Biographien Caroline Schlegel-Schelling
(Dorothea Caroline Albertina Michaelis [Geburtsname]; Caroline Böhmer [1. Ehe])
geboren am 2. September 1763 in Göttingen
gestorben am 7. September 1809 in Maulbronn
deutsche Schriftstellerin
215. Todestag am 7. September 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Caroline wurde die bekannteste Frau der Romantik durch ihre zahlreichen Briefe. Diese zeigen ihre scharfe Beobachtungsgabe, ihren Blick für Komik sowie entlarvende Situationen. Die gesamte Korrespondenz ist ein Zeugnis ihrer persönlichen Entwicklung und Dokument der geistesgeschichtlichen Bewegung der Romantik.
Zu ihren BriefpartnerInnen und FreundInnen gehörten Humboldt, Goethe, Schiller, F. Schlegel, Dorothea Veit, Fichte, Novalis, Herder, Schleiermacher, ihre Schwester Lotte und Therese Heyne.
Der für sie bedeutendste Lebensabschnitt begann nach dem Tode ihres ersten Mannes während eines Aufenthaltes in Mainz, wohin die Französische Revolution 1792 übergriff. Sie lernte den deutschen Jakobiner G. Forster kennen. Beide setzen sich intensiv mit dem Gedankengut und den politischen Zielen der Revolution auseinander. 1793 wurde Caroline, da sie als Geliebte Forsters und Revolutionärin verleumdet wurde, für mehrere Monate festgenommen.
Um nach ihrer Freilassung gesellschaftlich wieder Fuß zu fassen, heiratete sie 1796 A. W. Schlegel. Die folgenden Jahre der Frühromantik sind untrennbar mit ihrem Namen verbunden. Ihr Haus wurde zum eigentlichen Mittelpunkt der deutschen Literaten. Mit ihrer Geradlinigkeit und Kritik prägte sie die Meinungen ihres Jenaer Freundeskreises. Sie arbeitete an der neu gegründeten Zeitschrift Athenäum, dem Forum der Romantiker, mit, schrieb Rezensionen, half Schlegel bei der Übersetzung Shakespeares und machte sich einen Namen mit ihren Arbeiten über Goethe.
1803 löste sich die Beziehung zu Schlegel, und sie heiratete, nach dem Tod ihrer einzigen Tochter aus erster Ehe, zum dritten Mal, den Philosophen F. W. Schelling, dessen Arbeiten sie bis zu ihrem Tod unterstützte.
Text aus dem Kalender »Berühmte Frauen 1993«
Verfasserin: Hildegard Sommer
Zitate
Ich würde, wenn ich ganz mein eigener Herr wäre und außerdem in einer anständigen und angenehmen Lage leben könnte, weit lieber gar nicht heiraten und auf andre Art der Welt zu nutzen suchen.
(Caroline Schlegel-Schelling)
Schlegel-Schelling, (Dorothea) Caroline (Albertina), * 2.9.1763 Göttingen, † 7.9.1809 Maulbronn; Grabstätte: ebd., an der Klosterkirche. – Mitarbeiterin der Brüder Schlegel.
Schon im Hause ihres Vaters, des Göttinger Orientalisten Johann David Michaelis, fiel die junge Caroline durch außergewöhnl. Begabung, liebenswürdiges Wesen, Bildung u. Belesenheit auf. Nachdem sie 1784 den Arzt Johann Franz Wilhelm Böhmer, einen Jugendfreund, geheiratet hatte u. zu ihm nach Clausthal gezogen war, vermißte sie in der abgeschiedenen Berggegend die Anregungen der Göttinger Universitätsgesellschaft schmerzlich. 1788 starb Böhmer, u. Caroline kehrte nach Göttingen zurück, wo sie freundschaftl. Umgang mit Bürger u. August Wilhelm Schlegel pflegte. Nach mehreren Aufenthalten in Marburg u. Göttingen zog sie 1792 mit der 1785 geborenen Tochter Auguste (zwei Kinder waren gestorben) nach Mainz zu ihrer Freundin Therese Forster (vgl. Therese Huber). Als die Stadt im Okt. 1792 durch die frz. Rheinarmee eingenommen worden war u. die republikan. Ideen auch diesseits des Rheins Begeisterung auslösten, schloß sich Caroline, bestärkt durch Georg Forster, der neuen Bewegung an u. trat mit ihm der »Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit« bei. Auch persönlich kam sie Forster näher, nachdem Therese ihn verlassen hatte. Eine Schwangerschaft, Ergebnis der flüchtigen Verbindung mit einem frz. Offizier, konnte sie zwar verborgen halten, sie machte sich aber durch ihre Sympathie mit den Franzosen, ihren Umgang mit Forster u. dadurch verdächtig, daß ihr Schwager Georg Wilhelm Böhmer General Custine als Sekretär diente. Anfang April 1793 wurde sie von den dt. Truppen vor Mainz gefangengenommen u. in Kronberg/Taunus für Monate unter Arrest gestellt. In Lucka bei Leipzig brachte sie im Nov. 1793 einen Sohn zur Welt, der jedoch schon nach 17 Monaten starb. Mittlerweile mit Friedrich Schlegel befreundet u. von ihm begehrt, zog sie sich zuerst nach Gotha zu Friedrich Wilhelm Gotter u. seiner Frau, einer Freundin von ihr, zurück u. wurde anschließend aufgrund ihrer frankophilen Gesinnung erst aus Göttingen u. dann aus Dresden ausgewiesen. In Braunschweig schließlich, wo ihre mittlerweile verwitwete Mutter lebte, traf sie mit August Wilhelm Schlegel zusammen u. heiratete ihn 1796.
Die folgenden Jahre verbrachte sie in Jena mit Schlegel, der 1798 zum a. o. Professor ernannt wurde u. Intellektuelle u. befreundete Literaten ins Haus zog. Diese Zeit war von einer bes. produktiven geistigen Zusammenarbeit beider geprägt. Auch wenn sie kein eigenes schriftstellerisches Werk verfaßte, nahm Caroline liebevoll an Schlegels philolog. Studien Anteil, arbeitete an seinen Aufsätzen u. Rezensionen mit, exzerpierte für ihn u. schrieb mit ihm gemeinsam Essays u. Abhandlungen. In solcher Symbiose entstanden der unter Schlegels Namen veröffentlichte Aufsatz Über Shakespeares Romeo und Julia (in den »Horen«, 1797), das Gespräch über Die Gemälde (im »Athenaeum«, 1799), die Rezensionen zu Schauspielen u. Romanen Ifflands, Joachim Schulz', u. Lafontaines. Entscheidend war ihr Anteil an Schlegels Shakespeare Übersetzungen. Aber auch eigene Rezensionen von Romanen u. Dramen entstanden für die Jenaische »Allgemeine Literatur-Zeitung« u. das »Athenaeum«. Diese glückl. Zeit war jedoch nicht von langer Dauer. Der Tod ihrer begabten Tochter Auguste (1800) traf Caroline hart. Zudem war sie durch Krankheiten geschwächt u. mußte erfahren, daß ihr Mann, seit 1801 in Berlin, sich ihr mehr u. mehr entfremdete. Die Scheidung (1803) bei weiter bestehender Freundschaft u. geistiger Harmonie wirkte auf Caroline als Befreiung aus unhaltbar gewordenen Bindungen, auch deshalb, weil sie nach dem Tod ihrer Tochter eine innige Neigung zu dem Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling entwickelt hatte, der, erst 23jährig, Ende 1798 als a. o. Professor nach Jena gekommen war u. als künftiger Verlobter Augustes gegolten hatte. Das gemeinsame Leid durch ihren frühen Tod führte Schelling mit Caroline zusammen, gerade auch weil sie sich nicht nur von Schlegel entfremdet, sondern sich auch mit dessen Bruder Friedrich u. Dorothea Veit (vgl. Dorothea Schlegel) überworfen hatte. Nach der Heirat im Juni 1803 zogen sie nach Würzburg, wohin Schelling zum Professor berufen worden war, u. ein Jahr später nach München, wo er Mitgl. der Akademie u. 1808 Generalsekretär der Akademie der bildenden Künste wurde. Auf einer Reise nach Maulbronn 1809 starb Caroline ganz plötzlich an einem epidem. Nervenfieber mit Ruhr.
Von ihren vielfältigen Ideen, Begabungen u. Talenten zeugen heute noch ihre Briefe. Oft tagebuchartig, sind sie Dokument eines außerordentl. Frauenlebens in der Romantik. Politische wie ästhetische Begebenheiten der Zeit (Mainz, Jena) finden in den Briefen ein souveränes Urteil; privates Unglück (Clausthal, Göttingen, Marburg) wird selbstanalytisch, privates Glück (Liebesbriefe an Schelling) mit unverstellter Leidenschaft vorgetragen. Carolines Anteil an Schlegels Werk ist bedeutend, auch wenn er faktisch schwer zu fassen bleibt. Mehrfach reizten ihr Leben u. Schicksal zu romanhafter Behandlung. Durch die neue Frauenbewegung rückte Caroline mit anderen Romantikerinnen wieder stärker in den Mittelpunkt des Interesses.
(Günter Häntzschel, in: Killy, Walther (Hg.) (1991): Literaturlexikon. Band 10 – Autoren und Werke von A bis Z. Ros – Sel. Gütersloh: Bertelsmann Lexikon Verlag. ISBN 3-570-04680-X. S. 267-269.)
Links
Caroline-Schlegel-Preis.
Online verfügbar unter https://www.romantikerhaus-jena.de/de/unser_haus/caroline-schlegel-preis/caroline-schlegel-preis/678521, zuletzt geprüft am 10.08.2023.
Google Bücher: Caroline Schlegel-Schelling.
Online verfügbar unter http://books.google.de/books?q=Caroline+Schlegel-Schelling, zuletzt geprüft am 10.08.2023.
Kaminski, Katharina (2007): Caroline Schlegel-Schelling – ein Leben zwischen Aufklärung und Romantik. In: Bedeutende Frauen des 18. Jahrhunderts. Elf biographische Essays. Herausgegeben von Elke Pilz, S. 49-62.
Online verfügbar unter http://books.google.de/books?id=vn5VqL8XYfAC&pg=PA49, zuletzt geprüft am 10.08.2023.
Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Schelling, Caroline von, 1763-1809. Bücher und Medien.
Online verfügbar unter http://d-nb.info/gnd/118607049, zuletzt geprüft am 10.08.2023.
Muncker, Franz (1890): Schelling, Caroline von. In: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayrischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 3 ff.
Online verfügbar unter http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Schelling,_Caroline_von, zuletzt geprüft am 10.08.2023.
Schelling, Caroline von (2006): Briefe. Onlinefassungen im Projekt Gutenberg.
Online verfügbar unter https://www.projekt-gutenberg.org/schellic/briefe/chap001.html, zuletzt geprüft am 10.08.2023.
Sichtermann, Barbara (2009): Die Frau, die einzig war. In: Die Zeit, 20.08.2009 Nr. 35.
Online verfügbar unter http://www.zeit.de/2009/35/A-Caroline?page=all, zuletzt geprüft am 10.08.2023.
Literatur & Quellen
Quellen
Damm, Sigrid (Hg.) (1980): »Lieber Freund, ich komme weit her schon an diesem frühen Morgen«. Caroline Schlegel-Schelling in ihren Briefen. Darmstadt, Neuwied. Luchterhand. (Sammlung Luchterhand, 303) ISBN 3-472-61303-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Friedrichsmeyer, Sara (1992): Caroline Schlegel-Schelling. A Good Woman, and No Heroine. In: Goodman, Katherine; Waldstein, Edith (Hg.): In the shadow of Olympus. German women writers around 1800. Albany. State University of New York Press (SUNY series in feminist criticism and theory). ISBN 0-7914-0743-8. S. 115–137. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Kleßmann, Eckart (1979): Caroline. Das Leben der Caroline Michaelis-Böhmer-Schlegel-Schelling. München. Deutscher Taschenbuch-Verlag. (dtv, 1474 : dtv-List : Biographie) ISBN 3-423-01474-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Weiterführende Literatur
Damm, Sigrid (2009): Caroline Schlegel-Schelling. Ein Lebensbild. Hörbuch. 3 Audio-CDs. Sprecherinnen: Sigrid Damm und Gabriela Jaskulla. Regie: Gabriela von Sallwitz Hamburg. Hoffmann und Campe. ISBN 978-3-455-30660-6. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Damm, Sigrid (2009): Caroline Schlegel-Schelling. Ein Lebensbild in Briefen. Frankfurt am Main, Leipzig. Insel. (Insel-Taschenbuch, 3420) ISBN 978-3-458-35120-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Horn, Gisela (Hg.) (1996): Romantische Frauen. Caroline Michaelis-Böhmer-Schlegel-Schelling, Dorothea Mendelssohn-Veit-Schlegel, Sophie Schubart-Mereau-Brentano. Rudolstadt. Hain. (Edition Palmbaum) ISBN 3-930215-18-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Kleßmann, Eckart (2009): »Ich war kühn, aber nicht frevelhaft«. Das Leben der Caroline Schlegel-Schelling. Berlin. List. (List-Taschenbuch, 60838) ISBN 978-3-548-60838-9. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Meyer, Franziska (1999): Avantgarde im Hinterland. Caroline Schlegel-Schelling in der DDR-Literatur. New York. Lang. (German life and civilization, 25) ISBN 0-8204-3924-X. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Plättner, Petra (1993): Das Grab der Caroline Schelling in Maulbronn. Marbach am Neckar. Deutsche Schillergesellschaft. (Spuren, 21) ISBN 3-928882-12-0. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Roßbeck, Brigitte (2009): Zum Trotz glücklich. Caroline Schlegel-Schelling. Biographie. München. Pantheon. ISBN 978-3-570-55085-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Schelling, Caroline von (Hg.) (2005): Die Kunst zu leben. Herausgegeben und mit einem Essay von Sigrid Damm Frankfurt am Main, Leipzig. Insel. (Insel-Taschenbuch, 3160) ISBN 3-458-34860-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Segebrecht, Wulf (Hg.) (2000): Romantische Liebe und romantischer Tod. Über den Bamberger Aufenthalt von Caroline Schlegel, Auguste Böhmer, August Wilhelm Schlegel und Friedrich Wilhelm Schelling im Jahre 1800. Bamberg. Universität. (Fußnoten zur Literatur, 48) ISBN 3-935167-03-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Struzyk, Brigitte (2002): Caroline unterm Freiheitsbaum. Roman. Berlin. Aufbau-Taschenbuch-Verlag. (Aufbau-Taschenbücher, 1813) ISBN 3-7466-1813-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
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