Biographien Dorothea Christiane Erxleben
(Dorothea Christiane Leporin [Geburtsname])
geboren am 13. November 1715 in Quedlinburg
gestorben am 13. Juni 1762 in Quedlinburg
deutsche Ärztin
260. Todestag am 13. Juni 2022
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Im Mai 1754 verabschiedet sich in Quedlinburg die 39jährige Dorothea Erxleben von ihrem Ehemann und ihren Kindern. Sie ist auf dem Weg nach Halle zur Universität, um die Doktorwürde der medizinischen Fakultät zu erlangen. Mit diesem akademischen Examen will sie ihren guten Ruf als Ärztin verteidigen, den ihr Kollegen in der Heimatstadt streitig gemacht hatten. Sie war der Kurpfuscherei bezichtigt worden.
Von Kindheit an war sie von ihrem Vater, dem Arzt Christian Leporin, in die Heilkunde eingewiesen worden. Wie ihre Brüder hatte er sie unterrichtet, zu den Kranken mitgenommen; wegen ihres außerordentlichen Geschicks ließ er sich sogar von ihr in seiner Praxis vertreten.
Um aber approbierte Ärztin zu sein, musste Dorothea studiert haben. Die Universitäten ließen jedoch damals Frauen zum Studium nicht zu. Dorothea Erxleben wehrte sich zunächst mit der Schrift »Gründliche Untersuchung der Ursachen, die das weibliche Geschlecht vom Studiren abhalten« (erschienen 1742) gegen die Vorurteile ihrer Zeit.
Sie begnügte sich aber nicht mit theoretischen Überlegungen, sondern setzte beim preußischen König Friedrich (dem Großen) durch, dass auf seine Anweisung 1741 die Universität Dorothea Leporin zur Promotion zuließ. Die königliche Sondergenehmigung nimmt sie erst Jahre später in Anspruch, denn in der Zwischenzeit heiratet sie den Diakon Johann Christian Erxleben in Quedlinburg, einen Witwer mit fünf Kindern, mit dem sie noch vier gemeinsame Kinder hat.
Trotz des großen Haushaltes erweitert sie durch Fachstudien und praktische Tätigkeit ihr medizinisches Wissen. Ihre Heilerfolge erregen den Neid der Kollegen. Um den Anfeindungen zu begegnen, entschließt sich Dorothea kurz nach der Geburt ihres vierten Kindes zur Promotion und legt 1754 mit großem Erfolg die Prüfung ab.
Ihr Leben verändert sich dadurch nicht: Sie erzieht weiter die Kinder, führt den Haushalt, behandelt die Kranken, ist eine angesehene Ärztin und bis zum Tod ihres Mannes: die beliebte Frau Pastorin.
(Text von 1989)
Verfasserin: Hiltrud Schroeder
Zitate
Ich darf hier wohl ihrer Verheyrathung mit dem damahligen Diakonus an der Neustädter Nikolaikirche zu Quedlinburg, Johann Christian Erxleben, gedenken, denn es zeuget solche von Muth und Entschlossenheit in ihrem Charakter nicht allein, sondern auch von der Zärtlichkeit ihrer Liebe und Freundschaft gegen eine verstorbene Freundin, deren Stelle sie bey 5 noch unerzogenen Kindern als Mutter zu vertreten sich entschließen konnte, und solche wirklich so vertrat, daß solche den frühen Verlust ihrer leiblichen Mutter nicht fühleten; noch da ich dieses schreibe, einer von diesen fünfen, schlägt mein Herz von dem Gefühl der Dankbarkeit gegen diese ewig theure und geliebte Mutter, die es, wie es schien, mit Hintansetzung ihrer selbst, mir und meinen Geschwistern ward…
(Friedrich Georg Christian Erxleben, ältester Stiefsohn der Dorothea Christiane Erxleben)
Sie hat allein zwey ganze Stunden hindurch die an sie gethane Fragen mit einer bewunderungswürdigen Bescheidenheit und Fertigkeit angenommen, gründlich und deutlich darauf geantwortet, und die vorgelegten Zweifel mit der gröster Richtigkeit aufgelöset. Hierbey bediente sie sich eines so schönen und zierlichen Lateins, so daß wir glaubten, eine alte Römerin in ihrer Muttersprache reden zu hören. Eben so geschickt und geschwind zeigte sie ihre zusammenhangende und gründliche Erkentniß in der Lehre von der Gesundheit des Cörpers, in der Wissenschaft von den Krankheiten desselben, und ihrer Heilung; so war ihr auch gleichfalls die Materia medica, und die Art Recepte zu verschreiben, nicht unbekant.
(Johann Juncker, Prüfungsvorsitzender)
Links
Buchheim, Liselotte: Erxleben, Dorothea. In: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 637 f. Onlinefassung.
Online verfügbar unter http://www.deutsche-biographie.de/sfz13693.html, abgerufen am 07.09.2015.
Deutsche Nationalbibliothek: Erxleben, Dorothea. Veröffentlichungen von und über Dorothea Christiane Erxleben.
Online verfügbar unter https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=118685384, abgerufen am 07.09.2015.
Erxleben, Dorothea Christiane (1742): Gründliche Untersuchung der Ursachen, die das weibliche Geschlecht vom Studiren abhalten. Darin deren Unerheblichkeit gezeiget. Digitalisat. Berlin.
Online verfügbar unter https://commons.wikimedia.org/wiki/De_Untersuchung_warum_Frauen_nicht_studieren.
Harzklinikum Dorothea Christiane Erxleben: Dorothea Christiane Erxleben. Online verfügbar unter http://harzklinikum.com/d/index.php?id=86, abgerufen am 07.09.2015.
Hirsch, August: Erxleben, Dorothea. In: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 334–335, Digitale Volltext-Ausgabe.
Online verfügbar unter https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Erxleben,_Dorothea, abgerufen am 07.09.2015.
Lange, Johann Joachim (1754): Als der Hochedelgebohrnen, Hocherfahrnen und Hochgelahrten Frauen, Frauen Dorotheen Christianen gebohrnen Leporinin … der wohlverdiente Gradvs Doctoris in der Medicin von der hochlöblichen Medicinischen Facultät auf der Königlichen Preußischen Friedrichs-Universität hieselbst nach vielfältig abgelegten Proben Jhrer Geschicklichkeit, rühmlichst überstandenen Examine, ausgearbeitetem Specimine Inavgvrali und hierauf erhaltener … Specialapprobation den 12. Junii des 1754. Jahres ertheilet worden, besung diese ausserordentliche Begebenheit Johann Joachim Lange, der Mathematic öffentlichen Lehrer. Digitalisat.
Online verfügbar unter http://nbn-resolving.de/urn:nbn🇩🇪gbv:3:1-475573, abgerufen am 03.09.2015.
Markau, Kornelia (2006): Dorothea Christiana Erxleben (1715 - 1762). Die erste promovierte Ärztin Deutschlands ; eine Analyse ihrer lateinischen Promotionsschrift sowie der ersten deutschen Übersetzung. Univ., Med. Fak., Diss.—Halle, 2006. Online-Volltext. Halle, Saale. Online verfügbar unter http://nbn-resolving.de/urn:nbn🇩🇪gbv:3-000010362.
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Literatur & Quellen
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Erxleben, Dorothea (1755): Academische Abhandlung von der gar zu geschwinden und angenehmen, aber deswegen öfters unsichern Heilung der Krankheiten. (=Quod nimis cito ac iucunde curare saepius fiat causa nimis tutae curationis) Univ., Diss.—Halle, 1754. Halle. Gebauer. (WorldCat-Suche)
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Belletristik
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Pantenius, Michael (Hg.) (2006): Gelehrte, Weltanschauer, auch Poeten. Literarische Porträts berühmter Hallenser. Halle (Saale). Mitteldt. Verl. ISBN 978-3-89812-393-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
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