Biographien Alexandra Kollontai
geboren am 31. März 1872 in St. Petersburg
gestorben am 9. März 1952 in Moskau
russische Revolutionärin, Diplomatin und Schriftstellerin
150. Geburtstag am 31. März 2022
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
“Die Frauen und ihr Schicksal beschäftigten mich ein Leben lang, und ihr Los war es auch, das mich zum Sozialismus führte”, schrieb Alexandra Kollontai 1926 in ihrer Autobiographie einer sexuell emanzipierten Kommunistin, mit der sie auf ihre Zeit als revolutionäre Parteiarbeiterin zurückblickte.
Die politische Karriere der Tochter eines russischen Generals und einer Finnin war beispiellos. Sie gehörte 1917 als erste Frau dem revolutionären sowjetischen Kabinett an und übernahm 1919 den Vorsitz der Frauenabteilung beim ZK der Partei. Als Volkskommissarin für soziale Fürsorge war die geschiedene, alleinerziehende Mutter eines Sohnes verantwortlich für die kurzzeitige Lockerung des Eherechts und für besseren Mutterschutz, sie setzte das Recht auf Abtreibung durch und schlug vor, “unproduktive Hausarbeit” durch Volksküchen und kollektive Kindererzeihung zu ersetzen, denn “die wirklich befreite Frau muß materiell vom Mann unabhängig sein und von den mit der Mutterschaft verbundenen Pflichten entlastet werden.”
Für Alexandra Kollontai gab es keinen Zweifel: Ohne Sozialismus keine Befreiung der Frau – und ohne Befreiung der Frau kein Sozialismus. Bereits 1905 hatte sich die militante Feministin für die Gründung autonomer Frauenabteilungen innerhalb der Partei eingesetzt. “Nicht die sexuellen Beziehungen bestimmen das moralische Ansehen der Frau, sondern ihr Wert im Arbeitsleben, bei der gesellschaftlich nützlichen Arbeit”, war Kollontais Devise. Aber ihre “neue Sexualmoral”, die sie in Worten und Taten vertrat, wurde mißverstanden und verleumdet, stellte sie doch die vertrauten patriarchalischen Strukturen in frage.
Nicht jedoch ihre militante Haltung in der Frauenfrage wurde ihr schließlich zum Verhängnis, sondern ihre harsche Kritik an der Bürokratie auf dem X. Parteitag im März 1921, mit der sie sich in “parteifeindliche Opposition” begab. Von 1923 bis 1946 vertrat sie – freiwillig oder von Stalin strafversetzt? – die Sowjetunion in Norwegen, Mexiko und Schweden. Aber auch das nicht ohne Einfluß: 1944 trug die weltoffene und hochgebildete Diplomatin zum Waffenstillstandsabkommen zwischen Moskau und Helsinki bei und ermöglichte Finnland den Ausstieg aus dem zweiten Weltkrieg.
“Ich hatte immer ein Talent zu 'leben', und ich habe es heute noch. Ich habe viel erreicht, viel gekämpft, viel gearbeitet, aber ich konnte mich auch freuen am Leben, wie immer es aussah”, schrieb sie 1950 in ihren Betrachtungen über meine Vergangenheit. 1952 starb sie, hochdekoriert, in Moskau.
Pusch/Gretter, Berühmte Frauen: 300 Portraits, Bd 2
Verfasserin: Susanne Gretter
Literatur & Quellen
Kollontai, Alexandra. Autobiographie einer sexuell emanzipierten Kommunistin. Nachwort Iring Fetscher. München. Rogner & Bernhard 1970.
Kollontai, Alexandra. Der weite Weg: Erzählungen. Aufsätze, Kommentare. Aus dem Russischen von Gertraude Krueger & Eva Pilz. Frankfurt. Neue Kritik 1979.
Kollontai, Alexandra. Die Situation der Frau in der gesellschaftlichen Entwicklung: Vierzehn Vorlesungen vor Arbeiterinnen und Bäuerinnen. Aus dem Schwedischen von Claudia Sternberg. Frankfurt. Neue Kritik 1975.
Porter, Cathy. Alexandra Kollontai: A Biography. London. Virago 1980.
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