(Cynthia Morris [Geburtsname])
geboren am 19. Januar 1954 in Glen Ridge, New Jersey
US-amerikanische Fotografin
70. Geburtstag am 19. Januar 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Auf ahnungslose Außenstehende wirkt Cindy Sherman »nett, freundlich, bescheiden und ausgeglichen« (Calvin Tomkins), und so leicht würde niemand vermuten, dass diese unauffällige, zierliche Person einige der rätselhaftesten, schockierendsten Bilderserien der Fotografie des 20. Jahrhunderts geschaffen hat – alle reine Fiktion, perfekte Inszenierungen, in denen sie selbst als ihr einziges Modell in vielerlei Rollen auftritt und hinter wechselnden Masken wieder verschwindet – »die Frau mit den tausend Gesichtern«, mal Hausfrau, mal Filmdiva, mal Prostituierte, Anhalterin, Trinkerin, Maria und Judith.
Schon als Kind liebte sie Verkleidungen – Monster und Hexen, niemals Prinzessinnen –, zeichnete und malte mit großer Begabung, sah sich stundenlang Horrorfilme im Fernsehen an. 1972, mit 19, begann sie das Kunststudium am staatlichen College in Buffalo, New York, und bekam entscheidende Anregungen von Barbara Jo Revelle, einer der wenigen Lehrerinnen dort, die sich mit den modernen Strömungen von Konzeptkunst und Performance auseinandergesetzt hatte. Ihre ersten Selbstporträts fertigte Sherman aus Not – in Revelles Fotoklasse war es üblich, Aktaufnahmen in der Natur zu machen, und um ihre Prüderie zu überwinden, machte Sherman die ersten Versuche mit sich selbst. Dabei blieb sie.
Nach Abschluss des Studiums zog sie 1975 nach New York und arbeitete bald in einem eigenen Studio. Sie legte sich einen Fundus von Kostümen und Requisiten an und ging gerne in unauffälliger Verkleidung als Krankenschwester, Sekretärin etc. aus dem Haus, bis sie fürchtete, ihre eigene Identität zu verlieren. Ihre erste, heute berühmte, Bildfolge »Untitled Film Stills«, kleinformatige Schwarz-Weiß-Fotos, zeigt 69 kleine Alltagsdramen, in denen sie in verschiedenen Frauenrollen und Milieus posiert. Alle Aufnahmen lassen Raum für Fantasie, da sie nie eindeutig die Realität abbilden wie andere Fotos. Dabei lösen sie, wie viele von Shermans Arbeiten, ein Gefühl latenter Bedrohung aus, eine Vorahnung von Unheil.
Auch in den folgenden Serien blieb die Auseinandersetzung mit dem Frauenbild ihr vorrangiges Thema. Mit kritischem und humorvoll-bissigem Blick durchforstete sie in mehreren Werkzyklen in den 80er Jahren die Massenmedien, Werbung, Mode, Kunstgeschichte (»History portraits«), Märchen, Sexualität und Pornografie. Sie arbeitete nun in Farbe und großen Formaten, benutzte Dia-Projektionen als Hintergrund, verfremdete die Aufnahmen durch farbige Beleuchtungen, schuf Bilder von trügerischer Schönheit. Stets war sie Regisseurin, Darstellerin, Masken- und Kostümbildnerin und Fotografin in einer Person und somit ganz autonom in ihrer Gestaltung.
In den jüngsten Bildfolgen geht sie in die Welt des Grotesken und des Horrors. Die Reihe »Disgust Pictures« (Ekelbilder) zeigt Müll, Erbrochenes, zerstörte Körperteile mit Schmeißfliegen, und bei den »Sex- und Horrorbildern« verschwindet ihre eigene Person ganz und wird durch anatomische Puppen mit auswechselbaren Körperteilen ersetzt, die sexuelle Akte in obszönen Verrenkungen vollführen.
Cindy Shermans Fotos brechen alle Tabus, sie lösen Ekel aus, zerstören das Menschenbild – und treffen damit offensichtlich den Nerv der Zeit. Schon sehr früh begann sie erfolgreich auszustellen. Ihren internationalen Durchbruch hatte sie 1982 mit der »Centerfold-Serie«, die ihr eine Einladung ins Stedelijk Museum, Amsterdam, und zur Documenta 7 einbrachte. 1996 kaufte das Museum of Modern Art ihre erste Serie für den unglaublichen Preis von 1 Million Dollar.
Die Anerkennung machte Sherman stärker und noch provokativer, aber die zunehmende Berühmtheit brachte auch Spannungen in ihre 15jährige Ehe mit dem Video-Künstler Michel Auder. Erst nach der Scheidung (im Jahr 2000) begann sie, ihre Erfolge zu genießen.
Cindy Sherman – von »Art News« zu den zehn bedeutendsten amerikanischen KünstlerInnen der Gegenwart gezählt – geht mit ihrem Werk weit über die bis dahin vorstellbaren Möglichkeiten der Fotografie hinaus. Für eine große Zahl junger KünstlerInnen ist sie damit richtungweisend geworden.
(Text von 2003)
Verfasserin: Renate Rochner
Zitate
Als ich in der Schule war, hat mich diese Attitüde, Kunst für so furchtbar religiös oder heilig zu halten, immer mehr genervt, und ich nahm mir vor, etwas zu machen, zu dem die Leute einen Bezug herstellen konnten, ohne vorher ein Buch darüber gelesen zu haben. Etwas, das jedem x-Beliebigen gefällt, auch wenn er es nicht ganz verstehen würde; er hätte trotzdem noch etwas davon. Und so kam ich auf die Kultur, ich wollte sie imitieren, mich auch lustig machen über sie, wie ich es dann ja getan habe.
(Cindy Sherman)
Links
Cindy Sherman - Photographer, Model, Director, Actor, Avant-Garde Images, Doll Parts and Prosthetics, Movies. Offizielle Webseite.
Online verfügbar unter http://www.cindysherman.com/, zuletzt geprüft am 12.01.2024.
Artinfo24.com: Cindy Sherman. Lebenslauf, News, Händler/Galerien, Ausstellungen/Auktionen.
Online verfügbar unter http://www.artinfo24.com/kuenstler/Cindy_Sherman.html, zuletzt geprüft am 12.01.2024.
Internet Movie Database: Cindy Sherman. Filme.
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Online verfügbar unter http://d-nb.info/gnd/118613812, zuletzt geprüft am 12.01.2024.
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Online verfügbar unter http://www.masters-of-photography.com/S/sherman/sherman_articles.html, zuletzt geprüft am 12.01.2024.
MoMA: Cindy Sherman.
Online verfügbar unter http://www.moma.org/visit/calendar/exhibitions/1170, zuletzt geprüft am 12.01.2024.
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Online verfügbar unter http://www.moma.org/interactives/exhibitions/1997/sherman/, zuletzt geprüft am 12.01.2024.
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Online verfügbar unter https://photography-now.com/artist/cindy-sherman, zuletzt geprüft am 12.01.2024.
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Online verfügbar unter http://www.tate.org.uk/art/artists/cindy-sherman-1938, zuletzt geprüft am 12.01.2024.
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Literatur & Quellen
Leben und Werk
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