geboren am 21. Februar 1903 in Neuilly-sur-Seine bei Paris
gestorben am 14. Januar 1977 in Los Angeles
US-amerikanische Schriftstellerin
120. Geburtstag am 21. Februar 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
In ihrem Tagebuch charakterisiert sie sich so: “Der erste Mensch, dem ich völlig ergeben war, mein Vater, verriet mich, und ich zerbrach. Uneingeschränktes Geben ist verhängnisvoll. Ich zerbrach, zerbrach, zerbrach, und es blieben eine Million unbedeutender Beziehungen übrig.”
Der Vater, Joaquin Nin y Castellanos, Musikprofessor und Konzertpianist, ein eitler Mann und Hypochonder, verläßt die Familie – Anais, ihre Mutter und zwei jüngere Brüder – als die Tochter elf Jahre alt ist. Sie schreibt sich ihre traumatische Verletzung in einem Brief an den Vater von der Seele - daraus wird später das Kindertagebuch, ein Monolog an den Vater, der abwesend bleibt: Er hat eine junge Geliebte.
1923 heiratet sie den Bankkaufmann Hugh Guiler, Leiter der Pariser Filiale der American City Bank. “Er riecht nach Bank”, beschwert sich Nin – dabei verdankt sie ihm, den sie in ihrem Tagebuch konsequent übergeht, ein sorgloses Leben. 1947 kommt eine geheimgehaltene Ehe mit dem siebzehn Jahre jüngeren Rupert Pole hinzu. Mit Hugh lebte sie an der Ostküste (New York City), mit Rupert an der Westküste der USA, in Los Angeles.
Anais Nin ist zeitlebens besessen von ihrem Tagebuch: Bis kurz vor ihrem Tod sind sieben (stark gekürzte) Bände publiziert: Protokolle eines unkonventionellen und ich-zentrierten Lebens, zahlreicher Affären (im Paris der dreißiger Jahre hat Nin bis zu vier Liebhaber gleichzeitig) und Freundschaften mit späteren Berühmtheiten, z.B. Henry Miller, den Anais finanziell unterstützt und mit dem sie über zehn Jahre eine Beziehung hat. Er seinerseits unterstützt ihre literarische Arbeit. 1937 – sie hat eben mit dem 50. Band des Tagebuchs begonnen – stellt er sie in eine Reihe mit den “Offenbarungen des Augustinus, Petronius, Abaelard, Rousseau, Proust.”
Nicht alle ZeitgenossInnen sind dieser Meinung. Für Simone de Beauvoir verkörperte Nin genau diejenige Art von Weiblichkeit, die einer “die Haare zu Berge stehen” läßt. “Ihre Meinung über die Weiblichkeit macht mich wütend”, erklärt Beauvoir 1972. Diejenigen, die Nins Erotika gelesen haben - schlechte Auftragsarbeiten - verachten sie als Autorin. Ihre Tagebücher werden erst ab 1966 publiziert. Von da an wächst ihr Ruhm stetig. Das Tagebuch ist, obwohl sie auch Romane schrieb, ihr eigentliches Werk: “Ich habe es als Brief an meinen Vater begonnen, und jetzt möchte ich daraus einen Brief an alle Welt machen. Es soll von einem Land zum anderen weitergereicht werden, von Hand zu Hand, und jede Seele mit der gleichen Intensität anrühren, mit der ich die meine darin ausliefere.”
(Text von 2002)
Verfasserin: Sulamith Sparre
Zitate
Jede Handlung, die etwas mit meinem Schreiben zu tun hatte, war zugleich ein Akt der Verführung ... meines Vaters. ... Ich war durch die Ungeheuerlichkeit meiner Sünde (den Wunsch, meinen Vater zu verführen) zur Strafe, zum Scheitern verdammt. Jede Handlung ... mit anderen Menschen war mit sexuellen Assoziationen belastet: ein Buhlen um die Welt.
(Anais Nin, 1957)
Literatur & Quellen
Bair, Deirdre. 1998. Anais Nin: Eine Biographie Btb.
Barillé, Elisabeth. 1992 [1991]. Maskierte Venus: Das Leben der Anaïs Nin [=Une masque si nue]. München. Knaus
Fitch, Noel Riley. 1995. Anaïs: Das erotische Leben der Anaïs Nin [=Anaïs: The Erotic Life of Anaïs Nin]. Aus d. am. Englisch von Rita Seuss & Ute Schischkowitz. Wien. Europa Verlag.
Nin, Anais. 1968ff. Die Tagebücher der Anais Nin. 4 Bde. Hg. Gunther Stuhlmann. Aus d. am. Engl. von Herbert Zand. München. dtv 759, 858, 981, 10569
Pierpont, Claudia Roth. 2001. “Sex, Lies, and Thirty-five Thousand Pages: Anais Nin”, in dieselbe: Passionate Minds: Women Rewriting the World. New York. Vintage. S. 51-79
Salber, Linde. 1992. Anaïs Nin in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg. rororo monographie 482
Salber, Linde. 1995. Tausendundeine Frau: Die Geschichte der Anaïs Nin. Reinbek bei Hamburg. Rororo
Salber, Linde. 2002. Anais Nin: Tausendundeine Frau. Freiburg. Kore
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