geboren am 8. März 1963 in Karlsruhe
deutsche Tänzerin, Choreografin, Opernregisseurin
60. Geburtstag am 8. März 2023
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Eine Geigerin hängt kopfüber von den Schultern eines Tänzers und spielt ihr Instrument, OpernsängerInnen tanzen Arien und Rezitative, TänzerInnen singen: es ist die Choreografin Sasha Waltz, die Menschen an eine grenzüberschreitende Darbietung ihrer Kunst bringt. Sie ist die Erfinderin einer neuen Gattung, der choreografischen Oper, in der Bewegung und Tanz gleichberechtigt neben Musik und Gesang stehen und die Rollen mehrfach besetzt werden. Außergewöhnlich schon die erste Produktion, Henry Purcells Dido und Aeneas, die am 10. Februar 2005 am Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg Premiere hatte. Auf der sonst fast leeren Bühne steht ein riesiges, mit Wasser gefülltes Bassin, in das nach und nach TänzerInnen springen oder gleiten, sich in ihren Kleidern wie Fische bewegen, umschlingen, wieder auseinander gehen – mystisch beleuchtet.
Das Aquarium soll das Mittelmeer symbolisieren, an dessen Gestade die Liebe zwischen dem Trojaner Aeneas und der karthagischen Königin Dido zum Scheitern verurteilt ist. Ergreifend die Abschiedsszene, wenn Aeneas davon segeln muss: während der Arie versuchen sich die tanzenden Hauptpersonen immer wieder mit ausgestrecktem Arm verzweifelt zu erreichen. Mit ihnen schwingt auf der einen Seite Didos Hofstaat, auf der anderen Aeneas’ Mannschaft hin und her wie Schilf im Wind – zusammen mit der Lichtregie ein unglaublich starkes Bild. Die international sehr erfolgreiche Inszenierung gelangte im August 2011 auch in der Waldbühne Berlin unter dem Motto Oper für alle zur Aufführung.
Sasha Waltz wurde 1963 als älteste von fünf Geschwistern in Karlsruhe geboren. Schon früh kam sie durch ihre Eltern, einen Architekten und eine Galeristin, mit Werken der bildenden Kunst in Berührung. Obwohl sie sich von klein auf gern bewegt und daher bereits mit fünf Jahren ihren ersten Tanzunterricht bei der Mary-Wigman-Schülerin Waltraud Kornhaas erhält, möchte sie als Kind Malerin werden. Erst ein Workshop, bei dem sie sechzehnjährig neben anderen Techniken Kontaktimprovisation kennen lernt, verändert ihren Berufswunsch in Richtung Tänzerin. Nach einer dreijährigen Ausbildung an der School for New Dance Development in Amsterdam geht sie 1986 für ein Jahr nach New York. Erste Choreografien entstehen. 1992 erhält Waltz ein Stipendium vom Künstlerhaus Bethanien, und seitdem ist Berlin ihr Lebensmittelpunkt. Hier lernt sie ihren Mann Jochen Sandig kennen, mit dem sie 1993 die Compagnie Sasha Waltz & Guests gründet. Die ersten Stücke spielen mit den verschiedenen Aspekten des Alltags. In Allee der Kosmonauten porträtiert Waltz auf ironische Weise drei Generationen einer Familie in einer Plattenbausiedlung. Dafür recherchiert sie lange in Berlin-Marzahn und führt mit den BewohnerInnen eingehende Interviews. Mit diesem Stück eröffnen 1996 die Sophiensaele in Berlin-Mitte, eine von Waltz und Sandig gegründete Spielstätte. Und dieses Stück bedeutet auch den internationalen Durchbruch für Sasha Waltz.
1999 beginnt eine neue Ära. Sasha Waltz und Jochen Sandig übernehmen zusammen mit dem Regisseur Thomas Ostermeier und dem Dramaturgen Jens Hillje die künstlerische Leitung der renommierten Schaubühne am Lehniner Platz. Der riesige Bühnenraum inspiriert Waltz zu ihrer Körper-Trilogie, einer Studie aller Aspekte des menschlichen Körpers, von den Knochen über das Nervensystem bis zum Blutkreislauf. Wobei der dritte Teil noBody (2002) die Auflösung der Körper, den Tod als Thema hat. Die Hinwendung vom äußeren Leben der Anfangsstücke zum Inneren, die Erkundung des menschlichen Entwicklungsprozesses hat auch zu tun mit der Geburt des Sohnes László 1997, die Waltz zu neuen Fragen inspiriert. Etwa, wann sich der Reflex eines Kindes zu einer bewussten Bewegung verändert.
Die Zusammenarbeit an der Schaubühne, die mit großer Hoffnung und Enthusiasmus begann, scheitert im Alltag an den enormen Anforderungen und letztlich auch am Budget. Nach fünf Jahren erneuern Waltz und Sandig wieder ihre Compagnie und machen sich selbständig, allerdings mit einem Vertrag über 25 Aufführungen pro Spielzeit an der Schaubühne und einem festen Etat im Berliner Haushalt. Neue Spielstätte ist seit 2006 das Radialsystem V, das in einem alten Pumpwerk an der Spree in der Nähe des Ostbahnhofs untergebracht ist.
Ist für eine Tänzerin der sie umgebende Raum schon wichtig, hat er für Waltz als Tochter eines Architekten eine besondere Bedeutung. Das spiegelt sich am besten in ihren Dialogeprojekten wider, die seit ihrer Zeit am Künstlerhaus Bethanien bis heute an den unterschiedlichsten Orten stattfinden: in leeren Museen kurz vor der Eröffnung, in Kirchen, im Palast der Republik, in Berlin, Rom… Die jeweils besondere Atmosphäre der Gebäude fließt in die Bewegungsstudien ein, z.B. erinnert die Darbietung im Neuen Museum 2009 teilweise an einen antiken Fries.
Sasha Waltz & Guests ist ein Familienunternehmen. Neben ihrem Ehemann Jochen Sandig ist seit der Zeit am Künstlerhaus Bethanien ihre Schwester Yoreme als Dramaturgin dabei, mittlerweile übernehmen László und die 2002 geborene Tochter Sophia mit viel Spaß Rollen in den Produktionen. In der Compagnie haben bis heute über 250 KünstlerInnen aus 25 Ländern in über 30 Produktionen mitgewirkt. Weltweit geben sie mit einem Repertoire von derzeit 18 Stücken ungefähr 100 Vorstellungen im Jahr.
Verfasserin: Adriane v. Hoop
Zitate
Theater, Tanz, Tanztheater? Ich denke nicht in solchen Sparten. ... Alles kann Theater sein und das Einzige was zählt, ist Qualität.
Links
Sasha Waltz & Guests. Offizielle Webseite.
Online verfügbar unter http://www.sashawaltz.de/, zuletzt geprüft am 01.03.2018.
DNB, Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Sasha Waltz. Bücher und Medien.
Online verfügbar unter http://d-nb.info/gnd/124916597, zuletzt geprüft am 01.03.2018.
Facebook: Sasha Waltz.
Online verfügbar unter http://de-de.facebook.com/pages/Sasha-Waltz/15899293589, zuletzt geprüft am 01.03.2018.
Internet Movie Database: Sasha Waltz. Filme.
Online verfügbar unter http://www.imdb.de/name/nm1637862/, zuletzt geprüft am 01.03.2018.
Radialsystem V - Space for Arts and Ideas.
Online verfügbar unter http://www.radialsystem.de/rebrush/index.php, zuletzt geprüft am 01.03.2018.
Sasha Waltz - Neues Museum. Dialoge 9. Interaktive Webseite.
Online verfügbar unter http://sashawaltz.neuesmuseum.com/, zuletzt geprüft am 01.03.2018.
Sasha Waltz & Guests (SashaWaltzGuest) auf Twitter.
Online verfügbar unter https://twitter.com/SashaWaltzGuest, zuletzt geprüft am 01.03.2018.
Sophiensaele.
Online verfügbar unter http://www.sophiensaele.com/, zuletzt geprüft am 01.03.2018.
YouTube: Sasha Waltz & Guests .
Online verfügbar unter http://www.youtube.com/user/SashaWaltzGuests?gl=DE&hl=de, zuletzt geprüft am 01.03.2018.
Literatur & Quellen
DVDs
(führt zu Amazon)
Quellen
Bögner, Hans-Georg (2000): TanzGespräche. Zeitgenössischer Tanz im Dialog. Darin: Sasha Waltz. Köln. M7-Verl. ISBN 3-934511-13-9. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Schlagenwerth, Michaela; Waltz, Sasha (2008): Sasha Waltz. Gespräche mit Michaela Schlagenwerth. Berlin. Alexander. (Nahaufnahme) ISBN 3-89581-182-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Wikipedia: Sasha Waltz. Stand: 8. Juni 2012.
Online verfügbar unter http://de.wikipedia.org/w/index.php?oldid=110441906.
Weiterführende Literatur
Garbe, Claudia (2007): Präsenz und Absenz im zeitgenössischen Tanz. Eine Untersuchung am Beispiel ausgewählter Stücke der Choreographen Sasha Waltz, Meg Stuart, Jérôme Bel und William Forsythe. Diplomarbeit. Hildesheim. Universität. (WorldCat-Suche)
Grade, Ulrike; Gromes, Hartwin (2000): Groteske Körper. Eine Untersuchung grotesker Körperdarstellungen am Beispiel der Inszenierungen ›Körper‹ von Sasha Waltz und “Bunraku” im Projektsemester/ Ulrike Grade. Diplomarbeit. Hildesheim. Universität. (WorldCat-Suche)
Hiekel, Jörn Peter (Hg.) (2011): Neue Musik in Bewegung. Musik- und Tanztheater heute. Mainz. Schott. (Veröffentlichungen des Instituts für Neue Musik und Musikerziehung, Darmstadt, 51) ISBN 3-7957-1841-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Keysers, Verena (2006): Gezeiten. Sasha Waltz. Text dt. und engl. Leipzig. Henschel. ISBN 3-89487-548-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Katrin Bettina; Stolina, Monika (1993): Sasha Waltz. Dialoge. Fotodokumentation. Berlin. Künstlerhaus Bethanien. ISBN 3-923479-83-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Purcell, Henry (2008): Dido & Aeneas. Choregraphic opera. Sasha Waltz. (=Dido and Aeneas) DVD. Live-Aufnahme Berlin, Staatsoper Unter den Linden, 2005. Leipzig. Arthaus Musik; Arthaus-Musik. ISBN 978-3-939873-58-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Schöler, Jasmin Rana (2005): Sasha Waltz und das deutsche Tanztheater seit den 1990er Jahren. Magisterarbeit. Bayreuth. Universität. (WorldCat-Suche)
Stocker, Karl; Cusimano, Nadia et al. (2003): Insideout. Text dt. und engl. Wien ; New York. Springer. ISBN 3-211-40782-0. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Uhlig, Bernd (2000): Tanzbilder. Fotografien. Ausstellungskatalog. Berlin. Alexander Verl. ISBN 3-89581-050-9. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Waltz, Sasha; Waltz, Yoreme (2007): Sasha Waltz. Cluster. Leipzig. Henschel. ISBN 3-89487-572-0. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Bildquellen
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.