Biographien Anna Barbara Aemisegger-Giezendanner
(Babeli Giezendanner, im Volksmund „s’Giezedanners Babeli“)
geboren am 29. Mai 1831 in Kappel (Kanton St. Gallen)
gestorben am 18. Oktober 1905 (Kanton St. Gallen)
Schweizer Zeichnerin und Senntumsmalerin
190. Geburtstag am 29. Mai 2021
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Ein gewisser Wohlstand der Eltern gibt der vom Vater geförderten Lehrerstochter und Drittältesten von neun Geschwistern wohl etwas Unabhängigkeit, doch mit 30 heiratet sie den vier Jahre jüngeren Ulrich Aemisegger, der als Schuhmacher auf fremden Höfen arbeitet. Anna muss nun mit einem Knecht die gesamte Haus- und Landarbeit, daneben allein in den ersten vier Ehejahren drei Umzüge bewältigen. 1873 verunglückt der Mann tödlich. Drei Jahre kann die Witwe den ungeliebten Hof halten, dann muss sie verkaufen, und Armut bestimmt den weiteren Lebensweg: Johannes (12) und Jakob (9) müssen in fremde Dienste.
Neben Aushilfen, Kindbettpflege und harter Lohnweberei beginnt Anna auch wieder zu malen: nicht primär in künstlerischer Absicht, sondern wie die anderen Toggenburger Tafelbildmaler der Zeit zum Broterwerb. Auftrags- „Portraits“ von Höfen weiten den Lebensradius der Witwe, vielverbreitet sind später ihre lithographierten Ansichten von Ortschaften, Viehschauen und Alpauffahrten. Als Geschenke bestellt man bei ihr Albumblätter, sie verfasst und verziert Gedichte, bemalt Ziffernblätter und die Schauböden von Melkeimern. Ihre persönliche Gedankenwelt ließe sich am ehesten aus den vielen sog. Gedenktafeln, die zur Erinnerung an Verstorbene, an Taufen und Hochzeiten in der Stube aufgehängt wurden, ablesen.
Thematisch sind Anna Barbaras Bilder traditionell. Persönlich aber ist z.B. der lebendige, schwungvolle Strich ihrer Zeichnungen, der unter der differenzierten Kolorierung durchscheint - ebenso die räumlich tiefe Darstellung der kleingeklammerten Toggenburger Landschaft und vor allem, wie sie gelegentlich die vordere Gebäudewand fortlässt, um auch das Geschehen in einer Sennerei oder einem Stall zu zeigen.
Reich ist sie nicht geworden. Trotz ihrer Bekanntheit war das „muntere Berfröüili“ eben doch nur’s Babeli, das sich mit 3-5 Franken pro Bild zufrieden geben musste. - 1904 will sie „nicht mehr zur Last fallen“ und zieht ins Armenhaus zu Hemberg, wo sie auch stirbt.
Schon vor mehr als 50 Jahren wollte der erste Biograph das „verschwebende Lebensbild“ der Malerin vor dem Verblassen retten. Heute wäre dies nötiger denn je, obgleich ihre weit verstreuten Arbeiten von Museen und SammlerInnen so hoch geschätzt werden wie nie zuvor.
(Text von 1990)
Verfasserin: Swantje Koch-Kanz
Links
Blocher, Christoph. Babeli Giezendanner (1831-1905) Würdigung großer Persönlichkeiten und ihre Bedeutung für die heutige Schweiz. In: Bern Aktuell. Juli/August 2013. Jahrgang 24, Ausgabe 187.
Online verfügbar: http://www.bernaktuell.ch/documents/ba_187.pdf (geprüft am 23.02.2019)
Büchler, Hans. Anna Barbara Giezendanner (1831-1905) im Volksmund genannt „s’Giezedanners Babeli“. Ahnentafel für Anna Barbara Aemisegger-Giezendanner. Online verfügbar: http://kunden.eye.ch/swissgen/frauen/1831aemisegger.pdf (geprüft am 23.02.2019)
Gödli, Wolfgang. 12.12.2006. Giezendanner, Anna Barbara (Babeli). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
Online verfügbar: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D48790.php (23.02.2019)
„Kunst und Küche: Babeli Giezendanner und Susanna Müller“. Sonderausstellung 26. Mai - 28. Oktober 2018. Toggenburger Museum. Lichtensteig.
Online verfügbar: https://toggenburgermuseum.ch/aktuell/wechselaustellungen/ (23.02.2019)
Nydegger, Eva. Bauernmalerei rund um den Säntis. In: Zeitlupe: für Menschen mit Lebenserfahrung. 1994. Band 72, Heft 6.
Online verfügbar: https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=zlp-002:1994:72::871 (geprüft am 23.02.2019)
Widmer, Hans. Biographie Babeli Giezendanner. St. Gallen. kunstmarkt-online. Online verfügbar: https://www.kunstmarkt-online.ch/ostschweiz-und-spezialgebiete/biographien-ostschweizer-kuenstler/biographie-babeli-giezendanner/ (geprüft am 23.02.2019)
Literatur & Quellen
Büchler, Hans. 2004. Babeli. Heimat, Leben und Werk der Bauernmalerin Anna Barbara Aemisegger-Giezendanner. Wattwil. Toggenburger Verlag.
Büchler, Hans. 1999. Babeli. Heimat, Leben und Werk der Bauernmalerin Anna Barbara Aemisegger-Giezendanner. Schwellbrunn. Toggenburger Verlag.
Egelsing, Tobias. 2017. Heimat Alpstein -Appenzeller und Toggenburger Bauernmalerei. Rosengartenmuseum Konstanz. Konstanz. Südverlag.
Einsicht online verfügbar: https://www.suedverlag.de/onix/PDF_L/Engelsing_Heimat%20Alpstein_9783878001065.pdf (22.03.2019)
Feurer, Josef. 1973. “Das tragische Schicksal einer Künstlerin: Die Toggenburger Bauernmalerin Babeli Giezendanner 1831-1905”, Toggenburger Nachrichten Nr. 18 (2. 3. 1973), S. 5. Ebnat-Kappel.
Hanhart, Rudolf (Hg). 2002. Appenzeller und Toggenburger Bauernmalerei im Kunstmuseum St. Gallen. Katalog zur Ausstellung des Kunstvereins St. Gallen „Alpen-Pop - Andy Warhol und die Bauernmalerei“ im Kunstmuseum St. Gallen (4. Mai bis 8. September 2002). Kunstverein St. Gallen.
Hanhart, Rudolf. 2014. Bauernkunst: Appenzeller und Toggenburger Bauernmalerei von 1600 bis 1900. Verlagsgenossenschaft St. Gallen. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Kunstmuseum St. Gallen. 22. März bis 7. September 2014.
Werkliste online verfügbar: https://www.kunstmuseumsg.ch/fileadmin/daten/downloads/bauernkunst/Saalblatt_Bauernkunst.pdf (geprüft am 23.02.2019)
Niggli, Arthur. Niggli, Ida. Appenzeller Bauernmalerei: Die naiven Maler der Appenzeller. Niederteufen. Arthur Niggli Verlag.
Sello, Gottfried. 1988. Malerinnen aus fünf Jahrhunderten. Hamburg. Ellert & Richter.
Widmer, Otmar. 1937. “´s Giezendanners Babeli - Anna Barbara Aemisegger-Giezendanner (1831-1905) von Hemberg, gebürtig von Kappel: Lebensbild einer Zeichnerin und Malerin aus dem Volke. Ein Beitrag zur Kenntnis der bäuerlichen Volkskunst im Toggenburg”, [Separatum aus dem Fremdenblatt] Das Toggenburg. 12. Jahrgang Nr. 6 (24. 7. 1937). 12 pp. Gais. J. Kern & Sohn.
Widmer, Otmar. 1943. Eine Toggenburger Künstlerin aus dem Volke: genannt „S Giezedanners Babeli“, 1831-1905. In: Heimatwerk. 1943. Jg. 8, Nr. 2/3, S. 14-22.
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