(Bella Savitzky Abzug)
geboren am 24. Juli 1920 in der Bronx, New York City
gestorben am 31. März 1998 in New York City
US-amerikanische Politikerin; Kongress-Abgeordnete
25. Todestag am 31. März 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
“I am a very serious woman.” Das war Bella Savitzky Abzugs einfache und praktische Antwort auf die verschiedenen Charakterisierungen und Karikaturen ihrer Person. Ihre direkte, kraftvolle Art und ihr flamboyanter Stil mögen oft zu Kontroversen und Kritik innerhalb der politischen Arena der USA geführt haben, aber diese sehr seriöse Frau verbrachte ihr Leben damit, dem Gemeinwohl zu dienen und sich für die Unterdrückten und Vergessenen einzusetzen. Sie wurde zur nationalen Berühmtheit als erste Jüdin, die in den Kongress gewählt wurde und als Führerin der Weltfrauenbewegung, wo sie bei jüngeren Aktivistinnen einen bleibenden Eindruck hinterließ wegen “ihres Muts und ihrer festen Entschlossenheit, für Frauen einzutreten und sich Gehör zu verschaffen” (Vanita Nayar Mukhertee in Remembering Bella).
Bella Savitzky wuchs als Tochter russisch-jüdischer ImmigrantInnen in der Bronx auf, wo ihr Vater Inhaber des “Live and Let Live” Fleischmarkts war. Schon im Alter von elf Jahren hatte sie beschlossen, Anwältin zu werden. Ihr Redetalent übte sie erstmals, indem sie in U-Bahn-Stationen Geld für zionistische Anliegen sammelte. Nach dem Besuch des Hunter Colleges in New York machte Bella 1947 ihren juristischen Abschluß an der Columbia-Universität, wo sie auch Redakteurin der Columbia Law Review gewesen war. Sie hatte sich auf Arbeitsrecht spezialisiert und konzentrierte sich nun in ihrer Anwaltskanzlei auf linke Anliegen: Gewerkschaften, Arbeitsrecht und Bürgerrechte. Während der McCarthy-Ära in den 1950er Jahren verteidigte sie MandantInnen, die wegen kommunistischer Aktivitäten angeklagt waren. Als sie Willie McGee verteidigte, einen schwarzen Südstaatler, der angeklagt war, eine weiße Frau vergewaltigt zu haben, bekam Bella sogar Drohungen von rechtsradikalen Weißen. In den 1960er Jahren machte Bella gegen den Vietnamkrieg und Atomversuche mobil. Sie war Mitbegründerin der Organisation “Women’s Strike For Peace” (Frauen-Friedensstreik) und führte Gruppen nach Washington, um dort Lobby-Arbeit für den Frieden zu machen.
Bella Abzug war überzeugt, daß sie innerhalb Washingtons mehr bewegen könnte und ließ sich mit einem Friedens- und Frauenprogramm für den Kongress aufstellen. Ihr Wahlkampfslogan war: “Diese Frau gehört ins Haus – ins Abgeordnetenhaus”. Als erste Jüdin im Kongress und eine von nur neun Frauen unter insgesamt 435 Abgeordneten war sie von 1970-76 Parlamentsmitglied. Als Abgeordnete wurde Abzug berühmt für ihre starken Überzeugungen, ungeschminkten politischen und persönlichen Meinungen und geschickte Nutzung des parlamentarischen Systems. Sie war eine machtvolle, mitreißende Rednerin, die oft aufsehenerregende Einwürfe machte. Abzugs sehnlichster Wunsch, in den Armee-Ausschuß gewählt zu werden, um dort den Einfluß des militärisch-industriellen Komplexes einzudämmen, erfüllte sich nicht. Das hinderte sie jedoch nicht daran, ihre Arbeit für den Frieden und die Stärkung der Position des Wahlvolks voranzutreiben. Vom ersten Tage an setzte Abzug sich unermüdlich für die Beendigung der Wehrpflicht und des Vietnamkriegs ein, aber auch für die Interessen der Veteranen. Sie kämpfte im Kongress erbittert für Frauenrechte, die Rechte von Minderheiten, Lesben und Schwulen, für Kinderbetreuung, sozialen Wohnungsbau und Gesundheitsfürsorge für alle. Auch war sie eine der Gründungsmütter des National Women's Political Caucus von 1971.
Zwar hatte sie viele BewunderInnen, aber sie machte sich auch viele zu Feinden, Fortschrittliche wie Konservative, denn sie äußerte prompt und laut ihren Abscheu vor dem “old-boy network” das das gesamte politische Sytem bestimmte. Besonders unnachgiebig war ihre offene Kritiik an sogenannten Fortschrittlichen, die Kompromisse eingingen, kapitulierten und Gefälligkeiten austauschten statt sich für die Interessen ihrer WählerInnen einzusetzen. Ihre Kollegen und Feinde konterten damit, daß sie Bellas Stil, ihr Auftreten, Äußeres und ihre Persönlichkeit kritisierten, und die Medien brachten des öfteren Sensationsberichte über Bella und ihre Aktivitäten. Ihr Wahrzeichen, die ausladenden Hüte, ihre laute, kräftige Stimme und unverblümte Art wurden oft verspottet oder kritisch kommentiert. Wie ihre Freundin, die Politikerin Geraldine Ferraro bei der Gedächtnisfeier für Bella bemerkte: “Mal ehrlich: Sie klopfte nicht höflich an die Tür – sie hob sie aus den Angeln!”
Bella Abzug pflegte einen unermüdlichen Arbeitseinsatz: In einem Wirbelwind von Aktivitäten opferte sie ihren Schlaf und ihre Gesundheit für ihre WählerInnen und die USA. Sie klagte, ihr gnadenloser Terminkalender mache sie einsam und isoliere sie von ihren FreundInnen.
Während der erschöpfenden Tätigkeit im Kongress wurde Bella von ihrem größten Bewunderer unterstützt, ihrem Ehemann. Sie hatte den Romanautor und Börsenmakler Martin Abzug 1944 geheiratet. Nach seinem Tod 1986 gestand sie: “Seither bin ich nicht mehr dieselbe.” Ihre beiden Töchter Eve und Liz waren auch eine ständige Präsenz und Unterstützung in ihrem arbeitsintensivem Leben.
1976 verließ Bella Abzg das Abgeordnetenhaus, um Senatorin zu werden, verlor jedoch die Wahl. Spätere Wahlkämpfe, für das Amt der Bürgermeisterin von New York City und wieder für den Kongress, blieben ebenfalls erfolglos. Bella wandte sich wieder ihrer Anwaltskanzlei zu, blieb aber national wie international eine wichtige politische Kraft.
Präsident Jimmy Carter ernannte sie zur Co-Vorsitzenden des National Advisory Committee on Women – allerdings entließ er sie, als sie Einwände gegen Kürzungen zuungunsten von Frauen erhob. Viele andere Ausschußmitglieder traten aus Solidarität mit ihr zurück.
In den 1990er Jahren setzte sich Abzug mehr und mehr für die Umweltbewegung und die Weltfrauenbewegung ein, obwohl sie an Brustkrebs erkrankt war. Sie war Mitgründerin und Präsidentin der Women's Environment and Development Organization, die mit internationalen Organisationen zusammenarbeitete. Als Vorsitzende der New York City Commission on the Status of Women und danach in der Ersten Weltkonferenz über Brustkrebs leitete Abzug Anhörungen über die Zusammenhänge zwischen Umwelt und Brustkrebs. Sie arbeitete als Beraterin bei der UN Konferenz über Umwelt und Entwicklung, und 1991 organisierte sie den Frauenkongreß für die Gesundheit des Planeten als Teil des UN-Umwelt-Gipfels in Rio.
Nur zwei Nächte nach einer Ansprache vor der UNO starb Bella Abzug 1998 an Komplikationen nach einer Herzoperation. Ihre langjährige Freundin und Kollegin Mim Kelber faßte Bellas weitgespannte Aktivitäten so zusammen:
Sie wurde geehrt für ihren Einsatz für die Frauen der Welt, für die Menschenrechte, die Armen und Unterdrückten und vor allem für ihre aufbauende Vision eines gesunden, friedlichen Planeten.
Verfasserin: Katherine E. Horsley
Zitate
Sie haben mich eine zähe und laute Person genannt, eine Ringkämpferin, Männerhasserin undsoweiter. Sie nennen mich Battling Bella, Mutter Courage und jüdische Mutter mit mehr Beschwerden als Portnoy. Es gibt auch welche, die sagen, daß ich ungeduldig, stürmisch, arrogant, grob, profan, unbesonnen und autoritär sei. Ob ich irgendetwas davon oder alles zusammen bin, können Sie selbst entscheiden. Aber was auch immer ich bin – und das sollte von Anfang an ganz klar sein – ich bin eine Frau, die es ernst meint.
Ich bin eine Aktivistin. Ich bin die Art von Mensch, die etwas unternimmt und gleichzeitig daran arbeitet, ein Gefühl herzustellen, daß etwas getan werden kann. Und ich habe nicht vor, im Kongress zu verschwinden wie viele meiner VorgängerInnen. Meine Rolle, wie ich sie sehe, ist inmitten der Menschen, und ich werde sie draußen organisieren, während ich gleichzeitig drinnen für sie kämpfe.
Manche Männer würden mich gerne abtun mit blöden Kommentaren über meine Hüte, meine Kraftausdrücke oder meine Figur. Vielleicht glauben sie, daß sie, indem sie sich auf Aspekte meines farbenfrohen Charakters konzentrieren (Norman Mailer hat über meine Stimme gesagt, sie könne das Fett am Nacken eines Taxifahrers wegschmelzen und sie vibriere wie eine der Maschinen, die Rillen in Holz fräsen), können von den Dingen ablenken, die mir wirklich wichtig sind, wie Kinderbetreuung, Abschaffung der Wehrpflicht und Beendigung des Krieges. Was ich sagen will ist – jeder, der meint, er brauchte mich nicht ernstzunehmen, sollte sich in Acht nehmen.
Die Frauen wurden trainiert, leise zu sprechen und Lippenstift zu tragen. Diese Zeiten sind vorbei.
Literatur & Quellen
Bücher von Bella Abzug
1972 Bella! Ms. Abzug Goes to Washington. Saturday Review Press, New York
1984 Gender Gap: Abzug’s Guide to Political Power for Women (mit ihrer langjährigen Freundin Mim Kelber)
Quellen
“Bella Abzug” (The Glass Ceiling, 7. Januar 2002.)
Kelber, Mim. “Super-Bella – Her Life and Legacy.” News & Views, 11 (2) 7-9 June 1998. Women’s Environment and Development Organization
Lizarde, Rosa G. “Remembering Bella.” News & Views, 12 (1) 3. Mai 1999. Women’s Environment and Development Organization.
Mansnerus, Laura. “Bella Abzug, 77, Congresswoman And a Founding Feminist, Is Dead.” New York Times, 7. Januar 2002.
Risley, Vicki. “Bella Abzug 1920-1998.” New York City Women's Biography Hub
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