(geb. Remark)
geboren am 25. März 1903 in Osnabrück
hingerichtet am 16. Dezember 1943 in Plötzensee
deutsche Schneidermeisterin; jüngste Schwester von Erich Maria Remarque
80. Todestag am 16. Dezember 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Erich Maria Remarque (1898-1970) gehört zu den meistgelesenen Autoren des 20. Jahrhunderts. Mit seinen Antikriegsromanen, vor allem mit „Im Westen nichts Neues“, erlangte er weltweit Berühmtheit. Mit Beginn des Nationalsozialismus jedoch verhasst und angefeindet, verließ er 1931 Deutschland in Richtung Schweiz und floh später in die USA, wo er ein recht glamouröses Leben führen konnte. Nach neun Jahren Exil in den USA kehrte er 1948 nach Europa zurück.
Ein tragisches Schicksal war jedoch seiner jüngsten Schwester Elfriede beschieden. Am 25. März 1903 wird sie als viertes und jüngstes Kind der Eheleute Remark in Osnabrück geboren. Hier besucht sie auch die Schule. Ab 1917 hat sie dann verschiedene Anstellungen als Dienstmädchen in Duisburg, Rheydt und Den Haag. Zwei Jahre später beginnt sie in Osnabrück eine Lehre als Schneiderin, die sie 1922 mit der Gesellenprüfung abschließt. 1923 wird ihre Tochter Ingeborg geboren, die aber nach einem Vierteljahr verstirbt.
Elfriede zieht 1924 nach Berlin - ihr Bruder, der hier Redakteur bei der Zeitung „Sport im Bild“ ist und zu dem sie engen Kontakt hat, hilft ihr bei der Wohnungssuche. Sie erhält schließlich eine Anstellung als Putzmacherin. Kurzzeitig ist sie auch als Hausschneiderin in Leipzig tätig. 1929 dann die Umsiedlung nach Dresden, wo sie eine Beschäftigung bei einem Schneidermeister findet. 1933 legt sie die Meisterprüfung als Damenschneiderin ab. Ein Jahr später heiratet sie den Kaufmann Paul Wilke, doch die Ehe wird bereits nach zwei Jahren geschieden. 1936 kann sich Elfriede eine eigene Werkstatt als selbstständige Damenschneidermeisterin einrichten. Mit Fleiß, Einfallsreichtum und ihrer Geschicklichkeit mit der Nähmaschine hat sie auch gutbetuchte Kundschaft. 1939 lernt sie den Tanzmusiker (Schlagzeug) Heinz Scholz kennen, der aber später zur Kriegsmarine eingezogen wird. Während eines Fronturlaubs wird 1941 in Dresden geheiratet. Aber Elfriede hat wieder kein Eheglück, nach wenigen Monaten strebt Heinz Scholz die Scheidung an.
Am 1. August 1943 steht plötzlich die Gestapo vor Elfriedes Tür. Sie wird verhaftet. Der Ehemann einer ihrer Kundinnen hat Anzeige gegen sie erstattet. Gegenüber der Kundin sowie ihrer Vermieterin soll Elfriede gesagt haben, dass sie nicht mehr an den Endsieg glaube und die Soldaten an der Front seien nur noch „Schlachtvieh“. Der Führer habe sie alle auf dem Gewissen.
Im Polizeigefängnis Dresden wird sie wegen „staatsfeindlicher Äußerungen“ mehrfach von der Gestapo verhört. Elfriede bestreitet die Aussagen der Kundin und ihrer Vermieterin. Obwohl die Anschuldigungen sich durch weitere Vernehmungen nicht bestätigen lassen, wird Elfriede in das Untersuchungsgefängnis Berlin Alt-Moabit überführt. Nachdem die Anklageschrift wegen „Wehrkraftzersetzung“ und „Feindbegünstigung“ formuliert ist, wird ihr vor dem Senat des Volksgerichtshofs unter dem Vorsitz von Roland Freisler der Prozess gemacht. Der VGH-Präsident und „Blutrichter“ soll während der Verhandlung ausgerufen haben: „Ihr Bruder ist uns leider entwischt – Sie aber werden uns nicht entwischen.“ Das Urteil lautet Todesstrafe und dauernder Ehrverlust.
Es folgen Wochen der Todesangst. Ihre Verteidigerin reicht ein Gnadengesuch ein. Ohne Erfolg. Elfriede wird zur Hinrichtung nach Berlin-Plötzensee überführt, die für den 25. November 1943 angesetzt ist. Doch dann wird die Hinrichtung ausgesetzt, weil der Vollstreckungsbefehl bei einem Bombenangriff am Vortag zerstört wurde. Wieder Tage der Todesangst. Ein zweites Gnadengesuch wird ebenfalls zurückgewiesen. Am 16. Dezember 1943 um 13.04 Uhr wird Elfriede Scholz in Plötzensee durch das Fallbeil hingerichtet.
Erst 1998 wurde das Todesurteil aufgehoben. Bereits 1968, vor ihrem 25. Todestag, wurde in Osnabrück eine Straße nach Elfriede Scholz benannt. Inzwischen erinnern in Dresden ein Stolperstein und in Berlin eine Gedenktafel an sie. Obwohl ihre sterblichen Überreste spurlos verschwunden sind, errichtete die Erich Maria-Remarque-Gesellschaft gemeinsam mit dem Förderkreis Hasefriedhof-Johannesfriedhof 2018 auf dem Hasefriedhof in Osnabrück einen Gedenkstein.
Ihr Bruder erfuhr übrigens erst nach Kriegsende, im Juni 1946, von der Hinrichtung seiner Schwester. Fortan quälte ihn der Gedanke, dass sie für ihren „geflüchteten gewissenlosen Bruder“ büßen musste. Entsetzt von der Nachricht begann er mit der Arbeit an seinem KZ-Roman „Der Funke Leben“, der im Januar 1952 zunächst in Amerika (unter dem Titel „Spark of Life“) erschien und ein halbes Jahr später in Deutschland. In den 1960er Jahren versuchte Remarque mit Hilfe seines Anwalts, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Der Antrag einer strafrechtlichen Verfolgung wurde allerdings von der Generalstaatsanwaltschaft abgelehnt – am 25. September 1970 … es war Remarques Sterbetag.
(Text von 2020)
Verfasserin: Manfred Orlick
Zitate
Liebe Erna!
Jetzt bin ich zum 2 ten Mal in Plötzensee und heute Mittag um 1 Uhr bin ich nicht mehr. Alles was ich hinterlasse, gehört Dir. Auch die Lebensversicherung. Heinz hat es wohl nicht verdient, dass ich noch lieb an ihn denke. Aber ich verzeihe ihm alles, ihm und allen anderen. Dir und Ludwig und den Eltern einen letzten lieben Gruß. Eure Elfriede.
(Letzte Zeilen an ihre Schwester Erna am Tag ihrer Hinrichtung)
Literatur & Quellen
- Wikipedia: Elfriede Scholz
- Claudia Glunz/Thomas F. Schneider: Elfriede Scholz, geb. Remark. Im Namen des deutschen Volkes. Dokumente einer justitiellen Ermordung. Osnabrück 1997
- Heinrich Thies: Die verlorene Schwester – Elfriede und Erich Maria Remarque – Eine Doppelbiografie. zu Klampen Verlag, Springe 2020
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.