglied der KPÖ und aktive Sprecherin der Wiener Friedensbewegung beteiligt sie sich an zahlreichen Demonstrationen u.a. für ein atomwaffenfreies Europa, gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit und setzt sich für eine sozial gerechte Politik ein. Bis 2002 war sie als Autorin beim jährlichen Volksstimme-Fest und bei den Widerstandslesungen gegen die schwarzblaue Regierung vertreten.
Erika Dannebergs Leben war bewegt durch Widerstand gegen gewaltbereite, patriarchale Lebenszusammenhänge und durch ihr leidenschaftliches Einstehen für Humanität, Gerechtigkeit und politische Solidarität.
2022 veröffentlicht Christine Riccabona eine historisch-dokumentarische Biografie auf der Basis des Nachlasses im Forschungsinstitut Brenner-Archiv.
Die Schriftstellerin Erika Wimmer Mazohl publiziert 2022 den Roman „Wolfs Tochter“, der von Dannebergs Jugend und Leben im ersten Nachkriegsjahrzehnt inspiriert ist.
(Text von 2022)
Verfasserin: Christine Riccabona
Zitate
Ich werde sterben eh die Bäume sterben
Ich werde sterben eh die Bäume sterben
und saurer Regen alles ruiniert
was Blüten treibt und grünt und fruchtbar wird.
Wie wird die Welt aussehn, die wir vererben?Für meine Lebenszeit wird sie noch halten –
wenn nicht zuvor die Bombe wirklich fällt,
die uns samt unsrer ganzen Menschenwelt
verbrennt mit den Atomen, die sie spalten.Die Welt von Menschen, nicht von
Menschenschindern –
noch halten wir ihr Ende in der Schwebe …
Wie lange auch oder kurz: solang ich lebe
will ich mit denen sein, die es verhindern.
aus: „Manchmal auch Verse … aus sechs Jahrzehnten“ (2001)
„(...) daß mein Herz, noch immer rebellisch,
bereit ist, zu lieben,
bereit auch, sich zu entrüsten,
daß es den Zweifel noch gibt,
den Kampf, aber auch die Hoffnung,
die Horizonte, die weit sich öffnen
beim Klang unserer Schritte (...)“aus: „Manchmal auch Verse … aus sechs Jahrzehnten“ (2001)
„Ich fühlte, daß wir Mut fassen mußten, nochmals und immer wieder zu beginnen.“(aus: „Der Grashalm, 1952)
„Die Erfahrungen eines langen Lebens haben mich gelehrt, daß es notwendig ist, dem Ausverkauf der Demokratie Widerstand entgegenzusetzen, bevor es zu spät ist“
(Stadtzeitung der KPÖ Wien, 4. 9. 1994)
„Mir ist der Trotz so wenig fremd wie die Trauer.“
(aus: „Wie leistet man Widerstand“ (1995)
Links
Bestandsverzeichnis des Nachlasses von Erika Danneberg im Forschungsinstitut Brenner-Archiv
Literatur & Quellen
Bücher von Erika Danneberg
Die Auswirkungen des Krieges auf Jugendliche. Wien, 1951. (Dissertation)
Das Abenteuer des Leutnants Prentjes Wien: Jugend & Volk 1960 und Berlin u.a.: Sauerländer 1963. (unter dem Pseudonym Erich Danneberg)
In Nicaragua. Notizen, Briefe, Reportagen. Wien: Schönbrunnverlag, 1987.
Wie leistet man Widerstand? In den Jahren der Tode. Eine Chronik. Wien: Wiener Frauenverlag, 1995.
Nicaragua … Eine lange Liebe. Reisenotizen. Wien, St. Wolfgang: Edition Art & Science, 2000.
Manchmal auch Verse … aus sechs Jahrzehnten. Wien, St. Wolfgang: Edition Art & Science, 2001.
http://www.ag-offene-literatur.net/sites/publikationen/buch_verse/buch_verse_00.html
„Etwas in Bewegung setzen“. Erika Danneberg. 1922-2007. Hrsg. v. Raimund Bahr. Wien, St. Wolfgang: Edition Art & Science 2008.
Sekundärliteratur, chronologisch:
Giebisch, Hans; Gustav Guggitz (Hg.), Bio-bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Brüder Hollinek, 1964, S. 57.
Anni Donninger: Wie leistet man Widerstand? In: Volksstimme, 45, 9.11.1995, S. 11.
Judith Gruber: Die brisante Kraft zum Widerstand. in: Weg und Ziel. Monatsschrift für Theorie und Praxis des Marxismus-Leninismus (Wien), 1, 1996, S. 60. (Rezension zu „Wie leistet man Widerstand?)
Das Begehren. Über das Sexuelle im Analyseprozess. Interview von Ulrike Körbitz mit Erika Danneberg. Mai 1997. In: Werkblatt 37 / 1996, S. 35-43.
Internationales Institut für Jugendliteratur und Leseforschung (Hg.), Die österreichische Kinder- und Jugendliteratur von den Anfängen bis zur Gegenwart, 1999, Wien (CD-ROM).
Andrea Sommerauer: Pur zum eigenen Vergnügen. (Interview). In: 20er. Die Tiroler Straßenzeitung (Innsbruck), 35, 2002, S. 11-12.
Elke Mühlleitner: Erika Danneberg. In: Brigitta Keintzel, Ilse Korotin (Hg.): Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben, Werk, Wirkung. Wien-Köln: Böhlau, 2002, S. 126-127.
Raimund Bahr: Erika Danneberg – „Niemals vergessen …!“ In: Zwischenwelt. Literatur. Widerstand. Exil. (Wien), 3, 2007, S. 44.
Friedl Früh: Dr. Erika Danneberg 1922-2007. Nachruf. In: psyalpha. Wissensplattform für Psychoanalyse, (Stand: 22.11.2020)
Bärbel Mende-Danneberg: Über Leben und Wirken von Erika Danneberg. In: Die KPÖ Wien, 21.6.2008, (Stand, 22.11.2020)
Friedl Früh: Grabrede. In: „Etwas in Bewegung setzen“. Erika Danneberg. 1922–2007. Hrsg. v. Raimund Bahr. Wien, St. Wolfgang: Edition Art & Science 2008, S. 107-109.
Marietta Schneider: Erika Danneberg nachrufen. In: „Etwas in Bewegung setzen“. Erika Danneberg. 1922–2007. Hrsg. v. Raimund Bahr. Wien, St. Wolfgang: Edition Art & Science 2008, S. 110-114.
Christine Puschak: Wiederstand leisten als Lebenssthema. In: „Etwas in Bewegung setzen“. Erika Danneberg 1922–2007. Hrsg. v. Raimund Bahr. Wien, St. Wolfgang: Edition Art & Science 2008, S. 115-126.
Raimund Bahr: Erika, Presente! In: „Etwas in Bewegung setzen“. Erika Danneberg 1922–2007. Hrsg. v. Raimund Bahr. Wien, St. Wolfgang: Edition Art & Science 2008, S. 127-128.
Christine Puschak: Widerstand als Lebensaufgabe. Zum 90. Geburtstag der österreichischen Psychoanalytikerin und Schriftstellerin Erika Danneberg (1922–2007). In: Junge Welt. Die Tageszeitung (Berlin), 6.1.2012, S. 15.
Bärbel Danneberg: Einklang in Wort und Tat. Zum 100. Geburtstag von Erika Danneberg. In: Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, 4, 2021 (Stand: 29.12.2021)
Christine Riccabona: Erika Danneberg. Schriftstellerin. Psychoanalytikerin. Friedensaktivistin. Innsbruck: iup, 2022.
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