(Anne Morrow Spencer Lindbergh)
geboren am 22. Juni 1906 in Englewood, New Jersey
gestorben am 7. Februar 2001 in Passumpsic, Vermont
US-amerikanische Schriftstellerin und Flugpionierin
115. Geburtstag am 22. Juni 2021
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Anne Morrow lernte den schmucken Nationalhelden Charles Lindbergh Ende 1927, ein halbes Jahr nach seinem triumphalen Alleinflug über den Atlantik, kennen und lieben. Charles brachte der schüchternen jungen Frau, die eigentlich Schriftstellerin werden wollte, das Fliegen bei, und bald erkundeten sie gemeinsam neue Flugstrecken. Im Sommer 1929 heirateten sie. Ein Jahr später gebar Anne ihr erstes Kind, Charles jr.
Am 1. März 1932 wurde der Kleine gekidnappt und wohl noch am selben Abend ermordet. Im Mai wurde die Leiche des Kindes gefunden, lange nachdem das Lösegeld gezahlt worden war. Dem “Verbrechen des Jahrhunderts” folgte der “Prozeß des Jahrhunderts” gegen Bruno Hauptmann, der im April 1936 hingerichtet wurde. - Im dritten Jahrzehnt ihres Lebens hatte Anne M. Lindbergh nicht nur die höchsten Höhen des Glücks und Ruhms kennengelernt, sondern auch die Kehrseite, einen jahrelang sich hinziehenden Alptraum, der ihr ganzes langes Leben überschatten sollte.
Anne M. Lindbergh war schwanger, als ihr Junge ermordet wurde; insgesamt gebar sie sechs Kinder. Niemals, so berichtet Annes jüngste Tochter und Biographin Reeve Lindbergh, wurde in der Familie über das Verbrechen und den ermordeten Bruder gesprochen.
In den 1950er Jahren hatte sich das Paar entfremdet; sie ging eine kurze Liaison mit ihrem Hausarzt ein, er führte lange Zeit ein perfektes Doppelleben: Mindestens vier Geliebte hatte Lindbergh, drei davon in Deutschland, und mit ihnen sieben Kinder.
Trotz nie abreißender Familienpflichten und häufiger psychischer Krisen verfolgte Anne M. Lindbergh mit Konsequenz ihre literarische Karriere, und ihr Ehemann unterstützte sie sehr darin. In ihrem umstrittensten Buch, The Wave of the Future (1940), schien sie die Pro-Nazi-Einstellung ihres Mannes zu teilen. 1973 distanzierte sie sich von diesem Buch: sie habe damals nicht genug gewußt und verstanden. Nach erfolgreichen Reiseberichten veröffentlichte sie in Kurt Wolffs Pantheon-Verlag (der Emigrant Wolff hatte 40 Jahre zuvor Kafka und Tschechow verlegt) 1956 ihre lyrische Essay-Sammlung Gift from the Sea (dt. Muscheln in meiner Hand), mit der sie Millionen von unter dem noch unbenannten Weiblichkeitswahn leidenden Frauen Mut machte, ihre Kreativität und Eigenständigkeit zu verteidigen - nicht zuletzt um der Familie willen.
Während ihrer letzten Lebensjahre – sie wurde 94 Jahre alt – litt Lindbergh nach einem Schlaganfall 1991 an Demenz. Da sie sehr vermögend war, konnte sie über ein Jahrzehnt zu Hause gepflegt werden. Sie, die stets damenhafte Zurückhaltung gewahrt hatte, ließ nun ihren aufgestauten Gefühlen in rasenden Wutausbrüchen freien Lauf.
Links
www.pbs.org/wgbh/americanexperience/features/lindbergh-kidnapping/
Literatur & Quellen
Berg, Scott. 1998. Lindbergh. New York. Putnam.
Hertog, Susan. 1999. Anne Morrow Lindbergh: Her Life. New York. Nan A. Talese.
Lindbergh, Anne Morrow. 1972 (1971). Bring mir das Einhorn: Jahre meiner Jugend (=Bring me a Unicorn). Aus dem Engl. von Anjuta Aigner-Dünnwald u. Elisabeth Piper. München. Piper.
Lindbergh, Anne Morrow. 2000. Wind an vielen Küsten (=Listen: The Wind). Aus dem Engl. von Elisabeth Piper. München; Zürich. Piper.
Lindbergh, Anne Morrow. 2004 (1956). Muscheln in meiner Hand: Eine Antwort auf die Konflikte unseres Daseins. Aus dem Engl. von Maria Wolff. Übertr. der Gedichte von Peter Stadelmayer. Jubiäums-Ed. München; Zürich. Piper.
Lindbergh, Reeve. 1998. Under a Wing: A Memoir. New York. Delta.
Lindbergh, Reeve. 2002. Wie Worte im Wind: [das letzte Jahr mit meiner Mutter Anne Morrow Lindbergh]. Aus dem Engl. von Leon Mengden. München. Goldmann.
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