geboren am 11 November 1744 in Weymouth MA
gestorben am 28. Oktober 1818 in Braintree MA
US-amerikanische First Lady, Briefschreiberin und Ratgeberin ihres Mannes John Adams, des 2. Präsidenten der USA
280. Geburtstag am 11. November 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Abigail Adams war die Frau des zweiten und Mutter des sechsten Präsidenten der Vereinigten Staaten: John Adams (1735-1826; Präsident 1797-1801) bzw. John Quincy Adams (1767-1848; Präsident 1825-1829). Und somit die Urmutter eines im 19. Jahrhundert führenden Polit-Clans der USA (ähnlich dem Kennedy-Clan im 20. Jahrhundert).
Abigail und John Adams heirateten im Oktober 1764, wenige Tage vor Johns 29. und Abigails 20. Geburtstag. Die beiden liebten und achteten einander all die 54 Jahre ihrer Ehe. Dabei war diese Ehe schweren Prüfungen und Belastungen ausgesetzt: Revolution und Krieg, jahrelange Trennungen, früher Tod von vier Kindern. Abigail gebar zwischen 1765 und 1777 sechs Kinder, drei Mädchen und drei Jungen. Nur der älteste und der jüngste Sohn überlebten die Eltern. Die jüngste Tochter wurde tot geboren, die zweite starb mit 14 Monaten. Der zweite Sohn, Charles, erlag mit 30 Jahren seiner Trunksucht, und die Erstgeborene, Nabby (Koseform von Abigail) starb 1813 mit 47 Jahren elend an Brustkrebs.
Abigail und John führten einen lebhaften Briefwechsel, da John beruflich viel unterwegs war, zuerst als Bezirksrichter in Massachusetts, später als Abgeordneter im Kontinentalkongress in Philadelphia und schließlich jahrelang als US-Diplomat in Europa. Erst als Abigail 1784 ihren Mann in Paris besuchte und schließlich mit ihm nach London zog, wo er als erster US-Botschafter wirkte, war die Zeit der schlimmsten Trennungen vorbei. 1789 wurde John Vizepräsident und acht Jahre später Präsident, und obwohl Abigail und John nun öfter länger am selben Ort sein konnten, ließen die Regierungsgeschäfte und Repräsentationspflichten ihnen wenig Zeit für ein Privatleben. Das wurde erst möglich während des letzten Viertels ihrer Ehe.
Über die rund 1100 Briefe, die Abigail und John miteinander wechselten, schrieb ihr Entdecker Joseph J. Ellis im Jahr 2010, sie seien eine Fundgrube unerwarteter Intimität und Offenheit, aufschlussreicher als alle anderen Briefwechsel zwischen berühmten US-amerikanischen Eheleuten. Abigails Briefe hält er für besser und farbiger als Johns – das ist umso bemerkenswerter, als Abigail keine nennenswerte Schulbildung genossen hatte und John als einer der besten Briefschreiber seiner Zeit gilt.
Ende März 1776 – wenige Monate vor der Verabschiedung der Unabhängigkeitserklärung der 13 Kolonien gegen das »Mutterland« Britannien – schrieb Abigail jene kühnen Sätze an John, für die sie berühmt wurde und die immer wieder zitiert werden, sobald von ihr die Rede ist: »Remember the Ladies!« (Vergiss die Frauen nicht!). Im Zusammenhang liest sich das so:
Und übrigens, für das neue Gesetzbuch, das Ihr verfassen müsst, wie ich vermute, würde ich mir wünschen, dass ihr die Frauen nicht vergesst und ihnen gegenüber großzügiger und wohlwollender seid als eure Vorfahren. Gebt den Ehemännern nicht so uneingeschränkte Macht. Vergesst nicht, alle Männer wären Tyrannen, wenn sie es könnten. Wenn den Frauen nicht besondere Sorge und Aufmerksamkeit zuteil wird, sind wir gezwungen, eine Rebellion anzufachen, und wir werden uns nicht an irgendwelche Gesetze gebunden fühlen, bei denen wir kein Mitspracherecht haben und nicht vertreten sind.
John antwortete, über ihre Ermahnung könne er nur lachen, denn »die Abschaffung unserer Maskulinen Systeme würde uns vollständig dem Despotismus des Petticoats unterwerfen«.
Abigail und John waren einander ebenbürtig hinsichtlich Charakter- und Geistesstärke, aber das herrschende »maskuline System« (Patriarchat) hatte für ihn die Führungsrolle im Team vorgesehen und für sie die dienende. Offen auflehnen konnte sie sich dagegen nicht, aber sie fand Mittel und Wege, um ihr »frühfeministisches Programm« trotzdem zu verwirklichen. Viele Männer ihrer Familie waren der ihnen zugeteilten Führungsrolle nicht gewachsen: Sie verfielen der Trunksucht (Abigails einziger Bruder William und ihre Söhne Charles und Thomas), sie blieben beruflich erfolglos und/oder verspekulierten und verschuldeten sich heillos (ihr Schwager Richard Cranch und ihr Schwiegersohn William Smith). Die Opfer dieser überforderten und gescheiterten Männer waren ihre Frauen und Kinder, die sie mittellos zurückließen. Abigail nahm sich ihrer an, lieh oder schenkte ihnen Geld und/oder nahm sie in ihr Haus auf. Tätige Nächstenliebe hatte schon ihre Mutter, die Pfarrfrau Elizabeth Quincy Smith, gepflegt, bis zur Erschöpfung und zum Tod: Bei einer der zahlreichen Pockenepidemien der damaligen Zeit pflegte sie die Kranken, steckte sich an – und starb mit 55 Jahren.
Wie aber schaffte es Abigail, quasi unbemerkt von ihrem Gatten, das Geld für ihre Wohltätigkeit zu verdienen und selbständig zu verwalten? Eigentlich war den Ehefrauen eigener Besitz gesetzlich verboten. Unter dem Gesetz der »Coverture« waren Mann und Frau eine Person, und diese Person war der Mann. Legal existierte die Ehefrau nicht; alles, was sie verdiente, erwirtschaftete oder erbte, gehörte automatisch ihrem Mann. Da John so viel unterwegs war, vertraute er ihr die Verwaltung des Hauses und die Bewirtschaftung ihrer kleinen Farm an, gab zwar brieflich Anweisungen und Ratschläge, aber im wesentlichen war Abigail monate- und schließlich jahrelang auf sich allein gestellt – und das zu Kriegszeiten. Sie zog ein Importgeschäft auf, für das John ihr Bänder und ähnliche Modeartikel aus Paris schicken musste, die sie dann in Boston mit sehr hohem Gewinn veräußern konnte. Was sie davon nicht für laufende Unkosten verbrauchte, steckte sie in Wertpapiere, u.a. in Anleihen des jungen Staates. Anders als etliche ihrer männlichen Verwandten spekulierte sie in aller Regel geschickt und erzielte beträchtliche Gewinne. Als «Strohmann« bzw. Treuhänder (als Ehefrau durfte sie ja keine Geschäfte tätigen) fungierte ihr Onkel Cotton Tufts.
Die Krönung ihrer feministischen wie geschäftlichen Erfahrung und Überzeugung war ihr Testament: Bis auf ihre beiden überlebenden Söhne wurden alle männlichen Verwandten von dem Geldsegen, den sie ausschütten konnte, ausgeschlossen. Das Geld ging an ihre Enkelinnen, Nichten, Cousinen, Schwiegertöchter, ihre Schwägerin und zwei Dienerinnen. Es wurde nicht gleichmäßig verteilt, sondern nach Bedürftigkeit: Je ärmer eine war, umso mehr erbte sie von Abigail.
Dieses wichtige biografische »Detail« verdanken wir Abigails Biographen Woody Holton, der sich überhaupt als erster für Abigails Geschäfte und Finanztransaktionen interessierte. Andere Biographen haben das Testament auch studiert, aber dessen deutlich feministische Absicht nicht begriffen. Sie haben Abigail einfach nicht zugetraut, dass sie tatsächlich, wie angedroht, eine »Rebellion anfachen« würde.
(Text von 2017)
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
Her letters—pungent, witty, and vivid, spelled just as she spoke—detail her life in times of revolution. They tell the story of the woman who stayed at home to struggle with wartime shortages and inflation; to run the farm with a minimum of help; to teach four children when formal education was interrupted. Most of all, they tell of her loneliness without her “dearest Friend.” The “one single expression”, she said, “dwelt upon my mind and played about my Heart….”
(https://www.whitehouse.gov/1600/first-ladies/abigailadams)
Links
252 Abigail Adams Bilder und Fotos - Getty Images (2023).
Online verfügbar unter https://www.gettyimages.de/fotos/abigail-adams, zuletzt geprüft am 16.10.2023.
Massachusetts Historical Society: Adams Family Papers : An Electronic Archive. Enthält Korrespondenz von Abigail und John Adams, das Tagebuch von John Adams und seine Autobiografie.
Online verfügbar unter http://www.masshist.org/digitaladams/archive/index, zuletzt geprüft am 16.10.2023.
Massachusetts Historical Society: Adams Papers Digital Edition.
Online verfügbar unter http://www.masshist.org/publications/adams-papers/, zuletzt geprüft am 16.10.2023.
Svoboda, Martin (2023): Abigail Adams Zitate | Zitate berühmter Personen.
Online verfügbar unter https://beruhmte-zitate.de/autoren/abigail-adams/, zuletzt geprüft am 16.10.2023.
Literatur & Quellen
Quellen
Ellis, Joseph J. (2010): First family. Abigail and John. 1. ed. New York. Knopf. ISBN 9780307269621.
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Holton, Woody (2009): Abigail Adams. 1. Free Press trade paperback ed. New York. Free Press. ISBN 9781416546801.
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McCullough, David G. (2001): John Adams. New York, NY. Simon & Schuster. ISBN 0743223136.
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Mehr dazu unter http://www.loc.gov/catdir/bios/simon051/2001027010.html
Roberts, Cokie (2004): Founding mothers. The women who raised our nation. 1. ed. New York, NY. Morrow. ISBN 0060090251.
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Werke
Adams, Abigail (2016): Letters. (=Correspondence)Herausgegeben von Edith Belle Gelles. New York NY. The Library of America. (The Library of America series, 275) ISBN 9781598534658.
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Adams, John; Adams, Abigail (2004): The letters of John and Abigail Adams. (=Familiar letters of John Adams and his wife Abigail Adams, during the Revolution) Edited with an introduction and notes by Frank Shuffelton. New York. Penguin Books. ISBN 0142437115.
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Adams, John, Adams, Abigail und Hogan, Margaret A. (Hg.) (2007): My dearest friend. Letters of Abigail and John Adams. Cambridge, Mass. Belknap Press of Harvard Univ. Press. ISBN 9780674026063.
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Cappon, Lester Jesse (Hg.) (1988): The Adams-Jefferson letters. The complete correspondence between Thomas Jefferson and Abigail and John Adams. Chapel Hill, NC, London. University of North Carolina Press. ISBN 0807842303.
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Jacobs, Diane (2014): Dear Abigail. The intimate lives and revolutionary ideas of Abigail Adams and her two remarkable sisters. First edition. New York. Ballantine Books. ISBN 9780345465061.
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Kaminski, John P. (Hg.) (2009): The quotable Abigail Adams. Cambridge, Mass. Belknap Press of Harvard Univ. Press. ISBN 9780674035324.
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Weiterführende Literatur
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Akers, Charles W. (2007): Abigail Adams. A revolutionary American woman. 3rd ed. New York. Pearson Longman. (The library of American biography) ISBN 9780321445018.
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Barker-Benfield, G. J. (2010): Abigail and John Adams. The Americanization of sensibility. Chicago, London. University of Chicago Press. ISBN 0226037436.
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Cawthorne, Nigel (1998): Das Intimleben amerikanischer Präsidenten. Von George Washington bis Bill Clinton. Münster. Lit. ISBN 382583736X.
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Gassert, Philipp (Hg.) (2000): Mrs. President. Von Martha Washington bis Hillary Clinton. München. Dt. Verlags-Anstalt. ISBN 3-421-05297-2.
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Gelles, Edith Belle (2009): Abigail & John. Portrait of a marriage. 1. ed. New York. Morrow. ISBN 9780061353871.
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Gelles, Edith Belle (2014): Abigail Adams. A Writing Life. Hoboken. Taylor and Francis. ISBN 9780415939454.
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Mehr dazu unter http://gbv.eblib.com/patron/FullRecord.aspx?p=668505
Gerste, Ronald D. (2000): Die First Ladies der USA. Von Martha Washington bis Hillary Clinton. Regensburg. Pustet. ISBN 3791716859.
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Jacobs, Diane (2014): Dear Abigail. The intimate lives and revolutionary ideas of Abigail Adams and her two remarkable sisters. First edition. New York. Ballantine Books. ISBN 9780345465061.
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Waldstreicher, David (2013): A Companion to John Adams and John Quincy Adams. Malden MA. Wiley. (Wiley-Blackwell companions to American history) ISBN 9780470655580.
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Wan, Rosana Y. (2014): The culinary lives of John & Abigail Adams. A cookbook. Atglen PA. Schiffer Publishing Ltd. ISBN 9780764346699.
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Withey, Lynne (2002): Dearest friend. A life of Abigail Adams. 1st Touchstone ed. New York. Simon & Schuster. ISBN 0743229177.
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