geboren am 8. Mai 1875 in Aken a.d. Elbe/Anhalt
gestorben am 4. August 1951 auf Gut Hovedissen/Lemgo
deutsche Architektin
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
„…dass ich die erste Frau bin, die Architektur studiert und den Architektenberuf, Projektierung und Oberleitung von Bauten selbständig ausgeübt habe.“ Mit diesen Worten beschrieb Emilie Winkelmann in ihrem Testament vom 14.9.1950 nicht nur ihre Lebensleistung, sondern zugleich den Beginn eines neuen Kapitels in der Geschichte der Architektur in Deutschland.
Als junge Lehrerstochter hatte Emilie etwas anderes im Sinn als das bürgerliche Leben einer von ihrem Mann unterhaltenen Gattin. Es zog sie in den großväterlichen Zimmereibetrieb mit dem angeschlossenen Baugeschäft. Dort absolvierte sie – völlig ungewöhnlich für die damalige Zeit - eine Zimmermannslehre, erwarb grundlegende Kenntnisse in Konstruktion und Holzbau und fertigte im Baugeschäft ihres Großvaters Entwürfe und Zeichnungen an, die zu einer Fülle von Um- und Neubauten (u. a. eine große Ziegelei und eine Ölfabrik) beitrugen. Als Zeichnerin verdiente sie ihr eigenes Geld.
Der folgerichtige nächste Schritt, das Architekturstudium, aber war ihr unmöglich, denn im Königreich Preußen war Frauen sowohl ein Studium als auch ein akademischer Abschluss noch verwehrt, was auch eine professionelle Berufsaufnahme verhinderte. Erst im Zuge der aufkommenden Frauenbewegung in Europa und den USA im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert nahmen Frauen den Kampf um Staatsbürgerinnenrechte und juristische Gleichstellung, das Recht auf Bildung und das Recht auf Erwerbstätigkeit und freie Berufswahl auf. Aber erst 1909 wurden Frauen für das volle Studium an deutschen Technischen Hochschulen zugelassen, 1921 wurde in Preußen die Regelung aufgehoben, die den Professoren das Recht einräumte, offiziell immatrikulierte Frauen vom Unterricht auszuschließen.
Emilie Winkelmann allerdings war eine zielstrebige junge Frau und ignorierte die Tatsache, dass Frauen der Zugang zu Hochschulen in Preußen verboten war. 1902, sie war bereits 27 Jahre alt, ging sie nach Hannover und absolvierte zunächst als Gasthörerin an der dortigen TH ein Semester des Studium Generale. Ihr darauffolgender Antrag auf eine ausnahmsweise Zulassung als Gasthörerin an der Architekturfakultät wurde genehmigt. Sie hatte als „E.Winkelmann“ unterschrieben - eine vermutlich ebenso planvolle wie irreführende Schreibweise, denn niemand kam auf die Idee, dass sich hinter dem E. eine Frau verbergen könnte. So absolvierte sie als die Studentin „Emil Winkelmann“ das 4-jährige Architekturstudium. Allerdings wurde ihr 1906 mitgeteilt, dass sie keine Zulassung zum Examen erhalten würde, woraufhin sie kurz vor dem Abschluss ihrer Kommilitonen die Hochschule verließ.
Daraufhin zog sie ins prosperierende Berlin, nahm für kurze Zeit eine Anstellung in einem Planungsbüro an, machte sich schon im Jahr darauf selbstständig und nannte sich voller Stolz „Architektin“. Dieser Titel stand ihr trotz des fehlenden Abschlussexamens zur Dipl.-Ing. zu, denn die Berufsbezeichnung “Architekt“ war damals noch nicht geschützt. Mit der Eröffnung ihres Büros war Emilie Winkelmann die erste freiberufliche professionelle Architektin Deutschlands. So trat sie als „Architektin Emilie Winkelmann“ auf und zwar äußerst erfolgreich. Ihr Büro spiegelte mit zeitweise 15 MitarbeiterInnen ihren Aufstieg.
„1908 begann ich den Architektenberuf selbständig auszuüben, hatte ich den Wettbewerb von dem Saalbau Blumenstrasse 10, Berlin, gewonnen. Ein Bau von der Personenfassung wie die Oetkerhalle in Bielefeld, aber nicht so wirkungsvoll, weil er eingeengt zwischen hohen Gebäuden liegt, aber deshalb schwieriger, besonders an den Ausgängen zu lösen.“ So schildert Emilie Winkelmann selbst den Beginn ihrer Berufskarriere in ihrem handgeschriebenen Testament vom 14.9.1950. Es ging um den Bau eines Theatergebäudes mit mehreren Festsälen. Ihre Mitbewerber scheiterten daran, die Treppe so zu konstruieren, dass bei gleichzeitigen Veranstaltungen hinauf- und hinuntersteigende Besucher einander nicht in die Quere kamen. Emilie Winkelmann konstruierte eine sogenannte doppelläufige Treppe - eine zweiarmige Wendeltreppe, bei der die Antritte und Austritte der Treppenarme um 180 Grad versetzt sind:
Sie bekam den Zuschlag für ihr erstes Renommierprojekt, ihr Entwurf wurde ausgeführt, das Haus wurde allerdings im Krieg zerstört.
Ebenfalls zu Anfang ihrer Berufskarriere wurde sie vom Orientalischen Institut der Universität Berlin mit den Vorarbeiten für das damals prominenteste Projekt Deutschlands im Ausland beauftragt, dem „Haus der Freundschaft“ in Konstantinopel. Ihre Planung fand starke Beachtung und Akzeptanz, dennoch wurde zusätzlich ein Wettbewerb ausgeschrieben, zu dem sie dann nicht eingeladen wurde!
Das allmähliche Vordringen von Frauen wie Emilie Winkelmann in die kreativen Disziplinen rief nervöse Reaktionen und unverhüllte Frauenfeindlichkeit bei verunsicherten Männern hervor. Nicht nur der ansonsten renommierte Kunst- und Architekturkritiker Karl Scheffler nannte 1908 in seinem Buch „Die Frau und die Kunst“ die Gleichberechtigung eine ansteckende Krankheit und prophezeite den Künsten den Niedergang, würden sich die Frauen gegen ihre Natur und bei schleichendem Verlust ihrer Weiblichkeit in ihnen etablieren. Den Frauen, die hier den Männern eine Domäne streitig machten, sagte er eine hermaphroditische Persönlichkeitsveränderung voraus; am Ende drohe ihnen nicht nur Vermännlichung, sondern Prostitution und Lesbianismus. Vor allem von der Architektur habe sich die Frau fernzuhalten. Die Arbeit als Architekt erfülle dem Mann die höchsten Sehnsüchte: nur echte Männer, robust, energisch, autokratisch, würden diese Rolle ausfüllen können, nicht vermännlichte Frauen (Voigt/Bressan, S. 102f.) Und weiter schreibt er, „dass die Frau am eklatantesten in den Kämpfen versagt, die die genaueste Beschränkung, den stärksten Sinn für Form und das reinlichste Stilgefühl fordern: in der Musik und in der Architektur. Da die Frau des Abstrakten unfähig ist, so ist sie auch des Mathematischen unfähig; unter den Zeitkünsten ist aber keine so sehr auf Abstraktion und Mathematik gegründet wie die Musik; unter den Raumkünsten keine mehr als die Baukunst. Es gab denn auch niemals einen schöpferischen Komponisten oder Architekten weiblichen Geschlechts“ (Stojanik, S.3). Er empfahl Aufgaben im Kunstgewerbe, denn dort könnten Frauen mit fertigen, leicht nachzuahmenden oder zu variierenden Formen spielen. Das allgemeine Vorurteil lautete, Frauen könnten niemals Architektinnen werden, weil sie nicht dreidimensional denken könnten.
Emilie Winkelmann entwarf und konstruierte unbeirrt und erfolgreich weiter. Allein die Wohnhäuser, die sie baute, umfassten eine große Bandbreite von herrschaftlichen Villen bis hin zu städtischen Appartementhäusern, viele davon im Berliner Westend. Einen der bedeutendsten Aufträge ihrer Karriere erhielt sie mit dem Bau eines Appartementhauses für die wohlhabende großbürgerliche Klientel in Charlottenburg, das damals noch nicht zu Berlin gehörte. In der nach dem Maler Walter Leistikow genannten Straße plante sie 1909 das von ihr selbst später als „Leistikowhaus“ bezeichnete Bauwerk mit luxuriös ausgestatteten und großzügig bemessenen Wohnungen von 190 bis zu 270 qm. 1910 begann die Bautätigkeit, innerhalb von zwei Jahren wurde der Bau fertiggestellt. Dass Emilie Winkelmann diesen Großauftrag im zweiten Jahr ihres Wirkens bekam und dass sie es zudem schaffte, den Auftrag in kürzester Zeit auszuführen, spricht sowohl für die rasche Anerkennung ihrer Kompetenz als auch für ihre ausgezeichnete Vernetzung mit den entsprechenden Zulieferer- und Handwerksbetrieben.
Das Haus verfügt auf jeder Etage über vier Wohnungen, die um einen Lichthof gruppiert und über einen Fahrstuhl erreichbar sind - damals eine technologische Neuheit. Zu jeder Wohneinheit führen getrennte Dienstbotentreppen und –eingänge. Nach vielen Jahren unterschiedlichster Nutzungen und baulicher Eingriffe im Innern des Hauses wurde 2014 versucht, die Proportionen der Entstehungszeit wiederherzustellen. Wie die übrigen Berliner Bauten von Emilie Winkelmann, die der Krieg nicht zerstört hat, steht auch das Leistikowhaus heute unter Denkmalschutz.
In der für die Sichtbarkeit von Frauen bahnbrechenden Ausstellung von 1912 „Die Frau in Haus und Beruf“ zeigte Emilie Winkelmann als Vorsitzende der Abteilung „Die Frau in der Architektur“ 26 unterschiedlichste eigene Entwürfe. Das zeigt nicht nur die enorme Bandbreite ihrer Fachkompetenz, sondern auch ihre weit verbreitete Bekanntheit. Sie legte Pläne vor für:
- 6 Einfamilien- bzw. Landhäuser in Berlin und Schleswig
- 1 Mietshaus – hier handelte es sich um die Entwürfe für das im Vorjahr fertiggestellte Leistikowhaus
- 3 Pensionshäuser in Berlin
- 4 Pläne für die Um- und Innenausbauten von Guts- und Herrenhäusern auf Rittergütern in Pommern
- 3 Entwürfe für Fabrikgebäude, zwei davon in ihrer Heimatstadt Aken
- 3 Pläne für landwirtschaftliche Gebäude auf Usedom. Besondere Erwähnung in ihrem Lebenslauf findet der Rittergutshof Mellenthien, den sie „für 165 Hengste, Herdbuchvieh, Gestüt für 12 Fohlen“ plante und umbaute, sowie die Wiederherstellung der Wasserburg Mellenthien.
- 3 Öffentliche Gebäude wie Ausstellungshäuser und Schulen
- Unter „Verschiedenes“ z.B. den Entwurf für eine Brücke über die Drag in Pommern und einen Bebauungsplan für ein Gelände in Steglitz.
Grundlage für den raschen Aufstieg Emilie Winkelmanns war ihr Können als Architektin; ihre Durchsetzung beruhte aber auch auf ihrem Talent als Netzwerkerin. Klug hatte sie Pläne für den Umbau der Berliner Hotelpension Tscheuschner umgesetzt, nachdem schon zwei männliche Kollegen an dem Auftrag gescheitert waren. Ihre Lösung hatte darin bestanden, den Grundriss gewissermaßen zu drehen, so dass das Gebäude von einer anderen Seite erschlossen werden konnte.
Das erste von zwei ihrer maßgeblichen Netzwerke öffnete sich der geschickten Netzwerkerin Emilie Winkelmann durch diesen Auftrag. Das Haus Tscheuschner war das Heim der ostelbischen Junker, des preußischen Landadels. Diese Klientel konnte sie über 30 Jahre lang an sich binden.
Für die erste Internationale „Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik“ 1914 in Leipzig schuf sie das „Haus der Frau“ und erhielt dafür die Goldene Medaille.
Das zweite Netzwerk, das sie sich aufbaute, war ein Kreis unabhängiger, beruflich erfolgreicher und zum Teil wohlhabender Frauen, in den 1910er und 1920er Jahren oft aus der Musik- und Filmwelt. Besonders ihre Mitgliedschaft im Lyceum-Club, der führenden Frauenvereinigung der Stadt, verschaffte ihr bald eine Kundschaft, die bereit war, eine Architektin zu beauftragen. Zudem entsprach dieser Kundinnenkreis ihrer immer intensiveren Zuwendung zur Frauenbewegung.
Emilie Winkelmann realisierte in den folgenden Jahrzehnten Wohngebäude und Gewerbeprojekte sowohl für private Auftraggeberinnen als auch Frauenorganisationen von Berlin bis Norddeutschland.
Im heutigen Potsdam-Babelsberg baute sie 1913/1914 für die Genossenschaft für Frauenheimstätten ein mit modernen Service-Einrichtungen ausgestattetes Haus für berufstätige Frauen im Ruhestand, das „Haus in der Sonne“ (Hermann-Maaß-Straße 19/20). Arbeitenden alleinstehenden Frauen, die bisher als Nomadinnen in möblierten Zimmern leben mussten, wurde zum ersten Mal die Möglichkeit geboten, selbst eine Wohnung zu mieten. Emilie Winkelmann stattete das Haus mit einem Fahrstuhl aus, entwarf kleine Ein- und Zweizimmerwohnungen mit Küche, Bad und Zentralheizung. Dazu gab es einen Gemeinschaftsraum, in dem die Frauen sich treffen und gemeinsam essen konnten. Der Baukomplex wurde 2005 saniert, gehört heute zum Bauverein Babelsberg e.G. und beherbergt immer noch eine Reihe Single-Frauen.
Ebenfalls zum Netzwerk der Berliner Frauenbewegung gehörte Ottilie von Hansemann, eine reiche Unternehmerwitwe, Frauenrechtlerin und Vorkämpferin für die Zulassung von Frauen zu akademischer Bildung.
Sie bot 1908 dem Staat Preußen eine millionenschwere Stiftung an, so die Universitäten denn für Studentinnen geöffnet würden. Der damalige Kultusminister delegierte die Entscheidung über die Zulassung von Frauen an die Rektoren der Universitäten, die von Hansemanns Angebot einstimmig ablehnten. Daraufhin zog Ottilie von Hansemann ihre Stiftung zurück und investierte das Geld in eine Wohn- und Bildungsstätte für Studentinnen. Für den Ankauf des Grundstücks und die Bauarbeiten stellte sie 200.000 Mark bereit (inflationsbereinigt in heutiger Währung: mehr als 400.000 Euro). Außerdem beteiligten sich sowohl Emilie Winkelmann als Architektin als auch der bereits 1869 gegründete Verein „Victoria-Lyceum zur Förderung der höheren Bildung für Frauen“ an den Bauleistungen und -kosten.
Die Urkunde zur Grundsteinlegung am 28.4.1914 betont „die Erkenntnis der Notwendigkeit, für die an den Berliner Hochschulen studierenden Frauen eine Stätte zu schaffen, in der sie unter den Bedingungen häuslichen Zusammenlebens den Schutz, die Ruhe und die sonstigen Voraussetzungen erfüllt finden, die eine möglichst vollkommene Erreichung des Studienzwecks gewährleisten“. Bereits 1915 gelang die Fertigstellung des im neoklassizistischen Stil errichteten Baus mit Zimmern für über 100 Frauen; beispielhaft verwirklicht er die Reformideen der Frauenbewegung. Ottilie von Hansemann hatte in ihrem Testament verfügt, dass noch einmal eine Million Reichsmark in die Stiftung der Lehranstalt fließen sollten. Nach ihrem Tod 1919 erfuhr das Gebäude erste Umbauten und erhielt den Namen „Victoria Studienhaus“, benannt nach seiner Schirmherrin Kaiserin Auguste Victoria. Bis in die 1970er Jahre wurde es als Haus für Studentinnen genutzt. Heute ist das sanierte und erweiterte Gebäude ein Komplex von Eigentumswohnungen und trägt den Namen Ottilie-von-Hansemann-Haus.
Wie aus Emilie Winkelmanns Nachlass zu erschließen ist, bezogen Emilie Winkelmann und Ottilie von Hansemann bereits kurz nach Fertigstellung des Studienhauses gemeinsam ein bescheidenes Haus in Berlin-Charlottenburg, wo zunächst Emilie Winkelmann ein ehemaliges Kutscherhaus für sich umgebaut hatte. Nun wohnte also auch Ottilie von Hansemann dort, was darauf schließen lässt, dass die beiden Frauen sich in einer damals als „Boston Marriage“ bezeichneten Wohn- und Lebensgemeinschaft zusammengefunden hatten.
Ihre große Zeit hatte Emilie Winkelmann bis zum 1. Weltkrieg, doch auch danach baute sie im Geist des Kaiserreichs weiter, beschäftigte sich weiter mit dem Umbau von Adelssitzen und Landgütern und blieb auch für die großstädtische Gesellschaft eine begehrte Architektin. Geschickt bewegte sie sich zwischen Tradition und Moderne. Eine Fachzeitschrift lobte: „Mit großem Takt ging sie auf die Wünsche des Bauherrn ein und verstand dieselben dann doch in ihrem Sinne zu modifizieren, so dass sich letztlich ihr Stil durchsetzt.“ Bis heute findet sowohl der Formenreichtum ihrer Werke als auch die handwerklich exzellente Arbeit höchste Anerkennung, doch erst 1928 wurde sie in den BDA, den Bund Deutscher Architekten, aufgenommen. Die Fachliteratur nennt Emilie Winkelmann in einem Atemzug mit berühmten Architekten wie Alfred Messel oder Hermann Muthenius.
Abrupt endete der Erfolg der Emilie Winkelmann 1933, als sie sich weigerte, in die NSDAP einzutreten. „An den Bauten des 3. Reiches hatte ich keinen Anteil, weil ich nicht PG werden wollte“, schreibt sie in ihrem Nachlass. Sie erhält keine öffentlichen Aufträge mehr, stattdessen wurde „mit dem Erlass des Allgemeinen Bauverbotes durch das 3. Reich ...auch meine Tätigkeit als Architekt beendet“ (ebd.).
In den frühen 1940er Jahren, als Berlin unter Bombardierungen litt, nahm die Familie Von der Schulenburg sie auf, damals wie heute Besitzer des Gutes Hovedissen im Kreis Lemgo, die zu ihrer Klientel gehört hatten. Auf Gut Hovedissen verstarb Emilie Winkelmann 1951.
Emilie Winkelmann blieb zeitlebens unverheiratet. Beziehungen mit Männern scheint es nicht gegeben zu haben. In ihrer Familie, mit der sie offenbar so wenig Kontakt wie möglich pflegte, erinnert man sich an „Tante Emilie“ als „eine etwas herrische Dame mit kurzen Haaren und Hosen“ (Voigt).
Es ist ihre Biografie als Förderin von Frauenrechten und des Zugangs von Frauen zur Bildung, die sie neben ihrer Karriere als glanzvolle Architektin unvergesslich macht. Selbst unter Gropius und seinem Bauhaus durften Frauen keineswegs Architektur, sondern höchstens Kunsthandwerk studieren, was die Pionierleistung, den Mut und die kreative Kraft Emilie Winkelmanns einschätzen lässt. Auch wenn es mittlerweile Architektinnen an die Spitze geschafft haben wie beispielsweise Eileen Gray, Lina Bo Bardi und Zaha Hadid, die 2013 bei einer Preisvergabe sagte: „Die Vorstellung, dass Frauen nicht dreidimensional denken können, ist lächerlich“, so herrscht bis heute eine „männliche Führungselite, deren Präsenz medial reproduziert wird und die die Diskriminierung und fehlende Sichtbarkeit von Frauen in der Architektur verstärkt“, so Ursula Schwittala in einem Vortrag 2021. Es braucht bis heute Vorbilder wie Emilie Winkelmann.
Einer der Lieblingssätze Emilie Winkelmanns lautete: „Ich weiß, wie man es machen könnte“. Sie hat es nicht nur „gemacht“, sie hat es gemeistert – als intelligente und eigenwillige Persönlichkeit, als brillante Gestalterin und Architektin, als beherzte und willensstarke Frau, als wegweisende Pionierin und Verfechterin von Frauenrechten.
Sie wurde zur Feministin, weil ihr der Berufswunsch versagt wurde.
(Text von 2023)
Verfasserin: Christa Matenaar
Beispiele für Villen-Projekte Emilie Winkelmanns
Zitate
Ich halte es für falsch, im Baugewerbe die Arbeit der Frau zu betonen, kommt es doch nur auf Qualität an.
Ohne mathematische Fähigkeiten, ohne zeichnerische Begabung, ja selbst ohne einen gewissen praktischen Sinn für Lebensbedingungen, Material- und Geldverhältnisse, wird trotz sonstiger Intelligenz niemand gut durch das Studium und die spätere Praxis kommen.
Links
Literatur & Quellen
Sonia Ricon Baldessarini, Wie Frauen bauen, Berlin 2001
Kerstin Dörhöfer, Pionierinnen der Architektur – eine Baugeschichte der Moderne, Tübingen 2004
Mary Pepchinsky u.a. (Hg.), Frau Architekt. Seit mehr als hundert Jahren: Frauen im Architekturberuf, Tübingen 2017
Ursula Schwittala (Hg.), Frauen in der Architektur, Berlin 2021
Stadtmuseum Berlin, Paul Spies und Martina Weinland. Hg. Berlin - Stadt der Frauen: couragiert & feminin. 20 außergewöhnliche Biografien. Berlin 2016.
Petra Stojanik, Frauen in der Geschichte des Bauens – Ein Rückblick, ETH 1996
Wolfgang Voigt, Uwe Bresan (Hg.), Schwule Architekten – Verschwiegene Biografien vom 18.bis zum 20. Jahrhundert, Berlin 2022
Der von Emilie Winkelmann selbst verfasste Lebenslauf vom 14.9.1950, Architektur-Archiv der Berlinischen Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin
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