(Antonie Christiane Auguste Kaulbach)
geboren am 5. März 1875 in Hannover
gestorben am 15. Januar 1958 in Hannover
deutsche Porträtmalerin
65. Todestag am 15. Januar 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
„Antonie nimm dich zusammen! Malen ist eine strenge Kunst! Hör‘ nicht auf zu studieren, an jeglichem Geistigen interessiert zu sein und dich selbst zu kritisieren“. So lautete die strenge Aufforderung ihres Vaters, der ihr erster Lehrer war. Friedrich Kaulbach war selbst ein bedeutender Maler von großen Wandgemälden und Porträts.
1856 wurde er vom hannoverschen König Georg V. als Hofmaler berufen. Der Umzug von München, wo er als Maler für den bayerischen König Maximilian II. gearbeitet hatte, war mehr eine Flucht, denn dieser wollte ihn nicht freigeben. Der verwitwete Kaulbach kam mit vier Kindern in Hannover an, wo er sich erneut verheiratete. Aber nach kurzer Zeit war er wieder Witwer, nun mit fünf Kindern. Seine dritte Ehe, aus der weitere fünf Kinder hervorgingen schloss er 1861 mit der 20 Jahre jüngeren Marie von Wellhausen, einer hannoverschen Arzttochter.
Antonie, liebevoll „Tönchen“ genannt, war die Jüngste, die in einer großen, kontaktfreudigen Familie aufwuchs. Malerei und Musik spielten im Hause Kaulbach eine wichtige Rolle. Künstlerinnen und Künstler, aber auch die Mitglieder der königlichen Familie waren oft zu Gast. So lernte Antonie bedeutende Persönlichkeiten kennen und durfte manchmal ihren Vater auf Reisen begleiten, wenn er in einem adligen Hause vor Ort seine Porträts malte.
Am 5. März 1875 wurde Antonie im Wohnhaus der Familie geboren. Wie es in den Aufzeichnungen der Schwester Isidore heißt „ein apartes kleines Ding, mit ganz besonderem Charakter und Anlagen“. Im Auftrag des Herrscherhauses hatte Architekt Christian Heinrich Tramm außerhalb der Stadt in der Nähe des Waterlooplatzes, auf einem von Kaulbach selbst ausgewählten Grundstück zwei eigens auf die Belange des Künstlers zugeschnittene Ateliers und später ein Wohnhaus errichten lassen. In einem großen Garten, der bis zur Leine reichte und an das Anwesens des Friederikenschlösschens grenzte, verlebten Antonie und ihre Geschwister eine glückliche Kindheit. Die Mutter, nur wenig älter als die älteren Stiefkinder, kümmerte sich liebevoll um alle zehn.
Bis zu Schulbeginn ein stilles Kind, das auch später nie seine Fähigkeiten herausstrich, fiel Antonie nicht durch eine besondere Begabung auf. Eine enge Beziehung hatte sie zu ihrem nur drei Jahre älteren Bruder Joseph. Die beiden brachten sich gemeinsam verschiedene Lieder bei und sangen stundenlang zusammen. Mit dreizehn hat die Jüngste bei einem Auftritt des Familienchors taktfest und schwungvoll die Führung übernommen und so alle vor einer Blamage bewahrt. In späteren Jahren wurde Antonie als Sängerin bei Familienkonzerten geschätzt.
Ihre Ausbildung zur Malerin vervollständigte sie bei Ernst Jordan, Professor an der Technischen Hochschule Hannover. Er unterrichtete auch Frauen, was für die damalige Zeit nicht selbstverständlich war. Da Jordan von modernen Kunstströmungen nichts hielt, wurde sie handwerklich traditionell im Stil des 19. Jahrhundert ausgebildet.
Sie galt als mutig und zielstrebig, eine Person, die sich auch durch Enttäuschungen nicht beirren ließ. So wurde sie zu einer erfolgreichen, vielbeschäftigten und selbständigen Porträtmalerin. Sie reiste durch ganz Deutschland, sogar in entlegene Gegenden in Ost- und Westpreußen, wo sie in den Häusern ihrer Auftraggeber arbeitete. Ihre Werke sind auch heute noch vorwiegend in Privatbesitz und werden ab und zu auf Auktionen angeboten. Das Bild von Anna von Borries, der Stifterin des Annastifts ist dort in der Eingangshalle zu bewundern und im Kloster Loccum hängt das beachtenswerte Porträt des Abtes und hannoverschen Landesbischofs August Marahrens.
Antonie Kaulbach lebte bis zu ihrem Lebensende im Haus am Waterlooplatz. Sie wohnte dort zur Miete. Auf dem ehemaligen Torfboden hatte der neue Besitzer ihr ein paar Räume ausbauen lassen. Im „kleinen Atelier“, das sie von ihrem Vater übernommen hatte, arbeitete sie. Nach den politischen Wirren 1866 mit dem Ende der hannoverschen Monarchie war das Gebäude in den Besitz des preußischen Königshauses übergegangen. Aber Kaiser Wilhelm II. zeigte sich großzügig, die Familie durfte auch nach dem Tod von Friedrich Kaulbach 1903 dort wohnen. Mit der Revolution 1918 änderten sich die Verhältnisse, es gab kein Kaiserhaus mehr und das Haus ging in Privatbesitz über. Bis auf Antonie zogen 1919 alle Familienmitglieder aus.
Im Nachruf der Familie zu Antonies Tod hieß es, sie sei „die letzte Tochter des großen Vaters” gewesen. Die 1902 angelegte Kaulbachstraße wurde noch zu dessen Lebzeiten nach ihm benannt. Antonie war jedoch weit mehr als nur eine Tochter von Friedrich Kaulbach, sie war eine ausgezeichnete Porträtmalerin.
(Text von 2021)
Verfasserin: Barbara Fleischer
Literatur & Quellen
Fahl, Andreas: „Ihr Leben war Schaffen und Frohsinn“ – die Malerin Antonie Kaulbach (1875-1958). In: Über das Leben hinaus; ein Spaziergang über Hannovers Friedhöfe. Begleitbuch zur Ausstellung im Hist. Museum Hannover. Hannover, Hist. Museum 2010. ISNB 978-3-910073-40-1 (Schriften des Historischen Museums Hannover, Bd. 39), S. 150-151.
Kaulbach, Isidore: Friedrich Kaulbach. Erinnerungen an mein Vaterhaus. Berlin 1931.
Riemer, Evelyn und Elke Riemer: Die Kaulbachs 1978. Darin: Friedrich Kaulbach (1822-1903) S. 155-214.
Ergänzende Literatur:
Ernst Pasqual Jordan (1858-1924), Dozent der TH
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Jordan_(Maler) (abgerufen am 1.2.2021)
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