Biographien Elfi von Dassanowsky
(Prof. Elfriede Maria von Dassanowsky)
geboren am 2. Februar 1924 in Wien
gestorben am 2. Oktober 2007 in Los Angeles
österreichische Sängerin, Pianistin und Filmproduzentin
100. Geburtstag am 2. Februar 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
»Man muss im Leben flexibel sein,« fand Elfi von Dassanowsky und hat in ihrem wahrhaft wechselvollen Werdegang immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie dazu in der Lage war. Opernsängerin, Musiklehrerin, Filmproduzentin, Kulturberaterin, Mäzenin, Geschäftsfrau, Designerin – lang ist die Liste ihrer Tätigkeiten. Diese kreisten, wann immer es möglich war, um Dassanowskys Hauptinteressengebiete, Musik und Film, und ihr wichtigstes Anliegen, kulturelle Kontakte zwischen ihrer Heimat, Österreich, und ihrer Wahlheimat, den USA, aufzubauen und zu pflegen. »Ich verfolgte meine Träume und Ziele, weil ich nicht anders konnte … viel später erst wurde mir klar, dass ich dadurch auch dazu beigetragen hatte, neue Chancen für Frauen in der Kunst zu eröffnen.« Hierauf war die »Kulturdiva«, wie sie von der österreichischen Presse gerne genannt wurde, im Rückblick auf ihr Leben besonders stolz.
Angefangen hatte alles im Wien der Vorkriegszeit. Elfi von Dassanowsky, Tochter aus einer alten österreichischen Familie, zeigte schon früh musikalische Begabung. 1939, sie war gerade fünfzehn, erhielt sie einen Platz an der Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst – eine der jüngsten dort jemals zugelassenen Studentinnen. Noch während sie Klavier, Gesang und Schauspiel studierte, kam sie zum ersten Mal in Kontakt mit dem Film: Der bekannte österreichische Regisseur Karl Hartl engagierte die junge Musikerin, um seinem neuen Star Curd Jürgens Klavierunterricht zu geben.
Doch dann war es mit dem Traum von einer Film- oder Bühnenkarriere erst mal vorbei: Da sie sich geweigert hatte, einer NS-Studentenorganisation beizutreten (ihre »legitimistische«, d.h. der untergegangenen Habsburger Monarchie verbundene, Familie stand den Nazis ablehnend gegenüber), wurde Elfi von Dassanowsky nicht, wie andere Kulturschaffende, vom Arbeitsdienst befreit, sondern für fast zwei Jahre eingezogen. Mit Hilfe eines Teils des Familienschmucks, als »Kriegsspende« beim Rektor der Hochschule abgeliefert, erreichte ihre Mutter aber, dass die Tochter den Dienst in einer Zigarettenfabrik, später in einem Hospital ableisten durfte und dadurch ihre Hände fürs Klavierspielen schonen konnte. Ein Angebot der Ufa Berlin für eine Hauptrolle in einem Musicalfilm lehnte Dassanowsky 1944 ab.
Nach dem Krieg – das besetzte Wien stand unter alliiertem Oberkommando – kam ihre große Zeit. Sie gab ihr Operndebüt als Susanna in Mozarts »Figaro« im Stadttheater St. Pölten, trat in Solokonzerten vor den alliierten Oberkommissaren auf, arbeitete als Rundfunksprecherin für die BBC, beteiligte sich an der Eröffnung neuer Musiktheaterbühnen in Wien, tourte mit einer Operettenrevue durch Österreich und Westdeutschland, gab Meisterklassen in Klavier und Gesang.
Ihr wichtigstes Engagement in diesen Jahren aber galt dem Film. 1946 war sie dem Stummfilmregisseur Emmerich Hanus vorgestellt worden und gründete, erst 22 Jahre alt, noch im selben Jahr mit ihm und August Diglas in einer vom Krieg stark mitgenommenen Jugendstilvilla am Bauernmarkt in Wien die Belvedere-Film. Ziel dieses ersten von den Institutionen der Alliierten unabhängigen Filmstudios der Nachkriegszeit war es, der österreichischen Filmkultur zu einem Neustart zu verhelfen. Typisch österreichische Filmformen, wie der Heimatfilm oder die Wiener Musikkomödie, sollten in neuen Produktionen von ihrer ideologischen Vereinnahmung durch die Nazis befreit und durch Verstärkung ihrer satirischen und gesellschaftskritischen Aspekte fürs Nachkriegspublikum attraktiv gemacht werden. In den wenigen Jahren ihres Bestehens produzierte die Belvedere insgesamt nur 7 Filme, der bekannteste wurde die musikalische Satire »Märchen vom Glück« (1949), aber als Kreativdirektorin verschaffte Dassanowsky einigen Stars, wie Maria Holst oder O.W. Fischer, ein Comeback und entdeckte neue, später berühmte Talente wie Evelyn Künneke, Gunther Philipp und Nadja Tiller.
1951 musste die Belvedere schließen, Dassanowsky arbeitete kurzzeitig für die Phoebus-Filmgesellschaft in Hamburg, ging dann nach Kanada, wo sie 1954 den Ungarn Laszlo de Csonka heiratete (sie hatte drei Kinder mit ihm, die Ehe endete in Scheidung), 1955 nach New York und Anfang der 1960er Jahre schließlich an die amerikanische Westküste. Trotz guter Kontakte zu erfolgreichen (Exil-)Österreichern wie Otto Preminger oder Oskar Werner konnte Dassanowsky dort nicht an ihre Erfahrungen als Produzentin anknüpfen, »das Hollywood der 60er Jahre war ausgeprägter sexistisch und konservativ als Europa in den späten 40er und frühen 50er Jahren« (Robert Dassanowsky), nur wenige Frauen hatten es geschafft, in dieser Männerdomäne einen Platz zu erobern. So arbeitete Dassanowsky als Stimmtrainerin mit jungen SchauspielerInnen in Premingers Produktionen, bis sie sich als Importeurin von österreichischen Büromaschinen eine Existenz als erfolgreiche Geschäftsfrau aufbaute. Im Kulturleben von Los Angeles wurde sie zu einer wichtigen Institution, förderte den österreichisch-amerikanischen Austausch, besonders im Bereich Musik und Film, wo immer sie konnte.
Nachdem es gelungen war, im Wiener Filmarchiv einige der verschollen geglaubten Kopien der frühen Belvedere-Filme wieder zu finden, kehrte Elfi von Dassanowsky mit mittlerweile 75 Jahren noch einmal zu ihren Ursprüngen zurück: Gemeinsam mit ihrem Sohn Robert gründete sie 1999 zum zweiten Mal die Belvedere Filmgesellschaft, diesmal mit Sitz in Los Angeles und Wien, und begann mit einer neuen Filmproduktion, u.a. dem preisgekrönten dramatischen Dokumentarfilm Kurzfilm »Semmelweis« (2001). Noch voller Elan und Zukunftspläne, wurde sie 2007 überraschend aus dem Leben gerissen.
Für ihr Lebenswerk wurde Elfi von Dassanowsky vielfach ausgezeichnet, besonders in Ehren hielt sie die UNESCO Mozart Medaille (1997), den Living Legacy Award des US-Women’s International Center (2000) und den französischen Ordre des Arts et des Lettres (2001). Dass die Filmpionierin so schnell nicht in Vergessenheit geraten wird, garantiert auch die kurz vor ihrem Tod gegründete Elfi-von-Dassanowsky-Stiftung. Durch sie sollen künftig humanitäre Projekte unterstützt werden und Filmemacherinnen Startkapital für ein Kurzfilmprojekt erhalten können, das in besonderem Maße Musik einbezieht. Auf ausdrücklichen Wunsch der Stifterin wird es keine Altersbegrenzung für die Antragsstellerinnen geben.
(Text von 2014)
Verfasserin: Andrea Schweers
Zitate
Elfi von Dassanowsky war eine Schauspielerin mit Rückgrat und eine Pionierin des österreichischen Spielfilms - die letzte im österreichischen Filmbereich. Ihre Kulturarbeit in Österreich war einmalig. Mit Elfi von Dassanowsky verlieren wir nicht nur eine Schauspielerin und Produzentin, sondern im AAFP ein langjähriges Verbandsmitglied und eine Mitstreiterin für den Film. Sie hat sich für den österreichischen Film engagiert, sie hat für den Film gelebt. Wir trauern um Elfi von Dassanowsky.
(Verband Österreichischer Filmproduzenten (AAFP); gefunden hier)
Obwohl ich mich in einer Männerkarriere beweisen konnte, war es trotzdem eine Männerwelt, und als weiblicher Juniorpartner wurde ich von der Öffentlichkeit oft ferngehalten, wie auch von den endgültigen finanziellen Entscheidungen.
(Elfi von Dassanowsky, gefunden hier)
Links
Belvedere Film. (Link aufrufen)
filmportal.de: Elfi von Dassanowsky. Kurzbiografie, Filmografie, Fotos. DIF. (Link aufrufen)
Flippo, Hyde: Elfi von Dassanowsky. Interview with an Austrian Cinematic Pioneer and Cultural Activist. German-Hollywood Connection. (Link aufrufen) – Seite wird gerade überarbeitet (27.09.2017)
Internet Movie Database: Elfi von Dassanowsky. Filme. (Link aufrufen)
ORF.at (2007): Filmpionierin Elfi von Dassanowsky gestorben. (Link aufrufen)
ots.at (2007): Österreichische Kulturdiva Elfi von Dassanowsky im Alter von 83 Jahren gestorben. (Link aufrufen)
Sloan Science and Film: Semmelweis. Preisgekrönter Kurzfilm, produziert 2001 von Robert und Elfi von Dassanowsky. Museum of the moving image. (Link aufrufen)
The Elfi von Dassanowsky Foundation. Mit Biografie (auch in deutscher Sprache) und Fotos. (Link aufrufen)
Universität Wien: Elfi von Dassanowsky. Tabellarischer Lebenslauf, sehr detailliert, mit Bibliografie und Fotos. (Link aufrufen)
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Literatur & Quellen
Bücher
Berger, Günther (2001): Elfi von Dassanowsky. In: Berger, Günther (Hg.): Insieme. Kunst- und kulturgeschichtliche Beiträge. Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien. Lang. ISBN 3-631-37259-0S. S. 385–395. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Ulrich, Rudolf (2004): Österreicher in Hollywood. Wien. Filmarchiv Austria. ISBN 3-901932-29-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Lexika
Bruckmüller, Ernst (Hg.) (2001): Personenlexikon Österreich. Wien. Verlagsgemeinschaft Österreich-Lexikon. ISBN 3-95004-387-X. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Crystal, David (Hg.) (1998): The Cambridge biographical encyclopedia. Cambridge. Cambridge University Press. ISBN 0-521-63099-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Kutsch, Karl J. und Riemens, Leo (Hg.) (2004): Großes Sängerlexikon. 7 Bände. Unter Mitarbeit von Hansjörg Rost. München. Saur. ISBN 978-3-598-11598-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Pendergast, Tom (Hg.) (2000): Writers and production artists. S. 894-896. Detroit. St. James Press. (International dictionary of films and filmmakers, 4) ISBN 1-55862-453-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Zeitungen, Zeitschriften, Interviews
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Hoffmann, Robert (1997): Ahead of Her Time. In: Austria Kultur, no. 4, 1997.
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Rusch, Doris C.: Wiedergeburt einer großen Tradition. In: Celluloid: Die oesterreichische Filmzeitschrift, 2002/3. S. 31.
Steiner, Gertraud: Besides, ich bin Österreicherin. In: Wiener Zeitung, 2. August 1996. S. 14.
Ulrich, Rudolf (1999): Zum 75. Geburtstag einer Wiener Filmpionierin. In: Blimp Film Magazine, no. 41, 1999.
Whitesell, Heidi: Woman in the Arts. In: German Life, April/May 1996.
Bildquellen
The Elfi von Dassanowsky Foundation
Robert Dassanowsky
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