geboren am 3. Oktober 1858 in Vigevano, Italien
gestorben am 21. April 1924 in Pittsburgh, USA
italienische Schauspielerin
100. Todestag am 21. April 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Für viele war sie die größte Schauspielerin ihrer Zeit. Berühmte Schriftsteller wie Pirandello, D'Annunzio und Alexandre Dumas fils schrieben Stücke für sie, und unter den Dichtern war Rilke einer ihrer glühendsten Bewunderer. Der gefürchtete Kritiker Alfred Kerr war ihr geradezu verfallen: “Das war nicht und kommt nie wieder .. Das ist ein Gipfel. Das Wunder der letzten Schönheit des Südens…”.
Ihre Verwandlungskunst, die Natürlichkeit ihres Spiels sind Legende. Äußerlich eher unscheinbar, konnte sie auf der Bühne schön und häßlich, groß und klein, jung und alt erscheinen; wenn es der Moment erforderte, konnte sie sogar erröten und erblassen. Sie mißachtete die Konventionen: keine Schminke, keine Krinolinen, keine Theatralik der Gebärden – gemäß dem damals gängigen “Handbuch der Bühnenposen”! – und vor allem keine Künstlichkeit in der Stimmführung: “Nach den Regeln muß man in bestimmten Situationen die Stimme erheben, sich übertrieben benehmen. Doch wenn ich heftige Leidenschaft ausdrücken muß … werde ich oft stumm, und auf der Bühne spreche ich leise, flüstere kaum…”. So revolutionierte sie, die nie eine Schauspielschule besucht hatte, den Darstellungsstil ihrer Zeit. Nur wenige ihrer ZuschauerInnen mögen die Anstrengung geahnt haben, die sie die Verwandlung in ihre Rollen kostete. Man erzählt von ihr, sie habe den Weg von der Garderobe auf die Bühne mit Tüchern verhängen lassen, um nicht von fremden Blicken gestört zu werden.
Schon als Vierjährige mußte sie auftreten; ihr Vater leitete eine KomödiantInnentruppe, die durch Norditalien zog. Mit zwölf Jahren spielte sie bereits leidenschaftlich liebende Frauen, oft ohne zu verstehen, was sie sprach. Sie heiratete einen Schauspieler, von dem sie sich wegen eines anderen nach wenigen Jahren wieder trennte; die Tochter wuchs in Internaten auf, und die Mutter schrieb ihr täglich.
Die große Liebe im Leben der Duse aber war der selbstverliebte Gabriele D'Annunzio, dessen Theaterstücke sie – oft ohne Erfolg – unter Einsatz ihrer ganzen Lebensenergie und ihres Vermögens populär zu machen versuchte. Zum Dank verließ er sie wegen einer Jüngeren. “Wie haben Sie mich geliebt!” soll er bei einem Wiedersehen gesagt haben. Doch sie hatte ein zu großes Herz, um zu verbittern.
Ihre Sprache war Italienisch, aber die Zuschauer in Europa, Rußland, Ägypten und Nord- und Südamerika verstanden sie. Zu ihren Lieblingsrollen gehörten die Frauengestalten Ibsens, die sie zart und wie schwebend spielte, besonders die Ellida, die “Frau vom Meer”. Vom Meer Italiens fühlte sich auch die Duse wie magnetisch angezogen, dort erholte sie sich von dem zermürbenden Wanderleben und kurierte ihr chronisches Lungenleiden aus. Ihr Wunsch, auf den Brettern einer Bühne zu sterben, ging nicht in Erfüllung: Während einer Tournee durch Nordamerika erlag sie in einem Hotel in Pittsburgh einer Lungenentzündung. “Abreisen – schaffen – deckt mich zu!” sollen ihre letzten Worte gewesen sein.
Verfasserin: Ilse Hossius
Zitate
Um das Theater zu retten, muss man es zerstören.
Frauen sind im Unglück weiser als Männer, weil sie Übung darin haben. (Eleonora Duse)
Die Duse ist auf der Bühne ein großer Mensch und im Alltag eine kleine Frau. (Karl Kraus, 1923)
Links
Schöne Bildergalerie der New York Public Library
Links geprüft und korrigiert am 13. April 2024 (AN)
Literatur & Quellen
Bab, Julius. 1954. Kränze dem Mimen. Emsdetten. Lechte.
Le Gallienne, Eva. 1973. The Mystic in the Theatre: Eleonora Duse. Carbondale, IL. Southern Illinois UP.
Maurer, Doris. 1988. Eleonora Duse in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg. rororo monographie 388.
Möhrmann, Renate. Hg. 1989. Die Schauspielerin: Zur Kulturgeschichte der weiblichen Bühnenkunst. Frankfurt/M. Insel.
Resnevic-Signorelli, Olga. 1939. Eleonora Duse: Leben u. Leiden der großen Schauspielerin. Übs. Hanna Kiel. Berlin. Dt. Verlag.
Sheehy, Helen. 2003. Eleonora Duse: A Biography. New York. Knopf.
Stokes, John Michael R. Booth & Susan Bassnett. 1991 [1988]. Sarah Bernhardt, Ellen Terry, Eleonora Duse: Ein Leben für das Theater. Aus d. Engl. von Christiane Reitter. Weinheim; Berlin. Beltz Quadriga.
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