(Lühring, Johanne, genannt Anna; Eduard Kruse [Deckname]; Anna Lucks [Ehename])
geboren am 3. August 1796 in Bremen
gestorben am 25. August 1866 in Horn bei Hamburg
deutsche Patriotin
155. Todestag am 25. August 2021
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Die Tochter verarmter Zimmerleute stahl sich als 17-Jährige nachts aus dem Haus (13./14.2.1814), um sich als Mann verkleidet zur Armee zu begeben. Deren Ziel hieß, die Truppen Napoleons aus Deutschland zu vertreiben. Unter dem Namen Eduard Kruse wurde Anna als Jäger zu Fuß ins Corps der Lützower Jäger aufgenommen. Kurz zuvor hatte dort bereits Eleonore Prohaska, ebenfalls verkleidet, gedient und war im Kampf gefallen. Anna wollte diesem Vorbild nacheifern.
Als ein Hauptmann ihre wahre Identität entdeckte, durfte sie weiterhin beim Heer bleiben, doch wurden besondere Maßnahmen zu ihrer Sicherheit getroffen. Sie marschierte mit bis in die Nähe von Paris und von dort nach dem Friedensschluss im Juli 1814 nach Berlin. Hier wurde Anna öffentlich belobigt, ausgezeichnet und bei Hof empfangen. Im Gegensatz dazu distanzierte sich ihr Vater in Bremen, der anfangs geglaubt hatte, seine Tochter sei aus Liebe zu einem Soldaten fortgelaufen. Eines Besseren belehrt, verbat er Anna trotzdem die Rückkehr, weil er ihr »unsittliches« Verhalten unterstellte. Erst durch Vermittlung Dritter kam eine Versöhnung zustande. Eifrig mühte »mann« sich nun, in der Öffentlichkeit die »Heldenjungfrau« als einen Ausbund an Keuschheit und Tugend darzustellen.
Aber der Ruhm der Patriotin währte nur kurz. Eine von der Stadt Bremen versprochene Aussteuer erhielt Anna ebensowenig wie eine Ausbildung zur Lehrerin. Vor der häuslichen Not und Enge floh sie schließlich nach Hamburg, wo sie sich als Verkäuferin durchschlug und 1821 den Kellner J. P. August Lucks heiratete.
Elf Jahre später waren der Mann und das einzige Kind bereits tot. Anna musste als Näherin arbeiten; kleinere Spenden ehemaliger Mitsoldaten halfen ihr weiter. Endlich gewährte der Bremer Senat der mit 64 Jahren schon fast Erblindeten eine ansehnliche Pension. Doch nur noch sechs Jahre konnte Anna Lucks ein Leben ohne Not genießen.
(Text von 1995)
Verfasserin: Anna Eunike Röhrig
Zitate
Ungeachtet sie erst 17 Jahre alt ist, hat sie sich während des Feldzuges durch sittsames Betragen, treue Erfüllung ihrer Dienstpflichten, und Muth vor dem Feinde, den Beifall ihrer Vorgesetzten erworben, und bis zu ihrer Entlassung ihr Geschlecht verborgen.
(Neue Bremer Zeitung vom 31.1.1815)
Anna Lühring starb am 25.8.1866 und wurde auf dem Alten Hammer Friedhof in Hamburg-Hamm beigesetzt. Ihren Grabstein schmücken die Worte: »Hier ruht Anna Lühring, verehelichte Lucks, geb. 3.8.1796 in Bremen, gest. M.8.1866 ln Hamburg. Sie trat am M.2.1814 unter dem Namen ›Eduard Kruse‹ bei der 5. Komp. des 3. Bataillons des Lutzowschen Freikorps ein, nahm an der Belagerung von Jülich und am Feldauge 1814 in Frankreich teil. Sie erwarb sich die Achtung ihrer Vorgesetzten sowie Kameraden und wurde mit der Kriegsgedenkmünze dekoriert.« Der Grabstein wurde unlängst renoviert.
(Aus der Biografie von Edith Laudowicz auf der Seite des Bremer Frauenmuseums – siehe Links)
Links
Krause, Karl Ernst Hermann (1884): Lühring, Anna.
In: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 622–623.
Online verfügbar unter https://de.wikisource.org/wiki/ADB:L%C3%BChring,_Anna, abgerufen am 25.07.2016.
Laudowicz, Edith (2016): Bremer Frauenmuseum – Frauenportraits: Lühring, Johanne, gen. Anna.
Online verfügbar unter http://www.bremer-frauenmuseum.de/frauenhandbuch/Luehring.html, abgerufen am 25.07.2016.
WebCite®-Archivfassung: http://www.webcitation.org/6jGCjeu9J
Schumacher, H. A. (1870): II. Zur Erinnerung an den Lützower Jäger A. Lühring.
In: Bremisches Jahrbuch, 5. Band [1870]. Digitalisat.
Online verfügbar unter http://brema.suub.uni-bremen.de/periodical/pageview/33617, abgerufen am 25.07.2016.
Links zuletzt geprüft am 25.07.2016 (AN).
Literatur & Quellen
Böse, Heinrich (1838): Erinnerungen aus meinem Leben mit besonderer Rücksicht auf das Jahr 1813. Zum Besten des Bremer Mädchens von 1813 Anna Lühring, ehemaligen Lützower Fußjäger. Bremen. Schünemann. (WorldCat-Suche)
Bremer Frauenmuseum e.V. (Hg.) (2016): Frauen Geschichte(n). Biografien und FrauenOrte aus Bremen und Bremerhaven. Rotenburg. Edition Falkenberg. ISBN 978-3-95494-095-0. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
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Bildquellen
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