(Benita Otte [Geburtsname])
geboren am 23. Mai 1892 in Stuttgart
gestorben am 26. April 1976 in Bielefeld
deutsch-tschechische Textilkünstlerin
130. Geburtstag am 23. Mai 2022
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Erst hochgelobt, dann vergessen, schließlich fehlinterpretiert und, in jüngster Zeit, wegen zweier, lange unbekannter Teppiche mit NS-Insignien kontrovers diskutiert. – Die Rezeptionsgeschichte der Bauhaus-, Burg- und Bethel-Künstlerin Benita Koch-Otte spiegelt zwei wohlbekannte Desiderate: Zum einen ist die Erforschung der weiblichen Kunstschul-Hälfte über 80 Jahre nach Bauhaus-Schließung noch immer nicht abgeschlossen. Selbst zu exponierten Künstlerinnen wie Koch-Otte fehlt ein einschlägiges Werkverzeichnis. Zum anderen ist bei der Diskussion um Avantgarde-KünstlerInnen, die nach 1933 NS-dienliche Aufträge ausführten, eine tiefgreifende Revision verbreiteter Bauhaus-Mythen mehr als überfällig.
»Besessene des Webens«: Studentin in Weimar
Ostern 1920, mit 27 Jahren, schrieb sich Benita Koch-Otte* als Studentin am Bauhaus in Weimar ein; »unbegreiflich dumm« (zit. n. Schenk zu Schweinsberg, 2012, S. 43) nannte ihr Vater Rudolf Otte, ein promovierter Chemiker, diesen Schritt: Seine beständig nach neuen Inspirationsquellen dürstende, selbstkritische Tochter hatte bereits drei Examina bestanden – als Zeichenlehrerin in Düsseldorf, als Turnlehrerin in Frankfurt/Main und als Handarbeitslehrerin in Berlin. Und nun hängte sie zu seinem großbürgerlichen Entsetzen für ihr erneutes Studium in Weimar auch noch ihre Festanstellung als Lehrerin an der Städtischen Höheren Mädchenschule im rheinländischen Uerdingen an den Nagel.
Zwar zwang das genderpolitisch traditionsgetreue Bauhaus in jener Zeit nahezu jede Studentin nach bestandenem Vorkurs in die Weberei. Im Gegensatz zu mancher Kommilitonin genoss Koch-Otte die dortige Arbeit jedoch sichtlich: Für das »Tasten, Wägen, Wählen« (sofern nicht anders vermerkt, alle nachfolgende Zitate Koch-Ottes aus: Koch-Otte, 1972), das Experimentieren mit immer neuen Materialien und Motiven – »(i)ch machte zuerst Tiere, die es nicht gibt« – begeisterte sie sich noch Dekaden später. Gemeinsam mit Freundin [url=https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/gunta-stoelzl]Gunta Stölzl[/url] baute Koch-Otte die Bauhaus-Weberei und -Färberei maßgeblich auf, zunächst als Studentin, dann, ab 1923/24, als Gesellin. »Besessene des Webens« seien sie damals gewesen, notierte Stölzl. Wichtigster Bauhaus-Lehrer war Koch-Otte Paul Klee. »Ich danke ihm am meisten« (zit. n. Schenk zu Schweinsberg, 2012, S. 45). Sein Werk ergreife sie »wie ein Ton aus sehr großer Tiefe«.
»Textile Gebilde von großer Schönheit«: Frühe Arbeiten
Am Bauhaus legte Koch-Otte ein beachtliches Tausendsassatum an den Tag: Neben vielerlei, wie Meister Georg Muche formulierte, »textile(m) Gebilde von großer Schönheit«, u.a. ihr bekannter, multifunktional als Lern- und Spielfeld nutzbarer Kinderzimmerteppich für das Weimarer »Musterhaus am Horn« (1923) und der vielzitierte, riesenhafte 315 x 315 cm messende, rot-gelb-blau-violett-graue Smyrnateppich für Walter Gropius’ Direktorenzimmer, übte sie sich im Aquarellieren. Viele Blätter deuten auf ihre große Freude an der freimütigen Weiterentwicklung des De Stijl-Ideenkonvoluts: »Ich liebe so sehr (Piet, A.B.) Mondrian«, bestätigte sie, »(a)ber nicht wie ein Gesetz. An seiner Kargheit wird die Fülle reicher« (zit. n. Schenk zu Schweinsberg, 2012, S. 45). Daneben sorgte Koch-Otte 1923 mit einem hellgestrichenen, von der zeitgenössischen Kritik als bahnbrechend gefeierten Küchenentwurf für Schlagzeilen: Ebenfalls für das Bauhaus-Paradeprojekt jener Tage, das »Musterhaus am Horn«, konzipiert, erdachte sie das karg designte Schrankensemble gemeinsam mit Ernst Gebhardt und erklärte es, streng funktional gereiht und mit den neuesten technischen Errungenschaften bestückt, zum Kontrapost der üppig überladenen, bürgerlichen Wohnküche der vorletzten Jahrhundertwende.
»Mir ist manchmal ganz wirr«: Weberei-Leiterin an der Burg Giebichenstein
Im Oktober 1925, das Bauhaus war inzwischen von Weimar nach Dessau gezogen, übernahm Benita Koch-Otte in Halle/Saale die Leitung der Handweberei der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein. Vor Ort war sie keinesfalls der/die einzige BauhäuslerIn: Zuvor hatte es bereits den späteren Burg-Leiter Gerhard Marcks an die gemäßigter moderne, reichsweit hofierte Schule gezogen. Im November folgte u.a. die Keramikkünstlerin [url=https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/marguerite-friedlaender-wildenhain]Marguerite Friedlaender-Wildenhain[/url], die sich gemeinsam mit Marcks inzwischen vom Bauhaus distanziert hatte und dessen geplante intensivierte Verschwisterung mit der Industrie als einseitig, kunst- und handwerksfeindlich verunglimpfte.
Seit Gerhard Marcks Benita Koch-Otte 1971/72 in ihrem ersten Ausstellungskatalog fälschlicherweise in einem Atemzug mit jenen avantgardeskeptischen Ex-BauhäuslerInnen nannte, wird sie, künstlerisch unzutreffend, oft ähnlich schubladisiert. Doch verschlug es Koch-Otte nicht wegen kunsttheoretischer Differenzen nach Halle, sondern wegen des verlockenden Angebots zur Übernahme einer Leitungsposition. Im Kontrast zu Friedlaender-Wildenhain empfand Koch-Otte die Burg zu keiner Zeit als »Besserung der Idee des Bauhauses«. Im Gegenteil: Bis zur letzten Unterrichtsstunde war Koch-Otte mit vielen Burg-Idealen und -KollegInnen semizufrieden, rieb sich an der dortigen »Bürgerlichkeit«. 1926 schrieb sie beispielsweise: »Mir ist manchmal ganz wirr, dass ich nicht weiß, wo ich bin, wenn ich mir meinen Haller Kitsch ansehe« (zit. n. Stölzl, 1997, S. 38). Essentielle künstlerische Unterschiede bestätigte nicht zuletzt Friedlaender-Wildenhain: »Benita Otte in ihrer Weberei und ich in meiner Töpferei waren vielleicht ganz verschiedener Meinung, aber was tat das? Wir haben alle das Recht zu unserer Idee der Kunst«.
»Das Knüpfen wurde meine besondere Freude«: Künstlerische Schwerpunkte in Halle
»Es war schön, in der Burg zu arbeiten« resümierte Koch-Otte als 80-Jährige dennoch versöhnlich. Anders als ihre Vorgängerin Hanne Schütz-Wolff, die mit monumentalen figuralen Wandteppichen für Furore sorgte, waren gegenständliche Motive seit Koch-Otte passé. Im Grunde schloss sie an ihre Bauhaus-Schwerpunkte an, führte die Lehrlinge mit eigens erstelltem Ausbildungskonzept bis zur GesellInnen-Prüfung, prägte Neue Stoffe fürs Neue Wohnen, Möbelstoffe, einfarbig und gemustert, Vorhänge, blickdicht und transparent, Wolldecken, kleinkariert und gestreift, Spannstoffe, glatt und rau, kurzum: »Raumstoffe«, wie die Kunstwelt jene Gewebe damals nannte. Neben den tradierten Standards ließ Koch-Otte ihre Studierenden, wiederum ganz Bauhaus, ungewöhnliche Materialen verwerten: Holzspäne, Cellophan, Gras, Metallabfälle, Federn, Rinden, ergänzt durch neuartige Errungenschaften der Chemieindustrie.
Am Entwurfsprozess der Gebrauchstextilien wurden die SchülerInnen ausgiebig beteiligt. Ihre geliebten geometrisierenden Knüpfteppiche aber fertigte Koch-Otte im Alleingang. »Das Knüpfen wurde meine besondere Freude«, erklärte sie. Zweimal im Jahr präsentierte die Handweberei ihre stilistisch wie funktional als betont innovativ vermarkteten Kreationen auf der Leipziger Messe. »Der neue Raum fordert Stoffe nach neuen Gesichtspunkten«, hieß es in einem Werbeprospekt von 1930/31. Ein altes Moderne-Vorurteil widerlegend, fokussierte sich Koch-Otte dabei auf edle Einzelstücke und verweigerte sich einer massenproduktionsdienlichen Allianz mit der Industrie, während interessanterweise ausgerechnet ihre – stilistisch – weit traditionsbetontere Kollegin Friedlaender-Wildenhain den Kontakt zur Industrie inständig suchte. Zumindest anfangs.
»Beide sind wir vogelfrei«: Prag
»Das muss nun anders werden, wir wollen hier wieder mit dem Handwerk anfangen« hätten ihr, so Koch-Otte 1972, bald nach Hitlers Kanzlerschaft zwei, die Weberei inspizierende SA-Männer kundgetan. Kurz danach erhielten mehrere Burg-LehrerInnen ein Kündigungsschreiben. Unter ihnen: Benita Koch-Otte, wie einige Monate zuvor auch schon ihr Mann, der Innenarchitekt und Fotograf Heinrich Koch. Seit Bauhaustagen kannte sie ihn, nannte ihn schlicht »den Koch«, sich selbst »die Otte«. 1927 folgte »der Koch« ihr an die Burg, 1929 heirateten sie. Generationsatypisch zog Koch-Otte einen vermählungsinduzierten Berufsverzicht nicht in Betracht: »Ich will nicht in einer Ehe aufgehen u. nach meinem Mann gerichtet und gewertet werden« (zit. n. Below, 2012, S. 75), kündigte sie 1926 an.
1933, unter den Vorzeichen der NSDAP, änderte sich die Situation schlagartig: Als »Doppelverdienerin« und »Ausländerin« (seit der Hochzeit besaß sie Kochs tschechoslowakische Staatsbürgerschaft) grübelte sie: »Beide sind wir vogelfrei, ob wir nochmal in Deutschland Arbeit finden, ist bedeutend fraglich« (zit. n. Below, 2013, S. 92). Die Burg-Kündigung kam ihr zwar nicht ungelegen – es sei ihr dort »zu viel gegen den Strich gegangen« (1933, zit. n. Schenk zu Schweinsberg, 2012, S. 47). Eine Alternative aber war nicht in Sicht. – Auch nicht in Prag, wohin sie 1933 mit ihrem Mann ging, um ihm, angesichts der desolaten Stellensituation, überbrückungsweise beim Aufbau eines Bilddokumentationszentrums nach Vorbild von »Foto Marburg« zu assistieren.
»Zwei ganz verschiedene Leben«: Bethel
Am 1. September 1934, nach Heinrich Kochs frühem Unfalltod, übernahm Benita Koch-Otte, inzwischen 42-jährig, in Bethel bei Bielefeld eine Stelle als wirtschaftliche und künstlerische Beraterin der Webereischule der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel (heute: von Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel). Der erste Schritt zu »zwei ganz verschiedenen Leben« (zit. n. Below, 2012, S. 69), wie sie es nannte, war getan: Die Webereischule existierte seit 1913 und hielt – integrativ ausgelegt – auch Arbeitsplätze für Menschen mit körperlichen und geistigen Handicaps sowie chronischen Erkrankungen parat.
Koch zögerte eingangs, die Stelle anzunehmen – »für unsereins wieder kompliziert durch zu viel Christentum (ohne das es vielleicht nicht möglich ist)« (zit. n. Below, 2013, S. 92). Andererseits imponierte ihr Julia von Bodelschwingh, gelernte Malerin und Gründerin der Weberei – »zwei Liebhaber für die gleiche Sache« seien sie. Bis Koch-Otte beteuerte, »unendlich gern« in Bethel zu sein, weil sie dort »eine schöne große Arbeit, eine Werkstatt mit mehr als 100 Menschen, von denen fast ¾ Pfleglinge sind – Kranke – dazu viele gesunde Lehrlinge und einen sehr nahen Kreis von Mitarbeitern« (1947, zit. n. Below, 2012, S. 35) habe, verstrichen gleichwohl zähe Phasen des Haderns. In der Weberei sei zwar vieles großartig, aber auch »unendlich vieles scheußlich«. Man müsse hierzu »langsam einen Zugang« suchen, »um es besser zu machen«, notierte sie noch zwei Jahre nach Stellenantritt (zit. n. Degen, 2014, S. 185). Obendrein sei Westfalen »ein Land für sich ... so was von Konservativem ist für unsere armen Köpfe unvorstellbar« (ebd.).
Aber: Der Gemeinschaftssinn in Bethel, der sie an das Bauhaus erinnerte, reizte sie. Es gehe »nicht um Geld oder Ehrgeiz«, sondern »um das Ausloten des stabilen Punktes in der ganzen unendlichen Labilität des Lebens« (ebd.). Nicht »Geschäft – nicht Selbstzweck – nicht ›Kunst‹« (zit. n. Below, 2014, S. 93) stünden im Zentrum, sondern der Mensch. Zusehends beeindruckt von Julia von Bodelschwingh und deren Pastoren-Gemahl Fritz, näherte sie sich zaghaft manch protestantischem Leitbild und lud sich bis zu ihrer Pensionierung 1957 eine ganze Palette divergierender Aufgaben auf: Neben der künstlerischen Produktentwicklung initiierte sie eine – höherer wirtschaftlicher Rentabilität zuträgliche – betriebliche Umstrukturierung. Sie übernahm Werbung und Verkauf. Daneben hatte sie ein Höchstmaß pädagogischen Feingefühls zu entwickeln; galt es doch, die aufreibend differenten Bedürfnisse von Menschen mit mannigfaltigsten geistigen und körperlichen Handicaps unter einen Hut zu bringen.
»Ich weiß nicht mehr, wie wir durch den Krieg kamen«: Koch-Otte im Nationalsozialismus
Um 1937 schuf Benita Koch-Otte einen inzwischen verschollenen Wandbehang mit Reichsadler, Hakenkreuz und Eichenkranz für das Trau- und Sitzungszimmer der nahe Bethel gelegenen Amtsgemeinde Gadderbaum sowie mindestens einen weiteren Wandbehang mit NS-Insignien. Während Koch-Otte-Forscherin Irene Below betonte, in beiden Fällen handele es sich mutmaßlich um bürgermeisterliche Auftragsarbeiten, denen sich Koch-Otte kaum habe entziehen können (Bethel-BewohnerInnen seien den »direkten polizeilichen Weisungen« des Bürgermeisters unterstellt gewesen), fragte Stefan Lüddemann 2013 in der Neuen Osnabrücker Zeitung angesichts der textilhistorischen Ausstellung »To open Eyes. Kunst und Textil vom Bauhaus bis heute«, die u.a. Arbeiten Benita Koch-Ottes präsentierte: »Was ist von einer Künstlerin zu halten, die in ihrem Werk NS-Symbole und das von den Nazis geschlossene Bauhaus zusammenbringt?«
Diese Frage scheint auf den ersten Blick nicht unberechtigt, stempelt Koch-Otte allerdings fälschlicherweise zu einer unrühmlichen Ausnahmeerscheinung. Tatsächlich aber harmonierten Bauhaus und Nationalsozialismus weit öfter und trefflicher als viele Ex-BauhäuslerInnen (und KunsthistorikerInnen) es nach 1945 in ihren Rückblicken zuzugeben bereit waren. Zumindest in den ersten Jahren nach 1933 schufen einige der sichtbarsten Kunstschul-Persönlichkeiten problemlos, bereitwillig und erfolgreich Entwürfe für das NS-Regime, unter ihnen die Direktoren Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe sowie Herbert Bayer und [url=https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/lilly-reich]Lilly Reich[/url]. Obwohl sie seit langem bekannt sind, sieht die Mies- und Gropius-Rezeption über diese »Fehltritte« gleichwohl meistens – wenn auch nicht immer – generös hinweg. Im Grunde untermauern Koch-Ottes NS-dienliche Zuarbeiten, was Ute Brüning schon 1993 nach Sichtung etlicher Bauhaus-Viten konstatierte, seither aber vertiefender Erforschung harrt: »Für Bauhäusler gilt, was für andere auch zutrifft: Wo es ging, wurde (im Nationalsozialismus, A.B.) weitergearbeitet« (Nerdinger/Brüning, 1993, S. 62).
Ergänzend angemerkt sei obendrein, dass – soweit bekannt – Koch-Otte sich in signifikantem Kontrast zu Gropius und Mies nicht aktiv um NS-Projekte bewarb, sondern zur Ausführung der Teppiche – wahrscheinlich – genötigt wurde. Wie politisch unwissend, hilf- oder machtlos Koch-Otte dabei tatsächlich war, lässt sich anhand der bisher veröffentlichten Quellen schwerlich abschließend beantworten. Zumindest im Herbst 1934, worauf schon Below mehrfach verwies, äußerte sich Koch-Otte abschlägig zu Hitler: In Bethel sei »ein positives, dass Bobby (d.i. Adolf Hitler, A.B.) nicht regiert, wenigstens nicht mehr als irgend möglich« (zit. n. Below, 2013, S. 93).
Später, im ersten Ausstellungskatalog aus dem Jahre 1972, fokussierte sich Koch-Otte, ihre Motivation sei dahingestellt, beim Blick auf die NS-Jahre primär auf Kriegsentbehrungen: »Ich weiß nicht mehr, wie wir durch den Krieg kamen« – und auf die protestantisch getriggerte Abwehrhaltung der zwar eindeutig deutsch-national, nicht jedoch nationalsozialistisch/antisemitisch gestimmten von Bodelschwinghs gegenüber dem sog. »NS-Euthanasie-Programm«. So erinnerte sie ausgiebig an den »Abend des Tages, an dem Pastor v. Bodelschwingh in seinem Arbeitszimmer mit der berüchtigten Euthanasie-Kommission um das Leben seiner Kranken« gekämpft habe.
»Es ist natürlich ein bisschen schade, nicht dabei zu sein«: Vergessen nach 1945
»... unnütz aufgeplustert« (zit. n. Below, 2013, S. 88, Anm. 2) fand Benita Koch-Otte die kleine Werkschau, die 1972 anlässlich ihres 80. Geburtstages in Bielefeld zu sehen war. Ihre sympathische Genügsamkeit täuscht über ihre tiefe Verletzung hinweg, nach Kriegsende zu den Ausgeblendeten der Bauhausgeschichte zu zählen. »Es ist natürlich ein bisschen schade, nicht dabei zu sein, weil man einmal so sehr dazu gehörte« (zit. n. Schenk zu Schweinsberg, 2012, S. 44). Speziell bei der Stuttgarter Bauhaus-Schau 1968 konnte und wollte sie keine Kunstwerke liefern: In Bethel hätte sie »für so was nicht Kraft u. Zeit« und »unter meinem eigenen Niveau mag ich nichts zeigen« (zit. n. Schenk zu Schweinsberg, 2012, S. 44).
Dass 2012, bemerkenswerte 44 Jahre später, die Neue Zürcher Zeitung die rund 170 dargebotenen Exponate der ersten umfassenden Koch-Otte-Retrospektive als »Fest für die Augen« zelebrierte, durfte sie leider nicht mehr erleben. Aber, immerhin, ein erster Schritt zur Rehabilitation scheint endlich getan.
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* Ein besonders großes Dankeschön geht an Irene Below für zentrale Hinweise zur Rezeptionsgeschichte Benita Koch-Ottes.
Verfasserin: Annette Bußmann
Zitate
Zum Bauhaus Weimar: »Es ging ja nicht allein um Unterricht – es war einfach das Leben selbst. Gespräche, Diskussionen, Austausch, Freude am Werk des anderen.« (Benita Koch-Otte, 1972, zit. n. dies., 1972, S. 13)
»Benita (Koch-)Otte hat das Ziel (des Bauhauses, A.B.) nicht vergessen. Sie hat es erreicht.« (Ex-Bauhaus-Lehrer Georg Muche, 1971, zit. n. Koch-Otte, 1972, S. 17)
»Bei Benita Koch(-Otte) pinselten wir oft besser als wir konnten.« (Schülerin Lotte Peters, 1972, zit. n. Koch-Otte, 1972, S. 31)
Links
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Below, Irene: Benita Koch-Otte: Leben und Weben am Bauhaus. Ursprungs-URL: http://bauhaus-online.de/magazin/artikel/benita-koch-otte-leben-und-weben-am-bauhaus, nicht mehr online. Bauhaus Online, zuletzt geprüft am 22.04.2021.
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Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel: 100 Jahre Handweberei Bethel.
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Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle (2012): Weimar zeigt eine Ausstellung von Benita Koch-Otte. Ursprungs-URL: http://www.burg-halle.de/hochschule/information/presse/pressemitteilung/a/weimar-zeigt-eine-ausstellung-von-benita-koch-otte.html, nicht mehr online, zuletzt geprüft am 22.04.2021.
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