(Charlotte Saunders Cushman)
geboren am 23. Juli 1816 in Boston
gestorben am 18. Februar 1876 in Boston
US-amerikanische Schauspielerin, Sängerin und Mäzenin
205. Geburtstag am 23. Juli 2021
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Charlotte Cushman, die bedeutendste amerikanische Schauspielerin des 19. Jahrhunderts, trat gern in Männerollen, z.B. als Romeo oder Hamlet auf, liebte Frauen und förderte andere Künstlerinnen, wo sie nur konnte, u.a. die Bildhauerinnen Harriet Hosmer (1830-1908), Edmonia Lewis (1845-nach 1908) und Emma Stebbins (1815-82). Stebbins war ihre langjährige Lebensgefährtin und schrieb später eine Biographie, aus der jegliche Spur von Frauenliebe rigoros getilgt war.
Cushman hatte schon mit 36 Jahren so viel verdient, dass sie sich komfortabel aus dem Berufsleben zurückziehen konnte. Ihre Berufung scheint ihr also nicht so wichtig gewesen zu sein, wie sie vorgab, wenn sie gefragt wurde, warum sie nicht geheiratet habe. Ihre Antwort darauf: Gott habe ihr ein Talent und damit einen klaren Hinweis gegeben, was ihre Aufgabe im Leben sei.
Im vorigen Jahrhundert galten Schauspielerinnen per definitionem als sittlich fragwürdig, denn eine richtige Frau hatte verheiratet, häuslich, demütig und möglichst kinderreich zu sein. An Cushmans Lebenswandel wurde nun ironischerweise das Fehlen von “Männergeschichten” als Zeichen ihrer unerschütterlichen Tugendhaftigkeit hervorgehoben – und das bis 1971! In dem Standardwerk Notable American Women (1971) heißt es noch “diskret”: “Ihr Ruf verdankte sich auch ihrem untadeligen Privatleben. ... Eine kurze Verlobung in der Jugend und eine noch kürzere Liebesaffäre 1836 – damit ist ihr Liebesleben bereits erschöpft.”
Wie sich die Zeiten geändert haben! Heute ist Cushmans Biographie gerade wegen ihrer zahlreichen und intensiven Frauenbeziehungen ein beliebtes und ergiebiges Forschungsobjekt für Queer Studies und historische Lesbenforschung.
Die junge Charlotte Cushman wurde nach privater Gesangsausbildung zunächst Sängerin und debütierte 1835 mit großem Erfolg in Boston als Gräfin im “Figaro”. Wegen Stimmproblemen wechselte sie das Fach, wurde Schauspielerin und trat in New Orleans, New York, Albany und Philadelphia auf. Die wirklichen Weihen der Schauspielkunst wurden aber damals in England verliehen. Also schiffte sich Cushman – sie war schon immer ehrgeizig und zielstrebig gewesen – 1844 fast mittellos nach Liverpool ein. Ihr erster Auftritt in London war ein triumphaler Erfolg – durch ihre ungeheure Ausstrahlung, Intensität und Leidenschaftlichkeit versetzte sie Publikum und Kritik förmlich in Raserei.
Nach rauschenden Erfolgen sowohl in England als auch in den Vereinigten Staaten zog sich Cushman 1852 von der Bühne zurück, führte ein großes Haus in London und unterhielt eine Winterresidenz in Rom, in der sich viele KünstlerInnen trafen.
In dem Bemühen, Frauennetzwerke zu schaffen, machte Charlotte, die gern im Mittelpunkt stand, ihre Freundinnen, Fans und Geliebten miteinander bekannt. Ihr Leben lang hatte sie meistens eine Primärbeziehung mit einer ebenbürtigen Partnerin und ließ sich gleichzeitig mit einer viel jüngeren Anbeterin ein.
1869 erkrankte Cushman an Krebs und kehrte in ihre Heimat zurück. Sie trat, um sich von den Schmerzen abzulenken, noch des öfteren mit großem Erfolg auf und starb, bis zuletzt betreut von Emma Stebbins, 1876 mit 59 Jahren in Boston.
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
Wenn sie mich als Lady Macbeth zum Mord drängte, hätte ich am liebsten geschrien: “Warum bringst DU ihn nicht um? Du bist viel größer als ich! Edwin Booth
Miss Cushman besaß in bemerkenswertem Ausmaß die Macht, Frauen anzuziehen. Sie liebten sie mit äußerster Hingabe, und sie erwiderte dies mit dem Reichtum ihres großen, warmen Herzens. Nachruf auf Charlotte Cushman im “Boston Advertiser”, 19.2.1876
Links
http://carlacushman.blogspot.com/
Literatur & Quellen
Leach, Joseph. 1970. Bright Particular Star: The Life and Times of Charlotte Cushman. New Haven, CN. Yale UP.
Markus, Julia. 2000. Across an Untried Sea: Discovering Lives Hidden in the Shadows of Convention and Time. New York. Knopf.
Merrill, Lisa. 1999. When Romeo Was a Woman: Charlotte Cushman and her Circle of Female Spectators. Ann Arbor, MI. University of Michigan Press.
Schanke, Robert A. & Kim Marra. 1998. Passing performances: Queer Readings of Leading Players in American Theater History. Vorwort Jill Dolan. Ann Arbor. University of Michigan Press.
Young, William C. 1975. Famous Actors and Actresses on the American Stage. New York & London. Bowker.
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