(Maria Agata Szymanowska, geb. Wolowska)
geboren am 14. Dezember 1789 in Warschau
gestorben am 25. Juli 1831 in St. Petersburg
polnische Pianistin und Komponistin
190. Todestag am 25. Juli 2021
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Obwohl Frauen es im 19. Jahrhundert auf dem Konzertpodium nicht leicht hatten, weil der Typus des männlichen Pianisten vorherrschte, der mit Virtuosität, Klangfülle und gebieterischer Beherrschung der Tastatur das Publikum in Aufruhr versetzte, gab es immer wieder Musikerinnen, die den großen Schritt von der geschützten Atmosphäre des heimischen Salons an die Öffentlichkeit wagten. Eine davon war Maria Szymanowska, die erste polnische Berufspianistin, die das Ausland bereiste. Die Tochter konvertierter Juden zeigte schon früh eine auffällige Begabung für Musik und erhielt als Kind eine professionelle Klavierausbildung bei Antoni Lisowski und bis zu ihrem 15. Lebensjahr bei Tomasz Gremm. Danach studierte sie Komposition. Als 21jährige konzertierte sie erstmals öffentlich in ihrer Heimatstadt Warschau. Im gleichen Jahr heiratete sie den wohlhabenden Landbesitzer Josef Szymanowski und hatte mit ihm drei Kinder. Szymanowski gestattete seiner Frau nicht, öffentlich aufzutreten, so daß sie nur noch daheim vor FreundInnen und BesucherInnen spielte. Das konnte ihr auf Dauer nicht genügen. Sie ließ sich scheiden und konnte die Kinder behalten.
Nach und nach erhielt Szymanowska Engagements in England, Deutschland, Frankreich, Italien, Rußland, Belgien, Holland und in der Schweiz. In Berlin und London spielte sie den königlichen Höfen vor, und in Weimar begeisterte sie Goethe mit ihrem Klavierspiel – es wurde sogar von einer kurzen Liebesaffäre zwischen den beiden gemunkelt.
Sie merkte bald, daß das Publikum ihre Stücke liebte und komponierte sie zunächst für die eigenen Finger; aus dieser Zeit stammen ihre besten Klavierwerke und eine Anzahl Lieder.
Als die 39jährige vom russischen Zarenhaus das ehrenhafte Angebot erhielt, als „Erste Hofpianistin“ zu arbeiten und Musikunterricht zu erteilen, ließ sie sich in Petersburg nieder. Sie hatte dort Kontakt mit zahlreichen polnischen und russischen Künstlern wie Glinka und Puschkin. Viel zu früh starb sie im Alter von 41 Jahren.
Maria Szymanowska schrieb Etüden, Präludien, Tänze, Fantasien, Mazurken, Menuette, Nocturnes und vieles mehr – sowohl virtuos-brillante Stücke als auch volkstümlich schlichte und tief empfundene lyrische Romanzen. Ihr Einfallsreichtum war unerschöpflich, und sie ist weit über die polnischen Grenzen hinaus bekannt geworden. Ihre Klavierstücke verraten eine große technische Meisterschaft; sie besitzen eine breit angelegte dynamische Spannweite und lassen durch ausgedehnte lyrische Cantabile-Melodien das Klavier “singen”. Die Komponistin wird inzwischen musikgeschichtlich als eine wichtige Wegbereiterin ihres 21 Jahre jüngeren polnischen Kollegen Frédéric Chopin gesehen, der von ihren Kompositionen beeindruckt war und vieles übernahm. Dies wurde jetzt erst anerkannt - auf dem deutschen Musikmarkt erschien vor 13 Jahren erstmals eine CD mit Klavierwerken, die ihre Meisterschaft aufklingen läßt.
Zitate:
„Madame Szymanowska, aus Warschau, Pianospielerin über alle Begriffe, anmuthig über allen Preis, überreicht Gegenwärtiges. Behandeln Sie solche mit menschlich häuslichem Vertrauen, das ist, was sie bedarf; dafür bringt sie viel mit, wohin sie sich auch wendet.“ (Johann Wolfgang von Goethe an Christoph L.F. Schultz, 1823)
Da schwebt hervor Musik mit Engelsschwingen, Verflicht zu Millionen Tön um Töne, Des Menschen Wesen durch und durch zu dringen, Zu überfüllen ihn mit ew'ger Schöne: Das Auge netzt sich, fühlt im höhern Sehnen Den Götterwert der Töne wie der Tränen.
(J. W. von Goethe, Auszug aus dem Gedicht An Madame Marie Szymanowska: Aussöhnung)
Verfasserin: Eva Rieger (1996)
Literatur & Quellen
Golos, George. 1960. Some Slavic predecessors of Chopin. The Musical Quarterly 46. 437-447.
Musiol, Karol. 1967. Mozart und die polnischen Komponisten des XVIII. und ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts. Mozart-Jahrbuch 15. 286-311.
Swartz, Anne. 1985. “Maria Szymanowska and the Salon Music of the early Nineteenth Century”. The Polish Review 30.1: 43-58.
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