(Jane Laura Adams)
geboren am 6. September 1860 in Cedarville, Illinois
gestorben am 21. Mai 1935 in Chicago, Illinois
US-amerikanische Pazifistin, Sozialreformerin und Feministin; Friedensnobelpreisträgerin (1931)
160. Geburtstag am 6. September 2020
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Jane Addams “nur” als Pazifistin, Sozialreformerin und Feministin zu bezeichnen, wird ihren vielen Aufgaben und Themen, denen sie sich gewidmet hat, nicht gerecht. Sie beschäftigt sich mit allen gesellschaftspolitischen Fragen ihrer Zeit und wird am Ende ihres Lebens dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Geboren wird sie in eine kinderreiche Familie, der Vater John Huy Addams ist politisch als Senator aktiv und Zeit seines Lebens eine prägende Figur für ihre weiteren Aktivitäten. Als er 1881 stirbt, verfällt Jane in eine tiefe Depression, was für ihren gesundheitlich angeschlagenen Zustand – sie leidet unter chronischen Rückenschmerzen nach einer Operation – eine weitere Belastung darstellt.
Schon in jungen Jahren zwingt sie ihre schwache Konstitution, ihr Medizinstudium abzubrechen. Sie empfindet daraufhin eine Leere in ihrem Leben, der ein großes Bedürfnis nach Aufgaben zur Veränderung der Gesellschaft gegenübersteht.
Nach einer Reise durch Europa verschlechtert sich ihr Gesundheitszustand, sie stellt sich trotzdem die Frage, wie sie ihre gesellschaftspolitischen Ideen in ihrem weiteren Leben umsetzen kann, betreut schwarze Waisenkinder und engagiert sich bei mehreren karitativen Organisationen. Erst eine zweite Europareise, die sie mit ihrer alten Schulkollegin Ellen Starr unternimmt, verändert ihr Leben tiefgreifend und nachhaltig. Während eines Aufenthalts in London besuchen sie das Toynbee House, das erste Haus der Settlement-Bewegung. Addams sieht hierin die Verwirklichung ihrer Ideen und beschließt mit Starr, mit der sie eine tiefe Freundschaft verbindet, die Eröffnung eines ähnlichen Hauses. Zurück in Chicago gründen Addams und Starr in einem Elendsviertel 1889 das Hull House, das dem Großstadtproletariat, EmigrantInnen, Arbeitslosen und vor allem Frauen Hilfe zur Selbsthilfe anbietet. Es ist Addams ein großes Anliegen, aufzuzeigen, dass Armut keine Frage persönlicher Schwächen, sondern Ergebnis gesellschaftlicher Verhältnisse ist, die zu ändern sind.
Im Mittelpunkt der Einrichtung steht die Idee der “friendly visitors”; Personen aus gebildeten und reicheren Schichten besuchen das Haus und lernen durch den Kontakt zu den BewohnerInnen, deren Probleme zu verstehen. Nur das Auflösen von Parallelwelten kann laut Addams gesellschaftliche Veränderungen herbeiführen. Der nachbarschaftliche Kontakt erschöpft sich nicht im Miteinander–Kommunizieren; Frauen und Männer aus begüterten Schichten, die Jane Addams' Ideen begeistert aufnehmen, engagieren sich zudem bei Bildungsangeboten, Sprachkursen bzw. Haushalts- und Hygieneproblematiken.
Neben der Leitung des Hull Houses, die sie bis zum Ende ihres Lebens innehat, setzt sich Addams immer konsequenter für die internationale Friedensbewegung ein, unterstützt die ArbeiterInnen in ihren Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen und beschäftigt sich intensiv mit der Frage der Frauenrechte, die für Addams unmittelbar mit dem Frauenwahlrecht zusammenhängen.
Außerdem ist sie Mitbegründerin bzw. führend in Organisationen, die sich Frauen- und ArbeiterInnenrechten und der Friedensbewegung widmen: 1911 Mitbegründerin der National Foundation of Settlements and Neighborhood Centers, Mitbegründerin der American Civil Liberties Union und National Association for the Advancement of Colored People (NAACP), Mitglied bei der American Anti-Imperialist League und der American Sociology Association.
Für ihr Engagement gegen den Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg wird sie angefeindet und attackiert – was ihrem Einsatz für den Frieden aber keinen Abbruch tut: 1915 nimmt sie den Vorsitz der neu gegründeten Women's Peace Party an und übernimmt auf Initiative von Dr. Aletta Jacobs, einer führenden holländischen Frauenrechtlerin, die Leitung der Frauenkonferenz in Den Haag, in deren Folge als Reaktion auf den Krieg die Women's International League for Peace and Freedom gegründet wird, deren Präsidentin Addams bis 1929 ist.
Während dieser Jahre entstehen auch die theoretischen Grundlagen ihrer Sozialarbeit, die sie in erster Linie aus den Beobachtungen und Erfahrungen im Hull House zieht. Die Bekämpfung von Hunger und Krieg, die äußeren Umstände, die zu sozialen Problemen führen und deren Lösung stehen dabei im Mittelpunkt. Sie spricht sich für die “Aufspaltung” der Klassen, die Gleichberechtigung von Frauen, einen dynamischen Friedensprozess, gegen die männliche Elite und die internationalen Wirtschaftskonzerne, die durch Kapitalansammlungen politische Veränderungen unmöglich machen, aus.
1931 erhält Jane Addams den Friedensnobelpreis, den sie aus gesundheitlichen Gründen – 1929 erleidet sie eine Herzattacke, von der sie sich nicht mehr völlig erholt – nicht persönlich entgegennehmen kann. In all den Jahren – seit 1890 – ist Mary Rozet Smith an ihrer Seite, mit der Addams, wie sie selber betont, eine Ehe führt. 1935 stirbt Jane Addams an den Folgen einer Krebsoperation.
Verfasserin: Dagmar Kübler
Links
Literatur & Quellen
Addams, Jane, Democracy and Social Ethics. Macmillan, New York 1902. Republished with an introductory life of Jane Addams by A. F. Scott. Cambridge, Mass., Harvard University Press, 1964 Addams, Jane, The Excellent Becomes the Permanent. Macmillan, New York 1932 Addams, Jane, The Long Road of Woman's Memory. Macmillan, New York 1916 Addams, Jane, Newer Ideals of Peace. Macmillan, New York 1907 Addams, Jane, Peace and Bread in Time of War. Macmillan, New York 1922 Addams, Jane, The Second Twenty Years at Hull-House: September 1909 to September 1929. Macmillan, New York 1930 Addams, Jane, The Spirit of Youth and the City Streets. Macmillan, New York 1909 Addams, Jane, Twenty Years at Hull-House: With Autobiographical Notes. Macmillan, New York 1910
Ross, Dorothy: Jane Addams (1860-1935), Häuslicher Feminismus und die Möglichkeiten der Sozialwissenschaften. in: Claudia Honegger und Theresa Wobbe (Hrsg.): Frauen in der Soziologie. Neun Porträts. C.H. Beck, München 1998 Stratenwerth, Irene: Das Gefühl, die Welt ein Stück weiterbringen zu müssen. In: Charlotte Kerner (Hrsg.): Nicht nur Madame Curie - Frauen, die den Nobelpreis bekamen. Belz Verlag, Weinheim und Basel 1999
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