geboren am 20. Dezember 1865 (oder 1858) in New York
gestorben am 12. Juli 1950 in Versailles
US–amerikanische Innenarchitektin
155. Geburtstag am 20. Dezember 2020
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
“Ihr Sinn für Proportionen war unfehlbar. Sicher machte sie in vielen Dingen Fehler, aber sie war physisch unfähig, sich in Geschmacksfragen zu irren. Aus diesem Grund war sie, anscheinend mühelos, immer perfekt angezogen. Ein einfacher Baumwollrock wurde an Elsie de Wolfe zum Gedicht, ein Schal, den sie sich um die Schultern warf, zur Inspiration.”
So äußert sich in ihrer Autobiographie “My Crystal Ball” die Literaturagentin Elisabeth Marbury über die Innenarchitektin Elsie de Wolfe, ihre langjährige Gefährtin.
Elsie de Wolfe war die einzige Tochter unter den fünf Kindern von Georgina und Stephen de Wolfe. Ihr Vater war ein tüchtiger und beliebter Arzt, dem allerdings wegen seiner Spielleidenschaft das Geld zwischen den Händen zerrann, so dass seine Familie dauernd in billigere Wohnungen umziehen musste. Die erfolgreiche Innenarchitektin de Wolfe behauptete später, vor allem unter der Hässlichkeit dieser Wohnungen gelitten zu haben.
Mit 14 Jahren kam Elsie zu schottischen Verwandten und wurde dank deren guter Verbindungen sogar der Queen Victoria vorgestellt. Dadurch bekam sie Kontakt zu feineren Kreisen in London; u.a. nahm sich die Schauspielerin Cora Urquhart Potter ihrer an und machte sie mit der Welt des Theaters bekannt.
Wieder in New York, begann die Neunzehnjährige in privaten Wohltätigkeitsveranstaltungen als Schauspielerin aufzutreten, wobei sie die Literaturagentin Elisabeth Marbury kennen- und liebenlernte. 1885 zogen Elisabeth und Elsie zusammen; ab 1887 lebten sie in einem von Elsie schön renovierten Haus am Irving Square in New York. Elsie hatte das Haus hellgelb anstreichen lassen, die Fensterläden tiefgrün – ein starker Kontrast zu den Brownstones der Umgebung. 1890 starb Elsies Vater, ohne nennenswerte Hinterlassenschaft. Elsie war nun gezwungen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen und arbeitete während der nächsten zehn Jahre als Schauspielerin, mit mäßigem Erfolg. Deshalb ermunterte Elisabeth sie, ihr Hobby Innenarchitektur zum Beruf zu machen.
Der Plan gelang. Dank der lukrativen Aufträge ihrer betuchten FreundInnen war Elsie de Wolfe bald eine gemachte Frau. Ab 1912 veröffentlichte sie ihre Erkenntnisse in Zeitschriftenartikeln, die 1913 als Buch erschienen. “The House in Good Taste” wurde ein Beststeller und prägt den Stil gepflegter amerikanischer Häuslichkeit bis heute.
Innenarchitektur und -ausstattung war bis dahin reine Männersache; de Wolfe war die erste Frau in diesem Beruf, und sie definierte ihn gleich für den Rest des Jahrhunderts als genuin weibliche Domäne. Sie machte Schluss mit der plüschigen Überladenheit des viktorianischen Stils, empfahl sparsamste Möblierung und viele Spiegel und ließ vor allem das Licht in die Räume fluten. Jeder Raum sollte bis ins letzte Detail eine Einheit bilden. Die einzelnen Zutaten konnten durchaus einen stilistischen Mix bilden – aber sie mussten zur Grundidee des Raums passen.
De Wolfe und Marbury waren oft in Europa; sie liebten Frankreich - 1903 hatten sie sich die heruntergekommene Villa Trianon in Versailles gekauft und de Wolfe hatte sie zu einem Juwel restauriert. Die beiden verbrachten dort die Sommermonate, oft in einer Ménage à trois mit der Millionenerbin und Philanthropin Anne Morgan, die Elisabeth leidenschaftlich liebte. Alle drei leisteten ihrem Gastland im Krieg aktive Hilfe. De Wolfe arbeitete in einem Lazarett für Brandopfer und wurde dafür 1922 “Chevalier” der Ehrenlegion.
Nach dem Krieg blieb sie in Frankreich und ging 1926 mit dem sieben Jahre jüngeren britischen Botschaftsattaché Sir Charles Mendl eine Konvenienzehe ein (Elsie nahm es mit ihrem Geburtsjahr nicht so genau; bei der Testamentseröffnung verlautete, sie sei 1858 geboren – dann wäre Sir Charles 14 Jahre jünger gewesen). Als Lady Mendl war sie eine beliebte Gastgeberin der KünstlerInnen und SchriftstellerInnen im Paris der Zwischenkriegszeit. Elisabeth Marbury starb 1933; de Wolfe war ihre Alleinerbin.
Die Kriegszeit 1939-45 verbrachte de Wolfe mit ihrem Mann in Hollywood, zuletzt wegen schwerer Arthritis im Rollstuhl. Ab 1946 wohnte sie abwechselnd in Beverly Hills und in ihrer geliebten Villa Trianon, wo sie am 12. Juli 1950 starb, wahrscheinlich im gesegneten Alter von 91 (nicht 84) Jahren.
Verfasserin: Luise F. Pusch
Links
Infos über de Wolfe, MArbury und das Irving House
Links geprüft und korrigiert am 5. Juli 2020 (AN)
Literatur & Quellen
Campbell, Nina & Caroline Seebohm. 1992. Elsie de Wolfe: A Decorative Life. Design by Dania Martinez Davey; room rendering by Julian LaTrobe. New York. Potter.
De Wolfe, Elsie. 1934. Recipes for successful dining. London; Toronto. Heinemann.
De Wolfe, Elsie. 1974 (1935). After all. New York. Arno Press.
De Wolfe, Elsie. 2004 (1913). The House in Good Taste. New York. Rizzoli International.
Franklin, Ruth. 2005. “A Life in Good Taste: How Elsie de Wolfe reimagined the home”, The New Yorker 2004.09.24, 142-146.
Lewis, Alfred Allan. 2000. Ladies and Not-So-Gentle Women. New York. Viking.
Marbury, Elisabeth. 1923. My Crystal Ball: Reminiscences.New York.Boni & Liveright. (Vollständig im Netz unter: http://www.ourstory.info/library/2-ww1/Marbury/crystal01.html (9.7.2010)
Schanke, Robert A. & Kim Marra. 1998. Passing performances: Queer Readings of Leading Players in American Theater History. Vorwort Jill Dolan. Ann Arbor. University of Michigan Press.
Smith, Jane S.1982. Elsie de Wolfe: A Life in the High Style. New York. Atheneum.
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