geboren am 11. Dezember 1455 in Mantua
gestorben am 30. Mai 1503 in Böblingen
Markgräfin von Mantua, Herzogin von Württemberg
520. Todestag am 30. Mai 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Barbara Gonzaga wächst als Tochter des Markgrafenpaars von Mantua mit mehreren Geschwistern an einem der glanzvollsten Höfe der italienischen Renaissance auf. Wie in anderen Adelshäusern, so dienen auch hier die Töchter als „Kapital“ für die dynastische Politik ihrer Eltern. Es geht darum, Macht und Ansehen des Hauses zu mehren, politische Verbindungen herzustellen oder zu festigen, Prestige zu steigern, wobei sich häufig die Frauen der Familie - Mütter, Tanten und Schwägerinnen - als Ehevermittlerinnen betätigen.
Ludovico Gonzaga und seine Frau Barbara von Brandenburg-Hohenzollern streben für ihre Kinder Heiratsverbindungen mit den vornehmsten Fürstenhäusern des Reiches im Norden an. Auch für Barbara haben die Eltern ehrgeizige Pläne. Nach Jahren des Sondierens und Verhandelns entscheiden sich sie sich schließlich für Graf Eberhard von Württemberg (1445-1496). Barbaras Bruder, Kardinal Francesco Gonzaga, ist nicht zufrieden, „wenn ich mich an die illustre Madonna Barbara erinnere, die von so einzigartiger Schönheit ist, dass sie mit allen schönen Frauen Italiens zu vergleichen ist, und dennoch haben wir so lange Zeit uns abgemüht, um sie unterzubringen, derart, dass wir sie schließlich dem Grafen von Württemberg geben mussten, so dass man sagen kann, dass es eher ein Zufallspartie war“. Doch der Graf, der als „Eberhard im Bart“ in die württembergische Landesgeschichte eingegangen ist, hat Potenzial.
Barbara ist neunzehn, als im April 1474 in Mantua der Ehevertrag unterzeichnet wird. Dann heißt es Abschied nehmen. Sie hält sich tapfer, auch wenn die Aussicht auf ein Leben fernab von allem, was ihr vertraut ist, sie erschreckt. Sie bittet ihre Mutter, eine geborene Prinzessin von Brandenburg, die schon als Kind nach Mantua kam, um Verständnis, „dass, je weiter der Weg mich führt, es desto schlimmer mich dünkt, Euer Exzellenz verlassen zu haben, und denk ich daran, so kann es mich nur betrüben.“ Die Briefe, die sie während der dreiwöchigen Reise in die kleine Grafschaft nördlich der Alpen täglich nach Hause schreibt, verraten aber auch ihren Willen, die Aufgabe, für die sie erzogen wurde „freudig und froh“ zu erfüllen.
Anfang Juli 1474 wird in Urach, Eberhards Residenz am Fuß der Schwäbischen Alb, die Hochzeit gefeiert, ein rauschendes Fest nach württembergischen Maßstäben. Eberhard hat sich alle Mühe gegeben. Barbara ihrerseits bringt nicht nur eine reiche Mitgift und eine üppige Aussteuer mit, sondern auch die Kultur der italienischen Renaissance: Mode, Gartenkunst und Literatur, feine Lebensart, Kräuter und Gemüsesorten, außerdem Mobiliar, „welsche Bilder“, Schmuck und Tafelsilber, Teppiche, edle Stoffe, alles Kunsthandwerk von hohem Niveau. Soviel Pracht und Glanz ist man auf der rauen Alb nicht gewöhnt. Barbaras herrschaftliches Auftreten beeindruckt die Schwaben schwer. „Fürwahr, die Leute im Land Württemberg haben meine gnädige Herrin Barbara so lieb als wäre sie heilig“, berichtet ihr Dolmetscher und Sekretär nach Mantua. Ein Handwerker, der um die Erlaubnis zur Ansiedlung in Tübingen ersucht, bittet die „heilige Frau“ um ihre Fürsprache beim Grafen. In einem überlieferten Fall, ein Jahr nach der Hochzeit, hat sie ihren Einfluss tatsächlich geltend machen können: Eine junge Frau hat ihren Mann getötet. Der war als gewalttätig bekannt und hat bereits zwei Ehefrauen unter die Erde gebracht. Es war Notwehr, aber das wollen die Richter nicht gelten lassen. 30 Frauen halten nun Rat und bitten bei Barbara für die Verurteilte. Barbara interveniert bei den Richtern, doch ohne Erfolg. Darauf schickt sie einen Boten zu Eberhard, und der begnadigt die Frau.
Trotz des unvermeidlichen Kulturschocks hat die Ehe gut angefangen. „Sie essen alle Tage miteinander und er hält ihre Hand in seiner Hand. Deshalb schneidet man ihnen das Brot und die Speisen auf welsche Art vor und [sie] leben in großen Freuden. Auch haben sie sich über die Maßen lieb“, berichtet Barbaras Sekretär über die Jungvermählten. Soviel Zärtlichkeit ist in Fürstenehen ungewöhnlich. Doch das „Glück“ einer Ehe, wenn der Begriff in diesem Kontext überhaupt angebracht ist, misst sich an ihrem dynastischen Erfolg. Und der lässt zu wünschen übrig. Barbara wird zwar bald schwanger und bringt am 2. August 1475 eine Tochter zur Welt, doch nach wenigen Monaten stirbt das Kind und weitere Kinder werden nicht geboren. Düstere Aussichten für den Landesvater, denn Eberhard muss sich nun damit abfinden, dass sein verschwenderischer Cousin gleichen Namens ihn beerben wird. Das belastet die Ehe.
Barbaras Briefe an Eltern und Geschwister werden seltener. Nach zehn Ehejahren ist Barbaras Kontakt nach Mantua beinahe abgebrochen. Ihre Eltern und zwei ältere Brüder sind gestorben. Sie selbst hat die vornehmste Pflicht einer Fürstin, die Sicherung der Dynastie durch einen Stammhalter, nicht erfüllt und fühlt sich „elend und verachtet“. Während es Eberhard gelingt, das geteilte Württemberg unter seiner Herrschaft zu vereinigen und er 1495, ein Jahr vor seinem Tod, zum Herzog erhoben wird, zieht sich Barbara mehr und mehr vom Hofleben zurück. Die strahlende Prinzessin hat sich mit den Jahren in eine Matrone von legendärer Dickleibigkeit verwandelt. Sie widmet sich der Frömmigkeit, tätigt gemeinsam mit Eberhard großzügige Stiftungen für Kirchen und Klöster, beschäftigt sich mit Gartenbau und regt wissenschaftliche Bücher an. Zwar überlegt sie nach Eberhards Tod, nach Mantua zurückzukehren, wo sie ihrem Neffen Francesco und dessen Frau Isabella d’Este willkommen wäre, gibt den Plan aber wieder auf. Am 30. Mai 1503 stirbt Barbara mit 47 Jahren in Böblingen, ihrem Witwensitz. Ihre Heimat hat sie nicht wiedergesehen.
(Text von 2016)
Verfasserin: Dorothea Keuler
Literatur & Quellen
Die Briefe (1455 - 1508) = Le Lettere (1455 - 1508) Barbara Gonzaga. Bearb. von Christina Antenhofer. Übers. von Valentina Nucera. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart 2013.
Von Mantua nach Württemberg: Barbara Gonzaga und ihr Hof. Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, 2011 = Da Mantova al Württemberg: Barbara Gonzaga e la sua corte. Hrsg. vom Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Bearb. von Peter Rückert. Stuttgart: Landesarchiv Baden-Württemberg . 2. Aufl. 2012.
Peter Rückert: „Antonia Visconti und Barbara Gonzaga: Italienische Prinzessinnen am württembergischen Hof“. In: Landeskundig. Frauen in Württemberg. Hrsg. von Sigrid Hirbodian, Sabina Klapp, Tjark Wegner. Ostfildern 2016, S. 107-137.
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