(Dr. iur. Margarete Berent)
geboren am 9. Juli 1887 in Berlin
gestorben am 23. Juni 1965 in New York, NY
deutsch-US-amerikanische Juristin; eine der ersten promovierten Juristinnen Deutschlands; erste Rechtsanwältin Preußens (1925)
135. Geburtstag am 9. Juli 2022
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Wegbereiterin der Juristin und eines gleichberechtigten Ehegüterrechts
Ihre Bildungsbiographie und ihr beruflicher Werdegang spiegeln den Kampf für die weibliche Teilhabe in Bildung, Wissenschaft und Beruf wider.
Margarete Berent entstammte einer jüdischen Berliner Kaufmannsfamilie; ihre Eltern waren Natalie und Max Berent. Nach der höheren Mädchenschule, einer seminaristischen Ausbildung zur Lehrerin, unterrichtete sie in Mittelschulen. Mädchen wurden zu einer gymnasialen Schulbildung nicht zugelassen. Margarete Berent bereitete sich in den Gymnasialkursen bei Helene Lange auf die Hochschulreifeprüfung vor und bestand erfolgreich (1910). Obgleich zum Studium in allen Studienfächern an den Universitäten seit 1908 zugelassen, wurden Frauen die akademischen Abschlussprüfungen und eine akademische Berufsberechtigung versagt. Margarete Berent promovierte als erste Frau in den Rechtswissenschaften an der Universität Erlangen. Mit ihrer Dissertation „Die Zugewinnstgemeinschaft der Ehegatten“ lieferte Margarete Berent in der Weimarer Familienrechtsreform den dogmatischen Unterbau für ein neues eheliches Güterrecht.
Im Auftrag der größten Dachorganisation der deutschen Frauenbewegung, dem Bund Deutscher Frauenvereine, entwarf Margarete Berent gemeinsam mit Marie Munk im Sommer 1921 eine Reform für das gesamte Familienrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch von 1896. Mit Inkrafttreten des Art. 119 der Weimarer Reichsverfassung sollte die Ehe auf der Gleichberechtigung der Geschlechter beruhen: Ein politischer Programmsatz für zukünftiges Recht. Das für Frauen eingeführte aktive und passive Wahlrecht sicherte die parlamentarische Teilhabe im Weimarer Reformdiskurs durch namhafte Persönlichkeiten der deutschen Frauenbewegung: wie z.B. Gertrud Bäumer und Marie-Elisabeth Lüders. Margarete Berents Güterrechtsmodell erhielt in den Vorschlägen zur Abänderung des Familienrechts und verwandter Gebiete deutliche Konturen, von denen Marie Munk auf dem 33. Deutschen Juristentag die männliche Jurisprudenz überzeugte. Margarete Berent muss als Wegbereiterin der im Jahre 1957 in Deutschland eingeführten Zugewinngemeinschaft im ehelichen Güterrecht bezeichnet werden, konstatierte Marie-Elisabeth Lüders.
Margarete Berent und Marie Munk gründeten mit Marie Raschke im Jahre 1914 den Deutschen Juristinnenverein, den Vorläufer des heutigen Deutschen Juristinnenbundes (DJB). Frauen war trotz guter Studienleistungen und einer Promotion der Weg zu den Berufen in der Rechtspflege verschlossen. Gleichwohl ersetzte Margarete Berent, wie viele andere erste Juristinnen, während des ersten Weltkriegs die an die Front einberufenen männlichen Juristen in den Kanzleien und Verwaltungen (April 1912 bis 1916). Sie vertrat den in den Krieg einberufenen Redakteur des Zentralblatts für Vormundschaftswesen, Jugendgerichte und Fürsorgeerziehung.
Den aus dem Krieg heimkehrenden Männern blieb nach den Bestimmungen der Demobilmachungsverordnungen der Arbeitsplatz vorbehalten, auch Margarete Berents Arbeitsverträge endeten. Erst nach der Verfügung des preußischen Justizministers konnte Margarete Berent ihre erste juristische Staatsprüfung mit der Gesamtnote „gut“ am 23. Dezember 1919 ablegen. Allerdings wurde ihr beruflicher Einsatz in Justiz und Verwaltung an der „Heimatfront“ für die Männer an der Kriegsfront nicht berücksichtigt, als sie am 15. April 1921 zum Gerichtsassessor ernannt wurde. Sie konnte von Rechts wegen die 2. juristische Prüfung nicht ablegen. Margarete Berent initiierte in ihrer Zeit als Vorsitzende des Deutschen Juristinnenvereins (1921-1927) die für die deutschen Juristinnen wegweisende Rechtsänderung. Ihre am 31. Mai 1921 in den Reichstag eingereichte Eingabe nebst Gesetzentwurf stimmt Wort für Wort mit dem von Reichsjustizminister Gustav Radbruch initiierten Gesetzentwurf über die Zulassung von Frauen zu den Ämtern und Berufen der Rechtspflege überein. Der Gesetzentwurf trat nach Verhandlungen im Reichstag am 22. Juli 1922 in Kraft.
Nach der 2. juristischen Staatsprüfung wurde Margarete Berent die erste Rechtsanwältin Preußens (1925). In der akademischen Frauenwelt hoch angesehen, gründete Margarete Berent gemeinsam mit Marie-Elisabeth Lüders, der Pädagogin und Sozialpolitikerin Erna Corte, Johanna Philippson, Ilse Szagun, Gabriele Humbert und Anna Schönborn den Deutschen Akademikerinnenbund (1926). Nach der Machtergreifung Hitlers wurde Margarete Berents Zulassung zum Anwaltsberuf zurückgenommen. Bis zum Jahre 1938 in der Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden in Berlin tätig, emigrierte sie 1938 über Chile nach New York (1939). Nach einem Rechtsstudium an der New York University wurde sie 1949 als Anwältin zugelassen. In den Jahren 1956 bis 1965 arbeitete sie in der Rechtsabteilung der Stadtverwaltung von New York. Margarete Berent blieb nach ihrer Niederlassung in den USA der jüdischen Gemeinde und dem Leo Baeck Institute New York verbunden.
Verfasserin: Oda Cordes
Literatur & Quellen
Werke von Margarete Berent (Auswahl)
Die Zugewinnstgemeinschaft der Ehegatten, Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte (Otto von Gierke, Hg.), Breslau 1915.
Die gesetzliche Lage des Kindes, in: Adele Schreiber, Das Reich des Kindes, Berlin 1930, S. 337-355.
Die Neugestaltung des Familienrechts, in: Die Frau, Jg. 38/1930-31, S. 725-730.
Verschiedene Artikel in der Zeitschrift „Der Aufbau“.
Literatur (aktuelle Auswahl)
Barkai, Avraham. „Wehr Dich!“ Der Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V.) 1893-1938, München 2002, S. 343-375. ISBN 978-3-406-49522-9.
Cordes, Oda. Marie Munk (1885-1978), Leben und Werk. Köln 2015, S. 638-639, 642-661, 797-802. ISBN 978-3-412-22455-4.
Häntzschel, Hiltrud. “Der Aufbau eines neuen Rechts im Geist von Egalität, Gerechtigkeit und Freiheit, seine Vertreibung und späte Heimkehr – Dr. jur. Margarete Berent”, in: Adriane Feustel, Inge Hansen-Schaberg und Gabriele Knapp (Hg.), Die Vertreibung des Sozialen, München 2009, S. 164-177. ISBN 978-3-869-16031-3.
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