Commons.Wikimedia.org
geboren am 30. November 1873 in Nový Jičín, Mähren
gestorben am 8. April 1936 in Prag
tschechische Schriftstellerin
150. Geburtstag am 30. November 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Als Božena Benešová 1910 ihren ersten Erzählband veröffentlicht, ist sie bereits 37 Jahre alt. Weit liegen ihre ersten Schreibversuche zurück, die sie – zweites von elf Kindern – zurückgezogen in einer Abstellkammer des elterlichen Hauses vornimmt. Hier baut sie sich eine eigene Welt auf, unverstanden und in ihrem Wissensdrang von den Eltern nicht unterstützt, die ihre vielseitigen Begabungen als Unglück und Hindernis auf dem vorgezeichneten Weg zur Ehefrau und Mutter ansehen.
Von der Heirat (1893) erhofft sie sich etwas anderes: die Flucht aus dem heimatlichen Kleinstadtmilieu und Verwirklichung der Träume. Doch statt der Kontakte zur Prager Kulturszene eröffnet sich der triste Ehealltag mit einem Bahnbeamten, der Hingabe an die Familie verlangt. Von diesen Forderungen zieht sie sich wie zuvor in ihre literarische Welt zurück; Versuche zu publizieren bleiben jedoch ohne Erfolg.
Eine Wende führt erst die Begegnung mit Ružená Svobodovà herbei, einer aktiven Feministin und zentralen Figur der Prager KünstlerInnenszene. Svobodovà ermutigt sie zum Schreiben auch gegen familiären Widerstand und gibt ihr Möglichkeit zu journalistischer Tätigkeit. Zunächst redigiert Benešová die Beilage zur Frauenrevue, später schreibt sie Theaterkritiken und Literaturrezensionen. Wichtiger als die Arbeit für diverse Zeitschriften und die Tätigkeit der Übersetzerin ist ihr jedoch das eigene literarische Schaffen. Sie publiziert Gedichte und Erzählungen, deren Thematisierung von Schwierigkeiten insbesondere junger Frauen, die sich aus den beklemmenden Konventionen einer feindseligen Umwelt zu befreien suchen, autobiographische Züge trägt.
Die Zeit des Ersten Weltkriegs verarbeitet sie in einer mit dem tschechischen Staatspreis ausgezeichneten Romantrilogie. Die Erlebnisse dieser Jahre führen zu einer ästhetischen Umorientierung, die das Verhältnis von Kunst und Realität neu bestimmt. Benešová legt verstärkt ethische Maßstäbe an Kunst an und versucht nun, in ihrer Prosa positive Werte einer humanen Gesellschaft zu vermitteln.
Aufmerksam für alle Erscheinungen, die diesem Ideal entgegenwirken, erkennt sie frühzeitig die Gefahr des Nationalsozialismus in Deutschland und unterschreibt den ersten Aufruf der tschechischen SchriftstellerInnen gegen den Faschismus. Dessen unheilvolle Entwicklung erlebt sie nicht mehr: 1936 stirbt Benešová nach langer Krankheit, die sie aber nicht an intensiver Arbeit hindert – noch auf dem Sterbebett diktiert sie die letzten Szenen der später verfilmten Erzählung Don Pablo, Don Pedro und Vera Lukašová.
(Text von 1997)
Verfasserin: Susanne Strätling
Zitate
„Bó ist ein liebenswerter und ungewöhnlicher Mensch – eine überaus interessante Frau. Sie versteht es zu denken, und in ihrer tiefen und beständigen Einsamkeit hat sie alle Fragen der Gegenwart durchdacht. Sie spricht nicht viel, aber was sie sagt, ist (…) weder leicht noch leichtsinnig dahergeredet. (…) Sie ist so intelligent wie wenige und hat die Bildung eines Menschen, der mit vollem Bewusstsein mitten in der europäischen Kultur lebt und alles wirklich Wichtige und Wertvolle von ihr wahrgenommen hat.“
Ružená Svobodovà
Literatur & Quellen
Cesti spisovatelé 19. a pocatku 20 století. 1982. Prag. Ceskoslovensky spisovatel.
Kunc, Jaroslav. 1945. Slovnik soudobych ceskych spisovatelu 1918-1945. Prag. Orbis.
Lexikon ceské literatury. Osobnosti, díla, instituce. 1985. 5 Bände. Prag. Academia.
Pujmanová, Marie. 1935. Božena Benešová. Prag.
Moldanová, Dobrava. 1976. Božena Benešová. Prag. Melantrich.
Wilson, Katharina M. 1991. An Encyclopedia of Continental Women Writers. 2 Bde. New York: London. Garland.
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.