geboren am 15. März 1907 in Karlstad, Schweden
gestorben am 23. Juni 1981 in einem Krankenhaus bei Stockholm
schwedische Sängerin und Schauspielerin
115. Geburtstag am 15. März 2022
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Die schwedische Diva mit der Baritonstimme wurde 1936 von der Ufa engagiert, um Marlene Dietrich, die Nazi-Deutschland den Rücken gekehrt hatte, zu ersetzen und der siechen deutschen Filmindustrie einen zugkräftigen Star zu verschaffen. Zarah enttäuschte nicht - ihre Filme zählten mit wenigen Ausnahmen zu den beliebtesten und profitabelsten im Dritten Reich. Sie selbst bekam eine höhere Gage als jedeR andere Ufa-AngestellteR, sogar mehr als Emil Jannings, Hans Albers oder Gustaf Gründgens. Ihre dunkle Stimme, ihr “Kuhgesicht” (Detlev Sierck) und ihr geheimnisvoller, schräg nach oben gerichteter Blick wurden zu ihrer Signatur; sie ließen auf lodernde Sinnlichkeit, verborgene Leidenschaft, unendliche Sehnsucht, Läuterung durch Verzicht - und was die Augen betrifft, starke Kurzsichtigkeit schließen
Zarah spielte fast immer die melodramatische Rolle einer glamoureusen, leicht verruchten Schauspielerin oder Sängerin, die sich in der Liebeswahl irrt und den ganzen Film hindurch dafür büssen muss, bis sie schliesslich einem einfacheren Glück und einem geraden, durchschnittlichen Mann nachgibt. Sie verkörpert dadurch beides – die verführerische Femme fatale und die treue, sich aufopfernde Märtyrerin. Ihrem Publikum bot sie einerseits die Möglichkeit zum Phantasieren durch die exotischen Kostüme und Schauplätze ihrer Filme, zugleich aber die Botschaften von Tugend und Durchhaltemoral.
Zarah Stina Hedburg wuchs mit vier Brüdern in einer gutbürgerlichen Familie in Karlstad, Schweden, auf. Sie bekam schon mit vier Jahren Klavierunterricht und versuchte 1926 die Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule in Stockholm. Sie fällt durch, heiratet den jungen Schauspieler Nils Leander und bekommt zwei Kinder. Die Ehe geht bald schief (Leander ist Trinker), und Zarah tritt 1929 ihr erstes Engagement in einer Unterhaltungsrevue an. Die nächsten fünf Jahre wird sie durch ihre Auftritte in Revuen, Lustspielen und Operetten in ganz Skandinavien berühmt. Der wahre Durchbruch kam 1936 in Wien, wo Zarah in einer neuen Operette einen gefeierten Hollywood-Star vom Typ Garbo spielte. Wegen ihrer dunklen, “unweiblichen” Stimme wurde sie zur Sensation, die auch den deutschen Filmbonzen nicht entging. Sie machten ihr ein grosszügiges Angebot, das Zarah akzeptierte. Nun begann die Ufa einen grossangelegten Werbefeldzug, um Zarah Leander systematisch zum neuen Star des deutschen Films aufzubauen.
Bis zu ihrer Rückkehr nach Schweden 1943 spielte Zarah in 10 Filmen der Ufa, darunter “Zu neuen Ufern” und “La Habanera”, beide 1937 unter der Regie von Detlef Sierck (der später in Hollywood als Douglas Sirk mit seinen Melodramen Karriere machte); “Heimat” (1938, Regie Carl Frölich); und drei Filmen unter dem Regisseur Rolf Hansen, “Der Weg ins Freie” (1941), “Die grosse Liebe” (1941/42) und “Damals” (1943). Ihre Lieder (am häufigsten vom schwulen Texter Bruno Balz) – z.B. “Kann denn Liebe Sünde sein?” (1938), “Davon geht die Welt nicht unter” (1942), “Ich weiss, es wird einmal ein Wunder gescheh'n” (1942) – wurden die beliebtesten Schlager der Nazi-Zeit.
Obwohl sie lange wegen ihrer guten Beziehungen zu den Nazis von ihren schwedischen Landsleuten geächtet wurde, gelang Zarah Leander ab den 1950er Jahren ein Comeback als Sängerin und (weniger erfolgreich) als Schauspielerin. Ihre grössten Fans waren wieder Deutsche - vor allem verehrt das schwule Publikum sie, hingerissen von ihrer androgynen Stimme, ihrem exzessiven Stil, opulenten Aussehen und ihrer sinnlichen, offen zur Schau gestellten Sehnsucht.
Verfasserin: Joey Horsley
Zitate
Wir waren süchtig nach Zarah, nach ihrem pathetischen Stil, ihren überlebensgrossen Gefühlsausbrüchen, Walkürenauftritten, ihrer dunklen, fast männlichen Stimme. Für viele war sie Vater und Mutter zugleich, sie war auch eine Ersatzdroge für nicht ausgelebte Gefühle. - Paul Seiler, “Monolog eines Fans” in Seiler 1982, S 7.
Links
Zarah-Leander-Archiv von Paul Seiler
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Literatur & Quellen
Zarah Leander in der Deutschen Nationalbibliothek
Zarah Leander Edition: 4 DVDs. Mit den Filmen “Heimat”, “Damals”, “Es war eine rauschende Ballnacht” und “Das Lied der Wüste”. Spieldauer: 358 Minuten. Warner Home Video.
Beyer, Friedemann. 1991. Die UFA-Stars im Dritten Reich: Frauen für Deutschland. München. Heyne Filmbibliothek 131.
Jary, Micaela. 2007 [1993]. Ich weiss, es wird einmal ein Wunder gescheh'n: Das Leben der Zarah Leander. Berlin. Aufbau TB.
Jary, Micaela. 2006. “Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n”; Szenen mit Musik aus dem Leben der legendären Diva mit 13 ihrer bekanntesten Lieder. 2 CDs. Grünwald. Komplett-Media.
Jacobi, Jutta. 2006. Zarah Leander: Das Leben einer Diva. Hamburg. Hoffman & Campe.
Köpenick, Lutz. 1997. “En-gendering Mass Culture: The Case of Zarah Leander.” In: Patricia Herminghouse & Magda Mueller, Hg. Gender and Germanness: Cultural Productions of Nation. Providence, RI. Berghahn. S. 161-175.
Kuzniar, Alice A. 1999. “Zarah Leander and Transgender Specularity.” Film Criticism (Winter-Spring, 1999) S. 74ff.
Leander, Zarah. 1973. Es war so wunderbar! Mein Leben. Hamburg. Hoffmann & Campe.
Rentschler, Eric. 1996. The Ministry of Illusion: Nazi Cinema and Its Afterlife. Cambridge, MA. Harvard UP.
Seiler, Paul. 1982. Wollt ihr einen Star sehen? Zarah Leander. Berlin. Albino.
Seiler, Paul. 1991. Ein Mythos lebt: Zarah Leander. Berlin. Graphische Werkstätten.
Seiler, Paul. 1997. Zarah Leander: Ich bin eine Stimme. Berlin. Ullstein.
Zumkeller, Cornelia. 1988. Zarah Leander: Ihre Filme – ihr Leben. München. Heyne.
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