Jedem seine Schamlippenkorrektur!
Neulich erschien auf einer Mail (mein Mailservice ist Google) rechts am Rand das Wort Schamlippenkorrektur mit einem Link zu mirzuliebe.com. Mir zuliebe soll ich eine Schamlippenkorrektur vornehmen lassen? Immerhin wird mir diesmal keine Penisverlängerung angeboten, aber es kam trotzdem keine Freude auf.
Ich ging der Sache nach und fand Infos, die mich weiter irritierten, wie:
Die Finanzierung einer Schamlippenverkleinerung obliegt dem Patienten.
Vor dem Eingriff werden die Proportionen der Schamlippen ausgemessen und das genaue Vorgehen zwischen Arzt und Patient abgestimmt.
Nach dem Eingriff [Schamlippenverkleinerung] müssen Patienten im Zuge der Wundheilung für etwa 4 Wochen mit Sport sowie dem Geschlechtsverkehr pausieren.
Mit dem Sport pausieren wäre ja ok, aber "mir zuliebe" auch noch mit unseren wonnigen Leibesübungen? Das geht zu weit.
Aber was rege ich mich auf - wir Frauen sind ja sowieso nicht gemeint, denn wir haben keine Scham und keine Schamlippen, sondern höchstens Venuslippen.
Anscheinend haben aber Männer jetzt Schamlippen. Wenn das wirklich so ist, gibt es vielleicht tatsächlich was zu korrigieren. Aber bestimmt nicht mir zuliebe, denn mir ist das doch sowas von egal!
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5 Kommentare
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03.05.2010 um 16:47 Uhr Dürr
Ach, Luise! Dass die Schamlippen bei PatienteN vorkommen nervt mich schon gar nicht mehr. Schöner finde ich, wenn GynäkologeN von PatienteN reden, deren Gebärmutter entfernt werden muss! Wie laut hier die Missachtung von weiblichen Menschen durch männliche herausposaunt wird, scheinen die meisten Frauen überhaupt nicht zu hören. (Und ich glaubte immer, nur Männer würden nicht zuhören…!) Denn würden Frauen zuhören, wären die GynäkologeN längst verhungert - und das zu Recht.
Ansonsten tun mir Frauen, die sich dermassen an das dumme Geschlecht anpassen, nicht leid, einfach nicht. Schliesslich fehlt uns Frauen ja das massgebliche und wichtigste Organ zum Denken…
lg Dürr
03.05.2010 um 08:51 Uhr Anne
einerseits werden weltweit an vielen mädchen unter zwang grausame genitalverstümmelungen vorgenommen. andererseits lassen sich mädchen/frauen `freiwillig` auch noch ihren intimbereich durchdesignern/verstümmeln; in zeiten der homogenisierung des aussehens bewusst aufgehetzt von einem sog. gesellschaftl. schönheitsideal, der inzwischen zum gruppenzwang mutiert und sich als zwangsneurose entpuppt. wieder um zu gefallen? für die fixierung auf die männliche lust müssen frauen als lustObjekte herhalten und schmerzhafte, teure eingriffe über sich ergehen lassen. auch in zeitschriften/internet wird frauen eine `unvollkommenheit` suggeriert , dass eine korrektur ihrer brüste, bauch, vagina, nase, faltenstraffungen etc. - wahrscheinlich ein gesamter körperaustausch - zu mehr selbstbewusstsein führt , bis frau endlich auf standard getrimmt wird.
ganze industriezweige verdienen sich daran eine goldene nase.
sogar bis in die anfänge des 2o. jahrhunderts übernahm mann in europa die weibliche beschneidung, wurde vielen die klitoris entfernt, zur bekämpfung von hysterie und masturbation.
warum stehen frauen ständig im focus der (kritischen) betrachtung ihres natürlichen aussehens - ob nackt oder bekleidet - und warum lassen sich ständig von den mode/machern fremd/bestimmen?
hoffentlich laufen diesem “mode-schönheits-diktat” endlich mal die patientinnen weg ....
letzter schrei ist die korrektur von breiten füssen, damit sie in modische, superschmale treter passen! wer nicht passt, wird passend gemacht, furchtbar.
03.05.2010 um 00:43 Uhr Joey Horsley
Am Anfang war der Werbespruch: “Die Menstruation ist bei jedem ein bißchen anders”. Das war im Jahre 1982. Da kam LFP und die feministische Linguistik und wir lachten uns scheckig über die aufgedeckten Absurditäten der Männersprache Deutsch.
28 Jahre später kommen wieder solch absurde Sprüche, wieder bezüglich der Intimsphäre. Der scharfsinnige Witz dieser Glosse lässt uns noch einmal herzlich lachen, aber Trauer ist auch angesagt. Nicht nur der Sprachgebrauch hat einen Rückfall erlitten, sondern auch das Bewusstsein vieler Frauen. Sie sind heute anscheinend so sehr auf die männliche Lust fixiert, dass sie selbst dafür bezahlen wollen, sich verstümmeln zu lassen.
02.05.2010 um 22:39 Uhr Gudrun Nositschka
Ja, wir Frauen können gar nicht gemeint sein, da wir stolz auf unsere Venuslippen und obendrein keine Patienten sind! Ich grinse von einem Ohr zum anderen. Gudrun
02.05.2010 um 22:25 Uhr Evelyn
Ich habe wieder sehr lachen müssen - wegen des geradezu englischen Humors. Was mich aber wirklich erschreckt, das ist, dass Menschen, die meinen, professionell Werbetexte zu schreiben (wie der in der Glosse dargestellte) mit Leichtigkeit die Grammatik brechen, nur dass da eben etwas Männliches steht: “Der Patient” in einem absolut rein weiblichen Kontext ist einfach unfassbar. Darin zeigt sich wieder, wie gut die patriarchale Gehirnwäsche funktioniert - auch bei Menschen mit wer-weiß-wieviel Bildung und Ausbildung.