Nachdenken über unsere Männersprache: Zum generischen Femininum der Uni Leipzig
Professorin, Studentin, Mitarbeiterin: Weibliche Bezeichnungen sollen an der Uni Leipzig künftig auch für Männer gelten. Doch führt das auch zu mehr Gleichberechtigung? Ein Interview der Deutschen Welle mit der Linguistin Luise Pusch.
(Die leicht gekürzte Fassung des Interviews findet sich hier bei der Deutschen Welle).
In der deutschen Öffentlichkeit wird seit 30 Jahren über das Thema Geschlecht und Sprachgerechtigkeit gestritten. In den 1980er Jahren wurden deshalb Doppelformen wie "Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen" in Deutschland eingeführt. Die Uni Leipzig geht mit der geplanten Einführung des so genannten generischen Femininums, das – wie sonst das generische Maskulinum – beide Geschlechter meinen soll, noch einen Schritt weiter.
Beschlossen hat die Änderung der männlich dominierte erweiterte Senat der Hochschule. Vor einem Monat stimmte auch das Rektorat zu. Die neue Verfassung, zu der auch die Bezeichnungsänderungen zählen, tritt in Kraft wenn das Wissenschaftsministerium keine Änderungen fordert. Doch es hat bereits signalisiert, dass es die neue Sprachregelung nicht beanstanden will.
Über die Signalwirkung der neuen Sprachregelung an der Hochschule und den Einfluss von Sprache auf unsere Gesellschaft hat die DW mit der Sprachwissenschaftlerin Luise Pusch gesprochen.
DW: Sie forschen seit über 30 Jahren über Sprachgerechtigkeit. Welche Bedeutung hat der Beschluss für die Frauen an der Uni Leipzig? Luise Pusch: Das ist auf alle Fälle ein Fortschritt und zwar nicht nur an der Uni Leipzig, sondern bundesweit. Der Beschluss wird diskutiert, das regt die Leute zum Nachdenken an und jede Art von Nachdenken über unsere Männersprache ist für die Sprache insgesamt gut, denn diese Sprache ist sehr ungerecht.
DW: Warum ist es denn so wichtig in der Sprache gerecht zu sein? Luise Pusch: Es hat viel mit Identitätspolitik zu tun. Frauen wollen, dass sie in der Sprache genauso sichtbar sind wie Männer, denn die Männersprache verdrängt jeden Gedanken an Frauen. Jeder Satz, der im Maskulinum über Personen spricht, erzeugt in unseren Köpfen nur männliche Bilder und das ist ein ganz großer Nachteil für Frauen.
DW: Wie genau beeinflusst Sprache denn unsere gesellschaftliche Realität? Luise Pusch: Im Deutschen haben wir lauter Suggestivsätze, die dieses männliche Bild erzeugen. Wenn Sie zum Beispiel hören "Wer wird der neue Bundespräsident?" dann ist das ist eine Suggestivfrage. Da kommt das Bild einer Bundespräsidentin kaum noch in den Blick. Es gibt viele psycholinguistische Tests, die den Effekt nachgewiesen haben. Wenn solche Fragen im Maskulinum gestellt werden, oder Geschichten im Maskulinum erzählt werden und dann sollen die Testpersonen die Geschichte vervollständigen, dann wählen sie meistens Personen mit männlichen Namen. Sie stellen sich also Männer vor. Wenn vorher die Doppelform gewählt wurde, ist es gleich, es werden Männer- und Frauennamen genannt. Und wenn jetzt das Femininum gewählt würde, dann würden sie sich wahrscheinlich mehr Frauen vorstellen. Und das ist der Sinn der Sache, dass die Frauen auch mal in die Köpfe der Gesellschaft hineinkommen.
DW: Gegner werfen Ihnen vor, dass das generische Femininum inhaltlich nichts bringe und die Sprache nur unnötig verkompliziere. Ist die Verwendung nicht zu umständlich? Es kommt auf die Werte an. Wenn wir sprachliche Gerechtigkeit wollen, brauchen wir etwas anderes als das generische Maskulinum. Die Doppelform, also zum Beispiel "Professorinnen und Professoren", ist allgemein als gerecht anerkannt, aber natürlich viel umständlicher als das generische Femininum. Die Doppelform ist eigentlich nur ein Entgegenkommen gegenüber den Männern, weil sie dadurch nicht so in ihrer Identität verletzt werden wie Frauen durch das generische Maskulinum, das wir schon seit Jahrtausenden haben. Demgegenüber ist das Femininum erstens besser für Frauen, zweitens gerecht nach dem Rotationsprinzip („jetzt sind mal die Frauen dran“) und drittens kürzer. Ich bezeichne das generische Femininum schon seit 30 Jahren als Empathietraining für Männer, damit sie mal eine Vorstellung davon entwickeln, was es eigentlich bedeutet, immer nur mitgemeint zu sein und eigentlich nie genau zu wissen, ob mann eigentlich überhaupt gemeint ist.
DW: In Ihren Publikationen schlagen Sie noch viel tiefgreifendere Änderungen in der deutschen Sprache vor. Luise Pusch: Ich habe schon immer ein Stufenmodell vorgeschlagen. Erst mal müssen wir die Frauen in die Sprache hineinbringen, am besten mit dem generischen Femininum, aber das Ziel sollte später die Abschaffung der Endung "-in" sein. Eine solche Ableitung der Feminina aus den Maskulina gibt es ja zum Beispiel im Englischen kaum. Eigentlich sollten wir Frauen „die Wortstämme besetzen“, wie ich es nenne: „die Arzt“ und „der Arzt“ – dann gilt „ärztlich“ automatisch für beide Geschlechter und wir müssen uns nicht mit „ärztinlich“ und ähnlichem herumschlagen. Nach der Abschaffung des "-in" wollen wir zweitens das Neutrum für Personenbezeichnungen einführen. Wir hätten dann "die, der und das Professor". Das "-in" brauchen wir zum Beispiel auch nicht bei "die Angestellte", „die Abgeordnete“, usw.. Deswegen ist „die Angestellten“ dann im Plural geschlechtsneutral. Es gibt ganz viele Personenbezeichnungen im Deutschen, die bereits so funktionieren.
Systematisch ist die Endung „-in“ also eigentlich nicht nötig. Für Personen, deren Geschlecht nicht feststeht und die im Singular benannt werden müssen, da haben wir dann das Neutrum. Also: „gesucht wird ein Professor, das sich in feministischer Theorie auskennt". Wir haben – anders als z.B. die romanischen Sprachen – im Deutschen das Neutrum und warum sollen wir es nicht aktivieren für diesen Mitteilungszweck, über Personen zu reden, deren Geschlecht nicht vorher festgelegt werden soll. Also: Wer wird das nächste Bundespräsident?
DW: Inwiefern ist die Diskussion um die feministische Linguistik ein sehr deutsches Phänomen? Luise Pusch: Der Staat Washington im Nordwesten der USA hat gerade etwas Ähnliches wie die Uni Leipzig gemacht. Dort wurde ganz gründlich die gesamte Verfassung des Staates umgeschrieben in eine geschlechtergerechte Sprache. Also alles, was da mit "-man" endete, wurde geändert. „Chairman“ heißt jetzt durchgehend „chair“, und „freshman“ wurde zu „first year student“. In der englischen Sprache gibt es nicht so viele Probleme wie im Deutschen, denn unsere Sprache ist besonders komplex und schwierig zu therapieren. Aber das Anliegen haben viele andere Länder auch und führen es auch durch.
DW: In Leipzig wurde die Änderung von einem männerdominierten Senat verabschiedet. Ist das auch ein Signal für ein verbessertes frauenpolitisches Klima an den deutschen Hochschulen? Das wäre zu hoffen. Es bleibt aber noch abzuwarten. Tatsächlich haben wir ja in den letzten 30 Jahren in vielerlei Hinsicht auch Fortschritte gemacht. Es gibt jetzt nicht mehr nur um vier Prozent Professorinnen wie zu der Zeit, als ich studiert habe, sondern es sind immerhin 19 Prozent. Das ist eine Verfünffachung. Aber wir sind noch längst nicht am Ziel einer 50/50-Quote. Aus Leipzig hören wir, dass es dort auch mehr Studentinnen als Studenten gibt. Allein das statistische Prinzip legt also nahe, von Studentinnen zu sprechen.
Prof. Dr. Luise Pusch, 69, fordert seit 30 Jahren eine geschlechtergerechte Sprache. Die Sprachwissenschaftlerin gilt als Mitbegründerin der feministischen Linguistik. Sie lebt als freie Autorin in Hannover und betreibt das Institut für feministische Biografie-Forschung mit dem Webportal [url=http://www.fembio.org]http://www.fembio.org[/url]. Ihre Aufsatz- und Glossensammlungen wie „Deutsch als Männersprache“, "Alle Menschen wurden Schwestern", "Die Frau ist nicht der Rede wert" oder „Deutsch auf Vorderfrau“ wurden zu Bestsellern.
Das Interview führte Marie Todeskino.
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7 Kommentare
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13.08.2013 um 16:28 Uhr Amy
Ich zitiere aus “Sprache ist Gewöhnungssache” Luise F. Pusch, warum es Sprachfeminismus braucht:
Männer haben in unserer Gesellschaft den höheren Status, das überträgt sich auf männliche Bezeichnungen, nehmen Sie etwa das Beispiel Gouverneur und Gouvernante (engl. governor/governess) . Eine Architektin erklärte mir, sie müsse sich `Architekt` nennen, sonst dächten die Leute, sie sei `nur` Innenarchitektin. Eine Gärtnerin sagte, sie müsse sich als `Gärtner` bezeichnen, sonst dächten die Leute, sie sei `nur` Floristin. In der Schweiz verwies die Berufsbezeichnung `Koch` auf eine längere Ausbildung und höhere Gehaltsklasse als `Köchin` - ob das noch heute so ist, weiss ich nicht. Die Strategie, gegen diese systematische Abwertung des Weiblichen vorzugehen, ist natürlich: Forcierung der femininen Bezeichnungen….
...ich nenne es Selbstverteidigung gegen sprachliche Auslöschung, Gehirnwäsche ist vielmehr dort auszumachen, wo dem Volk seitens männlicher Grammatiker und `Sprachschützer` eingeredet wird, maskuline Personenbezeichnungen seien geschlechtsneutral. Sie sind es nicht, das ist wissenschaftlich erwiesen. Bei maskulinen Personenbezeichnungen denken die Menschen primär an Männer…” Zitatende
Ich wundere mich , daß weibl. Menschen meinen im Maskulinum mit-/gemeint zu sein - wenn dem so wäre und diese Befürworterinnen angeblich so `emanzipiert` sind, müsste die Maskulinguistik keine Probleme mit dem generischen Femininum haben; da dort Männer sogar sichtbar in Erscheinung treten. Aber der Aufschrei gegen die neue Formulierung a.d. Uni Leipzig zeigt, wie sich die `Abwertung` des Weiblichen in etlichen Köpfen eingeprägt hat. Welcher Mann z.B. würde weibliche Berufsbezeichnungen i.d. typ. `weiblichen` Berufssparten akzeptieren - da wird die Nase gerümpft!
Wofür haben die Frauenbewegungen, die Feministinnen eigentlich gekämpft? Hätten sie sich mit der vorgegebenen `Norm` zufrieden gegeben, gäbe es heute noch kein Wahlrecht für Frauen. Und m.E. hat sich eine Menge auch aufgrund der feminist. Sprachkritik im (u.a. Sprache, Gesetzgebung, Aktionen, Sensibilisierung etc.) Bewusstsein vieler Frauen verändert - sonst wäre das Geschrei der Maskulinguisten und der Maskulinisten nicht so groß, sobald es um feministische Themen geht.
Außerdem: Die feministische Linguistik (Luise F. Pusch) erklärt uns seit über 40 Jahren auf wissenschaftlicher Ebene die Ungleichbehandlung im Sprachgebrauch. Das beste Beispiel für Diskriminierung und die Dominanz der Maskus zeigt die Vita von Luise, wie sie aufgrund ihres `Nichtlassen-Könnens von feministischer Forschung aus dem patriarchalen universitären Wissenschaftsbereich praktisch auf kaltem Wege rausgedrängt wurde`.
Was hat die Presse aufgeheult bei der angebl. und von der Männerpresse bewusst falsch gelegten Spur .. Be-/Nennung `Herr Professorin` ; auch deshalb wünschte ich mir mehr emanzipatorische Solidarität von den angeblich `Emanzipierten`, die `weibliche Bezeichnungen` ablehnen.
Zitat: ” Horst Simon , Sprachwissenschaftler, benennt sich in seinen Vorlesungen als `Linguistin`; beim feministischen Sprachgebrauch haben nun vor allem Männer Angst, dass ihre Pfründe verloren gehen. Das amüsiert mich. In unserem judeo-christl. Weltbild ist der Standardmensch in der Tat der Mann.”
Und so zieht sich die `Nichtbenennung` von Frauen wie ein `Roter Faden` durch die gesamte Menschheitsgeschichte:
Nur als Beispiel: “Frauen in der Wissenschaft sichtbar machen” http://www.gras.at/node/189
10.08.2013 um 18:19 Uhr Lara-Luisa
“Weil die Frauen in der DDR gar nicht so `emanzipiert` waren, wie uns vorgegeben wird.”
Zunächst einmal wird gar nichts “vorgegeben”.
Die Emanzipation der DDR-Frauen kann man nicht auf Grund einer Jahresarbeit einer ziemlich unbekannten Person, über die sich keinerlei Reputationen finden lassen, beurteilen. Darüberhinaus spiegelt sich Emanzipation nicht nur in der Berufstätgigkeit von Frauen wider. Wäre es so, dann hätten Westfrauen noch heute gewaltig das Nachsehen.
“Frauen diese Anpassungsleistung zu erbringen haben, sind grundlegende strukturelle Veränderungen nicht zu erwarten.”
Welche “grundlegenden strukturellen” Veränderungen haben Westfrauen mit der Einführung weiblicher Bezeichnungen erreicht? (keine.)
08.08.2013 um 11:30 Uhr Amy
Nur zur Info : Im Maskulinum mitgemeint ? Weil die Frauen in der DDR gar nicht so `emanzipiert` waren, wie uns vorgegeben wird. Die Emanzipation entwickelte sich aufgrund ökonom./sozialstruktureller Probleme. Auch wenn sie sich unter den Begriffen Ingenieur, Techniker ...mitgemeint fühlten, Karriere machten überwiegend wiederum die Männer! So blieben Führungspositionen in Wirtschaft und Politik den Männern vorbehalten. Auch auf dem Arbeitsmarkt galt: trotz Proklamationen bezüglich der Erreichten `Gleichstellung der Geschlechter` blieb geschlechtsspezifisch segmentiert - das Fliessband, Sozialwesen, der Gesundheitsbereich, Dienstleistungsbereich etc. für die Frauen, während sie in der Industrie, im Handwerk, Bau- und Verkehrswesen unterrepräsentiert waren. Und von wegen gleicher Lohn bei gleicher Arbeit ! Die Karriere der Frauenmehrheit verlief auch in der DDR auf unterer und mittlerer Ebene. Oben blieben die Genossen gerne unter sich. Wenigstens in diesem Punkt mussten sie sich nach der Wende nicht umstellen. Der Haushaltstag war Programm: Es gab ihn nur für Frauen. Die “Muttis” waren auch im Sozialismus für die Familie zuständig, den Beruf hatten sie nebenher zu erledigen, fanden die sozialistischen “Vatis”. Der Chef warf wie nebenbei hin: “Das sind die Kranführer - typischer Frauenberuf.” Was im Westen als Domäne des Männlichen und Technischen galt, hatten die DDR-Frauen längst für sich erobert, wobei ihre Leistungen von den Kollegen dort genauso verächtlich abgetan wurden wie die Leistungen der Frauen im Westen ; sozialistisches Weltbild hin oder her. Selbst 1960 waren Vorurteile und emanzipationsfeindliche Einstellungen der Männer mit der größte Hinderungsgrund des Erfolgs von Frauenarbeit und insb. der Emanzipation.
Zitiert (Berufliche Karrierechancen von Frauen - ein Vergleich zwischen der BRD und der DDR/Zusammenfassende Ergebnisse einer empirischen Untersuchung; Berlin) “Gleichstellung von Frauen im Beruf bedeutet immer noch in beiden gesellschaftl. Systemen weibliche Anpassung an männlich dominierte Wertvorstellungen und an eine männlich konzipierte Berufswelt. Solange ausschl. Frauen diese Anpassungsleistung zu erbringen haben, sind grundlegende strukturelle Veränderungen nicht zu erwarten.”
http://www.fvss.de/assets/media/jahresarbeiten/geschi/ddr_musterland_der_emanzipation.pdf
01.08.2013 um 19:56 Uhr Lara-Luisa
“weil sie dadurch nicht so in ihrer Identität verletzt werden wie Frauen durch das generische Maskulinum, das wir schon seit Jahrtausenden haben.”
Wie kann es sein, dass sich Frauen in der DDR (sogar jetzt noch) durch das gen. Maskulinum weder “nur mitgemeint” oder in ihrer Identität verletzt, sondern selbstverständlich gemeint fühlen und es sogar für sich selbst als Eigenbezeichnung nutzen?
17.06.2013 um 00:36 Uhr anne
@ Lena Vandrey - zum schweigen und zur sichtbarkeit, ja, deshalb ist es wichtig, daß der begriff `lesbe` nicht abgeschafft wird, auch weil die lesbische frau eine geschichtliche vergangenheit hat: ausgrenzung, verfolgung, diskriminierung, unterdrückung, gewalt und das bis heute weltweit.
12.06.2013 um 12:53 Uhr Lena Vandrey
Das ganze sprachliche Problem - wohl das wichtigste überhaupt - hat Echos aus der Vergangenheit.
Beispielsweise erscheint neuerdings eine, übrigens schöne, Neuauflage von Monique Wittigs und Sande Zeigs “Brouillon pour un Dictionnaire des Amantes” (“Kladde für ein Wörterbuch der Geliebten”).
Im Deutschen hieB es, trotz all meiner Proteste, denn ich sollte die Übersetzung nachlesen, “Lesbische Völker”, schlecht übernommen von der amerikanischen Vorlage “Lesbian Peoples”. Mir schien, dass “Peoples” eher “Leute” bedeutete, aber die Übersetzerinnen lebten in dem Wahn von Bevölkerungen und Völkern. Im Vorwort zur Neuauflage erscheint das auch ganz klar: Alles wird zu Gender und Queer hinübergeschoben, und wer verliert in der Sache? Die Lesben!
Die “AMANTES” brauchen das Zu-Wort “lesbisch” nicht, das versteht sich von selbst. Da ist wieder etwas falsch, denn Transsexuelle können durchaus Amantes sein, aber keine Lesben. Warum wird diese Kategorie sprachlich immer wieder ausgeklammert? Ich erinnere mich an ein Interview 1970: Ich sagte, dass ich als LESBE unterdrückt sei. Nein, als “Frau”, sagte die Journalistin! Das aber wäre weiter noch zu diskutieren…
Ich lese, dass es eine scharfe Kontroverse zwischen Hélène Cixous und Monique Wittig gegeben hat, habe aber leider keinen Beleg darüber. Einerseits ist dieser Zwist völlig verständlich, andererseits waren BEIDE schon auf dem Wege zu Queer und Gender. Bei Cixous gibt es das Wort “Lesbe” nicht ein einziges Mal! Der freudianische Feminismus als Horror-Studio der Lesbo-Phobie! Und bei Wittig befinden sich die “Völker” der Geliebten in der immer wieder schlechten Gesellschaft von Männern, kastriert oder auch nicht. Chromosome kann man nicht operieren.
Wittig hatte die “Gouines Rouges” (“Red Dykes”) initiert und bat uns, unsere Unterdrückung zu formulieren. Schweigen. Bis ich sagte: Das ist dieses Schweigen selbst!! Die Sitzung wurde aufgehoben…
Bis wann eigentlich? das Schweigen der Lesben?...
09.06.2013 um 11:22 Uhr Lena Vandrey
Das ist wirklich noch “ein weites Feld”!
Ich hatte früher den Eindruck, dass ich zu dem IN und INNEN literal gezwungen wurde. Einmal sagte ich: Sie ist “Vétérinaire”! Im Französischen ist es das Gleiche für sie und ihn. Da zischte es aus einer Ecke “VeterinärIN”! und ich saB da, beschämt über meinen VerstoB an der Richtigkeit der feministischen Sprache. Da aber nahm mich eine Frau tröstend in die Arme und sagte “Oh Mann, oh Mann, das kann doch jedEM ‘mal passieren”! Eine andere rief: “Kann nicht einER hier das Fenster aufmachen”? obwohl nichts Männliches vorhanden war…
Wie steht es nun aber mit dem Neutrum “man”, wenn DAS Professor, oder jetzt noch DIE ProfessorIN Herr Schulze reden? Ja, wie steht es mit dem Wort “Herr”? Soll ich Herrn Professorin mit “Frau” anreden und anstelle von “man” setze ich was? “Wir” sei politisch suspekt, meinte DAS Autor Verena Stefan, lieber nur “Ich” sagen. “MAN sollte mehr aufpassen”, entspricht aber nicht dem “ICH sollte mehr aufpassen”...
Im Französischen gibt es das Neutrum ON, was von “homo=homme” kommt und maskulin dekliniert wird. Monique Wittig schrieb ihr Buch über die Kindheit “L’opoponax”, gänzlich mit “on”, weil sie die Geschlechter-Differenz aufheben wollte. Übersetzt ist es mit “man”, was den Feministinnen so gar nicht zusagte und auch verwirrte, denn Wittig war ihr Idol. Selbige, zur Queer-Seite hinübergerutscht, machte es sich in den 80ger Jahren schon leichter. SchauspielerINNEN wurden generell wieder SchauspielER und das Wort “Frau” durch “Mann” ersetzt.
Gerade lese ich einen Wittig-Text über meine Bilder von 1973: Es wimmelt von FRAU und FRAUEN. 1985 bat ich um die Erlaubnis, ihn im Deutschen verwenden zu können. Ja, aber nur unter der Bedingung, alles von “Frauen” zu entfernen. Ich versuchte es, aber die Verlegerin lehnte die Übersetzung ab: Das könne niemand verstehen!
Und wie steht es mit NIEMAND? Da steckt doch auch MAN drin? Eine NiemandIN, eine JemandIN?
Herr ProfessorIN Schulze ist eine Jemandin, und wenn es dann DAS Professor heiBt, dann wird es doch wieder Herr Professor und in der Mehrzahl DIE ProfessorEN… Autoren wie Verena Stefan wollen keine Gleichberechtigung, also auch sprachlich nicht…
Linguistik als Penelopen-Werk? Hoffen wir doch, dass wir uns nicht allzusehr in die Wolle kriegen oder in die Nesseln setzen!
Da die Wörter HERR und MAN so störend sind, könnten sie nicht umgetauft werden in MUN oder MÖN und HURR oder HÖRR? Hörr Schulze, nun sein’se’ mön nicht so schwierig!...
Es gibt Männer, die keine sein wollen, also gerne MitarbeiterINNEN, und Frauen, die keine sind, sondern Lesben, also gerne MitarbeitER…
Fragt sich nur, was dann wird mit der ...
“Little-Rad-Tour”???