Biographien Sidonie Gabrielle Colette
geboren am 28. Januar 1873 in Saint-Sauveur, Burgund
gestorben am 3. August 1954 in Paris
französische Schriftstellerin
70. Todestag am 03. August 2024
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Sie waren schockiert. Das war sicherlich nicht die Schwiegertochter, die sich eine standesbewußte Familie gewünscht hatte: Frauen wie sie – über deren erste Ehe ganz Paris getuschelt hatte – hielt mann sich als Geliebte, aber machte sie nicht zur Baronne de Jouvenel! Gegen die Schriftstellerin (ihr Roman La Vagabonde war 1910 für den angesehenen Prix Goncourt vorgeschlagen worden), gegen die Journalistin (seit 1909 schrieb sie regelmäßig kleine Erzählungen, Anekdoten und Stellungnahmen zu aktuellen Ereignissen für die Zeitschrift Le Matin, deren Mitherausgeber der Ehemann Henri de Jouvenel war) war ja schwerlich etwas einzuwenden. Eine Schriftstellerin war als Baronin durchaus respektabel, schockierend war die Tänzerin, die leichtgeschürzt in erotisch-exotischen Pantomimen aufgetreten war. Schockierend war ihre Liebesbeziehung mit einer Frau, der Marquise de Belbeuf – Colette nahm sich die Freiheit, aus dem für Frauen ihrer Zeit geltenden Gefängnis auszubrechen.
Aus einem burgundischen Provinznest war sie als Zwanzigjährige in das brausende Paris der Belle Epoque gekommen, ein halbes Schulmädchen noch als Ehefrau eines berüchtigten Lebemannes, des Schriftstellers und Musikkritikers Gauthier-Villars. Ungeniert lebte “Monsieur Willy” seine Affären vor ihren Augen, ungeniert sperrte er sie in die Wohnung ein, damit sie für ihn ihre Kindheits- und Schulerinnerungen aufschrieb, und ungeniert veröffentlichte er dann unter seinem Namen die Claudine-Romane. Lange spielte sie als gefügige Ehefrau brav ihren Part: Sie schrieb, er kassierte. Erst als sie schon über dreißig war, gelang ihr mit der Trennung der Ausbruch aus dieser “Arbeitsgemeinschaft”. “Monsieur Willy” ist vergessen, aber Colette ist heute noch eine der bekanntesten und meistgelesenen französischen Schriftstellerinnen – und eine der höchstdekorierten dazu: Die Autorin von Chérie, Mitsou, Erwachende Herzen war Präsidentin der Académie Goncourt, Mitglied der Ehrenlegion und erhielt als erste Frau ein Staatsbegräbnis.
(Text von 1992)
Verfasserin: Brigitte Warkus
Links
https://www.nytimes.com/article/best-colette-books.html
Literatur & Quellen
Lottman, Herbert. 1991 [1990]. Colette: Eine Biographie. Aus dem Frz. von Roselie und Saskia Bontjes van Beek. Wien. Zsolnay.
Mitchell, Yvonne. 1979 [1975]. Colette: Eine Biographie. [=Colette: A taste for life]. Aus dem Engl. von Hanna Lux. Frankfurt/M. Fischer TB 2135.
Richardson, Joanna. 1985 [1983]. Colette: Leidenschaft und Sensibilität. Aus dem Engl. von Renate Zeschitz. München. Heyne Biographie 125.
Sartori, Eva Martin & Dorothy Wynne Zimmerman. 1991. French Women Writers: A Bio-Bibliographical Source Book. New York. Greenwood.
Thurman, Judith. 2003 (1999). Colette: Roman ihres Lebens (=Secrets of the Flesh: A Life of Colette). Aus dem Engl. von Brigitte Flickinger. Berlin. Berliner Taschenbuch-Verl.——
Alle Frauenbiographien von Brigitte Warkus (1944-2005) sind versammelt in:
Duda, Sibylle & Luise F. Pusch. Hg. 2006. Von Christiane Goethe bis Audrey Hepburn. 21 Porträts von Brigitte Warkus. Rüsselsheim. Christel Göttert Verlag.
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