Biographien Ana Nzinga von Ndongo und Matamba (Ana de Sousa)
(Nzinga Ana de Sousa Mbande; Nzinga Mbandi Königin von Ndongo und Matamba; Anna Zinga, Anna Souza (christl. Name))
geboren ca. 1581
gestorben am 17. Dezember 1663
südwestafrikanische Königin und Freiheitskämpferin (heutiges Angola)
360. Todestag am 17. Dezember 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
„Yaa Asantewa, the warrior woman who carries a gun and a sword of state in battle.“
So lautet ein Lied der Asante in Ghana, das bis heute an ihre kriegerische Königin Yaa Asantewa erinnert, die zu Beginn des Jahrhunderts ihr Volk gegen die britischen Kolonialisten mobilisierte.
Aber nicht nur bei den Asante, sondern auch bei vielen anderen afrikanischen Völkern wird die Erinnerung an ihre Königinnen in Liedern und Legenden wachgehalten, die in der Geschichte des afrikanischen Kontinents eine entscheidende Rolle spielten. Eine der schillerndsten Führerinnen unter ihnen war Anne Zinga, oder Nzinga, über die die Herzogin von Abrantès im 19. Jahrhundert schrieb:
Sie wagte, ohne ihren eigenen Fall zu verursachen, was keine andere Frau gewagt hätte und was ihr wahrhaftig heroischer Geist ihr als Pflicht gegenüber der Krone diktierte, die sie trug: Sich aufs Schlachtfeld zu wagen gegen eine Nation, die ihr Volk versklaven wollte. In diesem Unternehmen traten ihre Charakterstärke und ihre Machtfülle klar zutage. (...) Wäre sie in Europa geboren worden, so wäre sie eine Katharina oder Elisabeth gewesen.
Anne Nzinga wurde 1581 geboren (andere Quellen datieren ihr Geburtsjahr auf 1583) und war die Tochter des Herrschers von Ndongo, dem Königreich des Volkes der Mbundu. Als die Portugiesen auf der Suche nach Sklaven im 16. Jahrhundert nach Angola vordrangen, war der dortige König Kiluanja zunächst durchaus zur Kooperation mit den Eindringlingen bereit, denn der Sklavenhandel erlaubte es ihm, sich von Kriminellen und Gefangenen zu befreien. Doch die Portugiesen benötigten mehr und mehr Sklaven für ihre brasilianische Kolonie und annektierten immer mehr Land. So kam es bald zum Konflikt über diese Territorien. 1581 brach ein Krieg zwischen den ehemaligen Verbündeten aus, der nahezu hundert Jahre dauern sollte. In dieser Zeit wurde Anne Nzinga geboren, der die Gelehrten des Landes bereits bei der Geburt eine außergewöhnliche Karriere voraussagten. Im Vertrauen auf diese Weissagungen sorgte ihr Vater dafür, dass Anne eine militärische Ausbildung erhielt. Ein Umstand, der ihr später zugutekommen sollte.
Abgesehen davon verlief ihr Leben zunächst in traditionellen Bahnen, sie wurde verheiratet und Mutter eines Sohnes. Als ihr Vater, der fünf Kinder hatte, 1618 starb, ernannte sich sein Ältester offenbar unehelicher Sohn Mbandi zum König und ließ skrupellos jeden beseitigen, der ihm den Thron hätte streitig machen können. Unter seinen Opfern befand sich nicht nur sein jüngerer Bruder, sondern auch Anne Nzingas Sohn. Daraufhin verließ sie mit ihrem Mann und ihren Schwestern Mbandi und ließ sich in der Nachbarprovinz Matamba nieder.
Mbandi war in der Konfrontation mit den Portugiesen weniger kaltblütig als gegen seine inneren Widersacher. Als die Portugiesen gegen Luanda vorrückten, zog er sich auf eine Insel zurück und bat seine Schwester, mit den Portugiesen einen Friedensvertrag auszuhandeln. Dass Anne Nzinga dieser Bitte ihres Bruders nachkam, ist ein Beweis dafür, dass sie persönliche Rachegefühle zurückstellen konnte, wenn es um die Rettung ihres Volkes ging. Obwohl der selbsternannte König ihr eigenes Kind ermordet hatte, machte sie sich mit ihrem Gefolge auf den Weg nach Luanda.
Ihre Zusammenkunft mit dem portugiesischen Gouverneur de Souza ist wegen des diplomatischen Geschicks Anne Nzingas zur Legende geworden. Schon die Art und Weise ihrer Ankunft in der Residenz des Gouverneurs zeigt, dass sie eine geschickte Taktikerin war. Sie inszenierte einen königlichen Auftritt, zog mit Herolden und Musikern sowie einer großen Schar von Bediensteten in das Audienzzimmer ein. Als sie feststellte, dass man keine Sitzgelegenheit für sie vorgesehen hatte, winkte sie eine ihrer Dienerinnen heran, ließ sie niederknien und nahm auf ihrem Rücken Platz. Diese Szene ist durch das Bild eines zeitgenössischen holländischen Künstlers überliefert. im Verlauf der nun folgenden Verhandlung gelang es der Diplomatin immer wieder, die Portugiesen auszumanövrieren. Als de Souza etwa die Freilassung der von den Mbundu gefangen genommenen Portugiesen forderte, stimmte Anne Nzinga lächelnd zu, allerdings unter der Voraussetzung, dass alle in die Sklaverei verschleppten Mbundu ebenfalls in ihre Heimat zurückgebracht würden, eine selbstverständlich unerfüllbare Bedingung.
Nach langen Verhandlungen hat Anne Nzinga ihr Ziel erreicht: Portugal wollte den Mbundu-König als Regenten eines unabhängigen Ndongo-Königreiches anerkennen und seine Armee zurückziehen. Als Gegenleistung wollten die Mbundu die portugiesischen Kriegsgefangenen freilassen und im Sklavenhandel kooperieren. Um ihr Einvernehmen mit den Portugiesen zu unterstreichen, entschloss sich Anne, zum christlichen Glauben überzutreten, denn sie hoffte, dass ihr Status als christliche Verbündete Portugals ihrem Volk Vorteile verschaffen würde. Ihre Taufe fand in der Kathedrale von Luanda statt. Als christlichen Namen wählte sie Donna Anna Souza, was ein Beleg dafür ist, dass ihr durchaus an einer friedlichen Beilegung des Konflikts mit der europäischen Großmacht gelegen war. Diese Hoffnung erfüllte sich allerdings nicht. Gouverneur de Souza wurde bald abgelöst, und sein Nachfolger war weniger kompromissbereit. Anne Nzinga wurde klar, dass sie alle Hoffnungen auf eine friedliche Kooperation aufgeben musste und dass sie ihre Ziele nur erreichen konnte, wenn sie bereit war dafür, zu kämpfen.
Als auch der Konflikt mit ihrem Bruder eskalierte, bildete sie eine Allianz mit der marodierenden Bande der Jaga, aus denen sie eine disziplinierte Armee formte. Ihr Bruder starb 1633; ob sie an seinem Tod beteiligt war, ist umstritten. Nach seinem Tod erklärte sie sich selbst zur Königin. Den Kampf gegen die Portugiesen setzte sie mit einer Guerilla-Taktik fort, und besetzte den östlichen Teil des Landes, Matamba. 1641 erreichten die ersten Holländer Angola und traten dort in Konkurrenz mit den Portugiesen. Anne Nzingas Truppen verbündeten sich zeitweise mit den Holländern im Kampf gegen die Portugiesen, die jedoch letztlich wieder die Oberhand gewannen.
Aus der Zeit der holländischen Präsenz in Angola gibt es Überlieferungen eines holländischen Miltitärattachés. Er berichtete, dass die Menschen auf die Knie fielen und den Boden küssten, wenn Königin Anne Nzinga sich näherte. Viele Mythen rankten sich um ihre Person. Den Berichten zufolge kleidete sie sich wie ein Mann, und umgab sich mit jungen Männern, die Frauenkleider trugen. Sie hatte einen Beraterstab von Ältesten, war jedoch selbst nicht nur die militärische Strategin, sondern führte ihre Männer auch selbst, obwohl sie bereits über 60 Jahre alt war.
Nach dem Rückzug der Holländer zog sich Anne Nzinga auf die Hochebenen von Matamba zurück, gab aber ihren Kampf nicht auf. Immer wieder attackierte sie die Portugiesen durch Guerilla-Aktionen.
Mit 75 Jahren setzte sie sich zur Ruhe und bestimmte ihre Schwester Donna Barbara zu ihrer Nachfolgerin. Um die Existenz ihres jungen Staates zu sichern, schloss Anne Nzinga 1657 einen Friedensvertrag mit den Portugiesen, in dem ein Modus Vivendi geschaffen wurde. Das unabhängige Königreich von Matamba wurde von der Abgabenzahlung befreit, und die bestehenden Grenzen wurden anerkannt. Dieses Abkommen sollte noch zwei Jahrhunderte lang die Beziehungen zwischen den Völkern Angolas und Portugals beeinflussen. Anne Nzinga ließ sich erneut taufen und rief auch ihr Volk dazu auf, den christlichen Glauben anzunehmen, ein Aufruf, der 1660 durch eine Massentaufe umgesetzt wurde. Auch mit diesem letzten Schachzug bewies in sie ihr politisches Talent: Indem sie ihr Land in einen christlichen Staat umwandelte, konnte sie im Falle eines neuerlichen Konflikts mit den Portugiesen mit der Unterstützung des Papstes rechnen.
Anne Nzinga starb am 17. Dezember 1663 im Alter von 82 Jahren. Die Nation, die sie geschaffen hatte, überlebte sie und ihre Schwester Barbara. Das Vordringen der Kolonialmächte auf dem afrikanischen Kontinent war jedoch nicht aufzuhalten. Im 19. Jahrhundert hatten die Europäer überall in Afrika ihre Machtstellung etabliert, auch in Angola. Der Kampf um Unabhängigkeit, der nun begann, und mit der Unabhängigkeit Angolas endete, gründete sich auf die gleichen Methoden, deren sich schon Anne Zinga bedient hatte: den Guerillakampf.
Auch wenn Anne Nzingas Methoden zum eigenen Machterhalt nicht unumstritten sind und sie im Sklavenhandel gezwungen wurde, zu kooperieren, wird sie nicht nur in Angola verehrt. Für die afrikanischen Völker repräsentiert sie den erfolgreichsten Widerstand gegen die Kolonialherrschaft und gilt als Symbol für den Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit.
(Text von 2023)
Verfasserin: Martina Jalloh
Literatur & Quellen
Ollivier, Albert. Hg. 1961. Memoiren der Herzogin von Abrantès. Aus dem Frz. von Margarete Montgelas. Stuttgart. Koehler.
Jean Louis Castilhon, Zingha, Reine d’Angola «biographie colorée», 1769, Paris.
John K. Thornton: Legitimacy and Political Power: Queen Njinga, 1624–1663. The Journal of African History, 1991, Band 32, Nr. 1, S. 25–40
https://histoire.ci/2019/01/26/anne-zinga-reine-de-ndongo/ https://www.thoughtco.com/queen-anna-nzinga-3529747
https://de.wikipedia.org/wiki/Nzinga_von_Ndongo_und_Matamba
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Nzinga_Mbandi_Queen_of_Ndongo_and_Matamba_English.pdf
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