geboren am 27. Februar 1847 in Coventry
gestorben am 21. Juli 1928 in Smallhythe bei Tenterden, Kent
britische Schauspielerin
95. Todestag am 21. Juli 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Ellen Terry, die bedeutendste und berühmteste englische Schauspielerin im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, stammte – wie die meisten erfolgreichen Schauspielerinnen ihrer Zeit – aus einer Schauspielerfamilie, und ihre beiden (unehelichen) Kinder, Edith und Edward Gordon Craig, bauten - als Schauspielerin und Theaterleiterin bzw. als revolutionärer Bühnenbildner - die Familie zu “einer der größten Theaterdynastien Englands” weiter aus.
24 Jahre lang, von 1878 bis 1902, war Ellen Terry die Leading Lady am Lyceum, einem der führenden Theater Londons. An der Seite des charismatischen Schauspielers Henry Irving (der erste Schauspieler in der Geschichte Englands, der geadelt wurde – Ellen Terry bekam diese Ehrung reichlich spät erst 1925) brillierte sie in Shakespeare-Dramen, vor allem als Ophelia in Hamlet und als Porzia im Kaufmann von Venedig, aber auch in Salonstücken und Melodramen. Andere Stücke der Moderne, etwa von Wilde oder Ibsen, lagen ihr und Irving weniger.
Mit George Bernard Shaw, der ihre Triumphe als Theaterkritiker begleitete, führte sie ab 1896 drei Jahre lang einen lebhaften Briefwechsel, der wie ihre Autobiographie ihre schriftstellerische Begabung belegt. Laut Shaw war das ganze Zeitalter verliebt in Ellen Terry.
Ellen Terry stand schon als Neunjährige auf der Bühne – 1906 feierte sie ihr 50jähriges Bühnenjubiläum, zu dem alles, was Rang und Namen hatte, herbeieilte, von der Duse und Caruso über Sir Arthur Conan Doyle bis zu Winston Churchill.
Zweimal zog Ellen Terry sich von der Bühne zurück, zuerst 1864 für ein Jahr während der kurzen Ehe mit dem dreißig Jahre älteren Maler G. F. Watts, der sie in vielen Porträts im präraffaelitischen Stil verewigte, sie dann aber unter dem Einfluß einer herrischen Gönnerin verstieß, was die arme Ellen fast völlig aus der Bahn warf. Von 1868-74 lebte sie auf dem Land in “wilder Ehe” (Watts verweigerte die Scheidung) mit dem verwitweten Bühnenbildner und Architekten Godwin, dem Vater ihrer beiden Kinder. 1878 verließ Godwin sie und Terry heiratete einen Schauspieler, von dem sie sich 1881 scheiden ließ. In dritter Ehe heiratete die fast sechzigjährige “E.T.” 1907 den ca. 25 Jahre jüngeren amerikanischen Schauspieler James Carew, von dem sie sich ebenfalls nach wenigen Jahren wieder trennte.
Worin lag nun ihr außergewöhnlicher Reiz? Vielleicht in ihrer “Fähigkeit, immer jung zu wirken, die sich bis fast ans Ende ihrer Bühnenkarriere bewahrte”? Henry James schreibt über die fast Fünfzigjährige:
Ihre Darstellung ist von natürlicher Poesie, wunderbar vielseitig und empfindsam, von wunderbarer Anmut und Jugend – von Jugend vor allem. Fräulein Terry ist noch nie so mühelos jung und frisch gewesen.
Der Eindruck der Jugendlichkeit lag auch an ihrer Leichtigkeit und Leichtfüßigkeit – sie war eine hochgewachsene, extrem schlanke Erscheinung, und sie bewegte sich schnell. “Tempo ist die Seele der Komödie”, betonte sie. Und Christopher St. John, Terrys Biographin und Lebensgefährtin ihrer Tochter Edith Craig, begründet die überwältigende Liebe des Publikums so:
Man spürte, daß sie genau so liebenswert, so kühn, so geistreich und so klug war wie die typische Heldin Shakespeares.
Als Terry trotz aller Jugendlichkeit allmählich doch Shakespeares jugendliche Heldinnen nicht mehr überzeugend auf der Bühne darstellen konnte, ging sie mit dem Thema “Shakespeares Frauengestalten” für elf Jahre, zwischen 1910 und 1921, weltweit auf Vortragstournee.
Nach 1921 ließ Terrys Gesundheit rapide nach; sie konnte nicht mehr gut hören, sehen und gehen, und ihr Geist verwirrte sich. Ihre zeitlebens verschwenderische Freigebigkeit hatte sie – nun sie nichts mehr verdiente – fast an den Rand des Ruins gebracht. Ihre Tochter und Christopher St. John sorgten für sie, während ihr heißgeliebter Sohn, der sich zeitlebens wenig um sie gekümmert und stattdessen seine zahlreichen unehelichen Kinder ihrer Obhut anvertraut hatte, eine Biographie seiner Mutter verfaßte, in der er Ediths und Christophers Liebesarbeit als nicht “Terry-gemäße” Übergriffe verleumdete. Ellen Terry starb im Beisein ihrer beiden Kinder am 21. Juli 1928 an den Folgen eines Schlaganfalls.
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
Sie war nicht die Art von Schauspielerin, die auf der Bühne ein Genie ist und außerhalb der Bühne ein Niemand. Sie kam gut ohne die Bühne aus, als Künstlerin wie auch als Frau. (G.B. Shaw)
Bühnenruhm - dauerhafter Ruhm zumindest - entsteht nicht durch Zufall, und für eine Schauspielerin, die nicht hart gearbeitet hat, ist die schönste Chance völlig nutzlos. (Ellen Terry)
SchauspielerInnen müssen sich gut um sich und ihre Stimmen kümmern, mit ihren Kräften haushalten für die Arbeit am Abend, und wenn es vorbei ist, sind sie zu müde für alles. (Ellen Terry)
Um gute Arbeit zu leisten, muß der Künstler sein Leben in unablässiger Arbeit zubringen und dafür auf alles verzichten. Es ist eine Lektion, die wir Schauspieler und Schauspielerinnen nicht früh genug lernen können, denn der Zenith unseres Ruhms ist immer kurz, wenn wir ihn überhaupt erleben. (Ellen Terry)
Literatur & Quellen
Auerbach, Nina. 1987. Ellen Terry, Player in her Time. New York. Norton.
Craig, Edward Gordon. 1931. Ellen Terry and her Secret Self. London. Low, Marston & Co.
Ellen Terry's Memoirs. With Preface, Notes and Additional Biographical Chapters by Edith Craig & Christopher St. John. London 1933. Victor Gollancz Ltd.
Melville, Joy. 1987. Ellen and Edy: A Biography of Ellen Terry and her Daughter, Edith Craig, 1847-1947. London; New York. Pandora.
Möhrmann, Renate. Hg. 1989. Die Schauspielerin: Zur Kulturgeschichte der weiblichen Bühnenkunst. Frankfurt/M. Insel.
Shearer, Moira. 1998. Ellen Terry. Sutton Pocket Biographies.
Stokes, John Michael R. Booth & Susan Bassnett. 1991 [1988]. Sarah Bernhardt, Ellen Terry, Eleonora Duse: Ein Leben für das Theater [= Bernhardt, Terry, Duse: The Actress in her Time]. Aus d. Engl. von Christiane Reitter. Weinheim; Berlin. Beltz Quadriga.
Terry, Ellen. 1982. The Story of My Life. New York. Schocken.
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