geboren am 27. März 1875 in Annecy in den Savoyen
gestorben am 4. Mai 1962 in Cambridge, England
französisch-deutsche Hirnforscherin und Nervenärztin
60. Todestag am 4. Mai 2022
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
30 Gehirne waren die Aussteuer, die Cécile Mugnier im Frühjahr 1899 in ihre Ehe mit dem deutschen Nervenarzt Oskar Vogt und ihre gemeinsame, lebenslang andauernde wissenschaftliche Arbeit einbrachte. Selbstverständlich hatte sie - wie es sich bei einer Aussteuer gehört - selbst an der Präparation mitgewirkt.
Cécile, die mit 18 Jahren ihr Medizinstudium in Paris begonnen hatte, schlug den Weg zur Forschung bei Pierre Marie, einem der führenden Neurologen seiner Zeit, ein und legte im Winter 1898/99 als eine von wenigen Frauen ihr medizinisches Staatsexamen ab. Im selben Jahr lernte sie Oskar in Paris kennen. Cécile folgt ihm kurz darauf nach Berlin, wo die Reihe ihrer gemeinsamen Institute und Forschungstätigkeiten beginnt.
Die Ehe mit einem Wissenschaftler und die Arbeit in außeruniversitären, zumeist privatwirtschaftlich organisierten Instituten bot Cécile die Möglichkeit, ungehindert forschen und publizieren zu können. Oskar wiederum profitierte von ihrer hochqualifizierten, unbezahlten Arbeitskraft und ihren engen Kontakten zu bedeutenden Pariser Neurologen. Internationale Wissenschaftler-Ehen wie diese waren um die Jahrhundertwende nicht selten. Durch ihre nervenärztliche Praxis konnte das Ehepaar seine Institute zu einem Großteil finanzieren, ebenso durch die großzügige Unterstützung des nervenkranken Großindustriellen Friedrich A. Krupp, den Oskar behandelte.
Céciles Leidenschaft galt jedoch der genetisch orientierten, gehirnanatomischen Forschung. Die serielle Herstellung von Hirnpräparaten - ob komplett präpariert oder in paraffingestärkte Scheiben geschnitten - wurde von ihr systematisch aufgebaut. Sie selbst hatte Präparatorinnen für diese (Frauen)Arbeit, die absolute manuelle Geschicklichkeit und Sorgfalt erforderte, ausgebildet. Die ab 1901 im Berliner Neurobiologischen Institut und bis 1959/60 im Neustädter Institut kontinuierlich hergestellten Schnittserien durch menschliche und tierische Gehirne bilden bis heute weltweit die größte Sammlung dieser Art. Und obwohl Cécile zwei Töchter gebar, forschte sie auch danach - enlastet durch Kindermädchen und Hausangestellte - mit gleicher Intensität weiter.
Höchste wissenschaftliche Anerkennung, aber auch öffentliche und politische Konflikte prägten das Leben des Forscherpaares, das zu den bedeutendsten in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts zählt. Beide »legten wesentliche Grundlagen zum heutigen Verständnis des neuroanatomischen Baues des Großhirns des Menschens und der Säugetiere« (Satzinger). Cécile, die bis zu ihrem 84. Lebensjahr arbeitete, zog nach dem Tod Oskars zu ihrer Tochter Marthe nach Cambridge, wo sie am 4. Mai 1962 starb.
Verfasserin: Sibylle Dörr
Zitate
»Nun, was meinen Sie, wo ist da die unsterbliche Seele?« (Cécile Vogt bei einer Institutsführung durch »ihre« Sammlung präparierter Gehirne) Cécile kannte jeden Schnitt, wußte über jeden Fall Bescheid. Die Gehirne vieler Freunde, wie das von Oskars Mentor Ferdinand Tönnies, waren darunter.
Literatur & Quellen
Grell, Ursula. 1998. Cécile and Oskar Vogt Institute for Brain Research and the Cécile and Oskar Vogt-Archives, Heinrich Heine Univiersity. Düsseldorf. Germany (aus dem Internet nach den Keywords »Science, History, Brain research« gefunden)
Satzinger, Helga. 1998. Die Geschichte der genetisch orientierten Hinrforschung von Cécile und Oskar Vogt in der Zeit von 1895 bis ca. 1927. Stuttgart. Deutscher Apotheker Verlag (Braunschweiger Veröffentlichungen zur Geschichte der Naturwissenschaften. Bd. 41)
Spengler, Tilman. 1991. Lenins Hirn. Reinbek bei Hamburg. Rowohlt Verlag.
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