Biographien Caroline von Humboldt
(Carolina Friederica von Humboldt, geb. von Dacheröden)
geboren am 23. Februar 1766 in Minden, Westfalen
gestorben am 7. März 1829 in Berlin
deutsche Literatin, Kunstfreundin, Mäzenin und Salonière, Frau und Gefährtin Wilhelm von Humboldts
195. Todestag am 7. März 2024
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Caroline kommt aus einer – in ihrer Kindheit noch wohlhabenden – thüringischen Adelsfamilie. Sie wächst auf den Gütern des Vaters in Auleben und Burgörner und in Erfurt in einem prächtigen, mehrstöckigen Palais auf. Sie ist 8 Jahre, als ihre Mutter stirbt, und wird von einer Gouvernante mehr bewacht als erzogen, profitiert jedoch von dem Hauslehrer Rudolf Zacharias Becker, einem modernen Pädagogen, dem sie, wie sie in einem Brief an den Bräutigam Wilhelm formuliert, „alles verdankt“. Die Anregungen zu selbständigem Denken und Fühlen hat sie offenbar engagierter aufgenommen als der Bruder, für den der Hauslehrer ursprünglich engagiert worden war.
Auch Karl Theodor Freiherr von Dalberg, Statthalter von Erfurt, der für seine moderne Gesinnung bekannt war, hat sie gefördert und z.B. im Zeichnen unterrichtet. Ihr Vater war Präsident der Erfurter „Akademie gemeinnütziger Wissenschaft“, und er ließ die Tochter, seinen Augenstern, an seinem geselligen und geistigen Leben teilnehmen. Caroline habe sich, so Wilhelm, durch den Umgang mit den Freunden ihres Vaters an Selbständigkeit gewöhnt und „an männlichen Gegenständen“ gebildet. Schon als junges Mädchen fiel sie durch Klugheit auf. Die Dichterin und Schauspielerin Sophie Albrecht hat „Wißbegier und Männermut“ der 16-Jährigen besungen.
Caroline ist lange Zeit primär als Gattin Wilhelm von Humboldts wahrgenommen worden, der als Reformer, Universitätsgründer und Diplomat zu den Säulenheiligen der preußischen Geschichtsschreibung gehört. Außerdem aber war sie eine kluge, gebildete, tatkräftige Frau, deren Kenntnisse und gesellige Talente von ihren Zeitgenossen und auch von Zeitgenossinnen überall gerühmt wurden. Sie konnte sehen. Ihre Kunststudien haben Goethe so beeindruckt, daß er sie um Nachrichten über Kunstwerke und Künstler bat und ihre Bildbeschreibungen – allerdings anonym – drucken ließ. Sie übersetzte mit ihrem Mann altgriechische Texte, sprach Französisch, Italienisch und Spanisch, verfaßte selbst Gedichte und beriet ihren Mann auch in politischen Angelegenheiten (was manche Geschichtsschreiber „ihren schlechten Einfluß“ nannten). Durch sie wurde Wilhelm von Humboldt mit Schiller und Goethe bekannt - sie war eine Jugendfreundin der Schwestern Lengefeld (Caroline, spätere von Wolzogen, und Charlotte, spätere von Schiller), die Friedrich Schiller behütet, geliebt und in die Erfurter und Weimarer Gesellschaft eingeführt haben.
Ihr Ruf war lange Zeit idyllisch verfärbt durch Familienbiographien und Briefausgaben, in denen sie als treue und vorbildliche deutsche Ehefrau gezeichnet wurde. Dabei gehört es zu ihren interessantesten Eigenheiten, daß sie Wilhelm (1790!) wählt, weil er ihr Bedürfnis nach Freiheit und Individualität anerkennt:
vor Dir existiert mein Geist fast einzig in all der Freiheit, der er bedarf, um sich lebendig zu fühlen in seinen besten Kräften, es ist auch so gar nicht eine entfernte Ahndung in mir, daß ich an Deiner Seite nicht den mannigfaltigen Gestalten meines Herzens und Geistes leben dürfte. Dies letzte, ich gestehe es, gehörte immer ausschließend zu meinem Glück. Es ist mir nichts so interessant zur Beobachtung, nichts so heilig im Zusammenleben, als die Individualitäten eines jeden Charakters. Sie in einem so engen Verhältnis wie die Ehe respektiert zu sehen, war das einzige, was ich bei dem Mann suchte, dem ich meine Hand geben wollte – was ich bei keinem fand, der mir diese Verbindung antrug.
Caroline hat neben ihrem Wilhelm auch andere Männer geliebt und ihm dieselben Freiheiten zugestanden. Trotzdem oder deshalb hielt die Verbindung über 40 Jahre, es war über viele Jahre eine Fernehe. Die beiden waren – wie die (unvollständige) 7-bändige Briefausgabe belegt - immer im Dialog, und er hat stets betont, wieviel er ihr „in Ansichten, Richtungen, Bestrebungen verdankte“.
Sie hat acht Kinder geboren, von denen drei im Kindesalter starben; besonders tragisch war der Verlust des ältesten Sohns, der 9-jährig in Rom starb. Sie hat mit Kindern und Mann, aber auch allein, abenteuerliche Reisen – durch Spanien, in die Schweiz, über die Alpen – unternommen, zweimal hochschwanger; sie hat in Paris, Rom, Wien und Tegel ein offenes Haus geführt, in dem sich Künstler, Wissenschaftler und Politiker begegneten – die einen ihr, die andren eher Wilhelm zugetan.
Sie hat als Mäzenin gewirkt, mit großem Sachverstand Kunst gesammelt und in Rom – wo sie als Gattin des preußischen Gesandten von 1802 bis 1810 (die letzten beiden Jahre ohne ihren Mann, der in Königsberg und Berlin das preußische Unterrichtswesen reformierte) und nochmals von 1817-19 (während er in London Gesandter war) – Maler und Bildhauer wie Gottlieb Schick, Daniel Rauch, Bertel Thorvaldsen u.a., bei ihrem zweiten Aufenthalt auch die Nazarener (Johann Friedrich Overbeck, die Brüder Veit) gefördert. Sie war „wie eine Mutter für alle besseren Künstler, wo sie von einem Kunstwerk hörte, versäumte sie nie, es zu sehen. Befand sich der Schöpfer desselben in einer drückenden Lage, so vermittelte sie bei seinem Fürsten oder wo es sonst möglich war, den Verkauf seiner Arbeit oder die Erneuerung seines Stipendiums“ (Louise Seidler).
Von Jugend auf kränklich, eingeschränkt durch Brustleiden, Gicht und Rheuma, war sie offenbar sehr leidensfähig und geduldig, gewiß keine Rebellin. Sie hat sich - innerhalb der Konventionen, mit viel Gefühl und Verstand – große Freiräume erobert und war nicht die Frau neben ihm, sondern seine ebenbürtige Partnerin. Als sie am 26. März 1829 starb, war es für Wilhelm (so die Herausgeberin des Briefwechsels) „als sei mit dem Tode seiner Frau in dem Uhrwerk seines Körpers eine Feder gebrochen.“
Verfasserin: Hazel Rosenstrauch
Literatur & Quellen
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.