Biographien Anne-Sophie Mutter
geboren am 29. Juni 1963 in Rheinfelden, Baden
deutsche Geigerin
60. Geburtstag am 29. Juni 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
“Nichts ist langweiliger, als wenn man sich festlegen läßt. Ich möchte immer wieder neue Aspekte in meiner künstlerischen Persönlichkeit finden.” So äußerte sich “Deutschlands prominenteste Geigerin” 1998 über ihre Vorliebe, neben den Klassikern auch neuste Kompositionen in ihr Repertoire aufzunehmen und dem Publikum bekanntzumachen. Während einer kometenhaften Karriere ist das ehemalige Wunderkind neben diesem Leitsatz auch noch einem anderen Prinzip treu geblieben, nämlich dem, ihren Weg selbst zu bestimmen. “Aufgezwungen wird mir nichts,” behauptet sie über die Anzahl ihrer Konzerte und die Auswahl ihrer Programme.
Schon als Kind wußte Anne-Sophie, was sie wollte. Das jüngste Kind und die einzige Tochter von Gerlinde (Winter) Mutter und dem Journalisten und Zeitungsherausgeber Karl-Wilhelm Mutter verliebte sich mit fünf Jahren in das Instrument, als sie eine Mozart-Aufnahme von Menuhin hörte. Sie überzeugte ihre Eltern, daß sie statt des geplanten Klavierunterrichts Violinstunden bekommen sollte und gewann im nächsten Jahr den nationalen Wettbewerb für junge MusikerInnen von 6 bis 24 Jahren, “Jugend musiziert”. Unter den SiegerInnen war sie in der Geschichte dieses Wettbewerbs die allerjüngste überhaupt. (Da sie im nächsten Jahr wieder gewann, wurde sie gebeten, nicht mehr am Wettbewerb teilzunehmen.) Trotz vieler Einladungen begrenzte Anne-Sophies Vater als ihr “Manager” die öffentlichen Auftritte des Mädchens auf einen bis zwei im Jahr. Die meisten ihrer Konzerte fanden zu Hause statt, mit ihren beiden Brüdern Christoph (Klavier) und Andreas (Viola). Die Mutter und PrivatlehrerInnen übernahmen ihre nicht-musikalische Erziehung.
Als Anne-Sophie zehn Jahre alt war, starb ihre Violinlehrerin Erna Honigberger, und das Wunderkind wechselte zu Aida Stucki ans Konservatorium in Winterthur. (Beide Lehrerinnen waren Schülerinnen von Carl Flesch gewesen.) Mit dreizehn wurde Anne-Sophie von Herbert von Karajan “entdeckt” und begann ihre internationale Karriere 1977 unter seiner Leitung als Solistin bei den Salzburger Pfingstkonzerten. Es folgten Konzerte und Recitals in England, Berlin und Nordamerika, am Anfang nur fünf oder sechs im Jahr. Bald aber unternahm die Künstlerin äußerst anstrengende Tourneen, mit 120 Aufführungen in einem Jahr und Debüt-Auftritten allein 1985 in Moskau, Japan, Toronto und Jerusalem.
Anne-Sophie Mutter kennt keine nervöse Ängstlichkeit auf der Bühne: beherrscht und konzentriert spielt sie mit absoluter technischer Perfektion. Mutters “aristokratisches” Auftreten vor dem Publikum wird durch ihre Schönheit – sie spielt immer mit Dekolleté – noch unterstrichen. “Nie im Leben würde ich in einem Kleid, das nicht schön ist, auf die Bühne treten” erklärte sie einem Interviewer. Allerdings betont sie auch die praktischen Vorteile des schulterfreien Dekolletés für das Spiel.
Mutters Begeisterung für zeitgenössische Musik hat das Violinrepertoire bereichert: Sie gibt Werke in Auftrag, und Komponisten wie Lutoslawski und Penderecki widmeten ihr neue Kompositionen. Das für sie geschriebene Violinkonzert von André Previn kreierte sie im März 2002 in Boston (sie heiratete den 35 Jahre älteren Komponisten kurz darauf). Mutter wird nicht nur als Solistin, sondern auch als Kammermusikpartnerin gefeiert: 2002 machte sie zusammen mit dem Pianisten Lambert Orkis und dem Cellisten Lynn Harrell eine Trio-Tournee durch Deutschland und die Schweiz. Ihre zahlreichen Plattenaufnahmen gewannen viele Preise, darunter 2000 den “Grammy-Award for Chamber Music Performance” für die Live-Aufnahmen der Beethoven-Sonaten. Eine unter ihren vielen Auszeichnungen ist das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
Der Weltstar setzt sich auch mit Leidenschaft für wohltätige Zwecke ein. Sie hat eine Stiftung gegründet, die junge StreicherInnen weltweit fördert, und gibt regelmäßig Benefizkonzerte, um die Arbeit an medizinischen und sozialen Problemen zu unterstützen – im Jahr 2002 zum Beispiel ein Konzert für eine Klinik in Neuwied und eins für das Bonner Beethovenhaus. Mutter war sechs Jahre lang mit dem Anwalt und Karajan-Freund Detlef Wunderlich verheiratet, bis zu seinem Tod 1995. Sie hat einen Sohn und eine Tochter.
(Text von 2002)
Verfasserin: Joey Horsley
Zitate
“Die Geige ist meine Stimme.”
(Anne-Sophie Mutter)
Boehm: “Die Männer in Ihrem Leben waren eigentlich immer sehr viel älter als Sie selbst.”
Mutter (lacht herzlich): “Also – Sie kennen nicht alle Männer in meinem Leben.”(Interview mit Gero von Boehm, Sommer 2008).
Über technische Neuheiten und Schwierigkeiten der zeitgenössischen Violinkonzerte:
“[Das] macht ja auch Spaß! Ich suche ja stets neue Aufgaben. Denn ich lerne sehr schnell und bin auch sehr schnell gerne wieder bei etwas anderem.”
(Anne-Sophie Mutter)
Musik und Theater:
Frage: “Wenn Sie ein zeitgenössisches Werk aufs Programm setzen – müssen Sie da auch mal etwas runter mit Ihren Gagenforderungen?”
A.S.M.: “Ich weiß nicht .… Ich setze es sowieso immer durch. Ich mache nächstes Jahr eine Tournee mit dem Penderecki-Konzert. Ich gehe da wie ein Bulldozer durch…. In dieser Hinsicht bin ich kompromißlos. Sonst bin ich immer kompromißbereit. Aber wenn ich an etwas glaube …. Ich weiß, daß das Publikum es schätzt, Neues zu erfahren und ernst genommen zu werden.”
Beide Zitate aus: “Das Tempo bestimme ich.” Interview mit Anne-Sophie Mutter von Werner Pfister & Andrea Meuli. ©1998 Musik & Theater / Swisscom – the blue window.
Literatur & Quellen
Anne-Sophie Mutter / Offizielle Homepage
Mutter, Anne-Sophie”. Current Biography Yearbook. 1990. Vol. 51. Ed. Charles Moritz. New York: Wilson, 1990. 462-65.
“Das Tempo bestimme ich.” Interview mit Anne-Sophie Mutter von Werner Pfister & Andrea Meuli. ©1998 Musik & Theater / Swisscom – the blue window.
Mutter, Anne-Sophie. The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Vol. 17. Hg. Stanley Sadie. 2. Ausg. London: Macmillan, 2001. 563-64.
Ross, Alex. “The Power of One. Anne-Sophie Mutter storms New York”. The New Yorker. 7. Feb. 2000: 92-94.
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