(Ps. für Hertha Strauch, verh. Deutsch)
geboren am 24. Juni 1897 in St. Avold/Lothringen
gestorben am 7. November 1980 in Wien
deutsch-österreichische Schriftstellerin
125. Geburtstag am 24. Juni 2022
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Adrienne Thomas’ erstes Buch, der durch eigene Erfahrungen geprägte Antikriegsroman Die Katrin wird Soldat (1930), machte sie mit einem Schlag weltbekannt - 100 000 Exemplare wurden in einem Jahr verkauft, und der Roman soll in 16 Sprachen übersetzt worden sein.
Katrin, die während des Ersten Weltkriegs als Rotkreuzhelferin in Metz tätig ist, wird wie Thomas selbst zur überzeugten Pazifistin. Aber durch die “braune Pestwelle” des Nationalsozialismus entwickelte sich die Autorin zur kämpferischen Oppositionellen. Ihre Erfahrungen der Emigration und der Flucht aus dem Frauenlager Gurs in den Pyrenäen durch Spanien und Portugal in die USA liegen dem spannenden Roman Reisen Sie ab, Mademoiselle! (1944) zugrunde.
Hertha Strauch wuchs zweisprachig in einer jüdischen Familie im damals deutschen Lothringen auf. Im Ersten Weltkrieg arbeitete sie als Rotkreuzschwester. 1919 zog sie mit ihrer Familie nach Berlin, absolvierte eine Gesangs- und Schauspielausbildung - und heiratete. Erst nach dem Tod ihres Mannes begann sie zu schreiben. 1932 zog sie in die Schweiz, 1934 nach Paris und von dort nach Wien.
Adrienne Thomas war eine der ersten Autorinnen, die von den Nazis für “unerwünscht” erklärt wurden, und als Österreich besetzt wurde, reagierte sie auf die gefährliche Situation mit Beobachten und Aufschreiben. “Ein Zuhause hatte ich nicht mehr. Zuhause war nur noch an irgend einem Schreibtisch.” Von den Nazis entdeckt, floh sie nach Frankreich. 1940 wurde sie im Frauenlager Gurs im Süden von Frankreich interniert, konnte aber entkommen und sich nach New York einschiffen. Hier arbeitete Thomas als Journalistin und schrieb ihren Exil-Roman zu Ende. 1941 heiratete sie den sozialistischen Politiker Julius Deutsch, mit dem sie 1947 nach Wien zurückkehrte. In ihren Büchern - 6 Romanen, 4 Kinderbüchern und Essays - wie in ihrem Leben zeigte Adrienne Thomas Mut und Optimismus, gerade auch in Krisenzeiten: “Ich war überall gern. Ich hab’ das Beste daraus gemacht, hab’ mich nicht unterkriegen lassen.” (Text von 1997)
Verfasserin: Joey Horsley
Zitate
Ich hatte Angst; aber nachts saß ich dann doch an irgend einem Tisch und schrieb. Man durfte doch nicht schweigen. Man mußte doch zeigen, wer die hier waren. Alle moralischen, alle menschlichen Kräfte der Welt mußten sich vereinen gegen den Antimensch. Jede Stimme, auch die kleinste, mußte mit einstimmen in den Ruf zum Großen Sammeln: “Ja!” (aus “Nein und Ja”, dem Vorwort zu Reisen Sie ab, Mademoiselle! von 1944).
Literatur & Quellen
Budke, Petra & Jutta Schulze. 1995. Schriftstellerinnen in Berlin 1871 bis 1945: Ein Lexikon zu Leben und Werk. Berlin. Orlanda.
Kreis, Gabriele. 1988. Frauen im Exil. Darmstadt; Neuwied. Sammlg. Luchterhand 813.
Gabriele Kreis. 1993. “'Schreiben aus eigener Erfahrung ...'. Drei Schriftstellerinnen im Exil: Lili Körber, Irmgard Keun, Adrienne Thomas.” In: Zwischen Aufbruch und Verfolgung: Künstlerinnen der zwanziger und dreißiger Jahre. Hg. von Denny Hirschbach und Sonia Nowoselsky. Bremen. Zeichen + Spuren. S. 65-80.
Möns, Herman. 1993. “Die Katrin wird Soldat: A Fictionalized Diary of the first World War.” In: German Women Writers 1900-1933. Twelve Essays. Hrsg. Brian Keith-Smith. Lewiston; Queenston; Lampeter. Mellen.
Theobald, Erika E. 1989. “Adrienne Thomas.” In: Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933. Bd. 2. Hrsg. von John M. Spalek & Joseph Strelka. Bern. S. 905-913.
Thomas, Adrienne. 1930. Die Katrin wird Soldat. Ein Roman aus Elsaß-Lothringen. Berlin. Propyläen.
Thomas, Adrienne. 1945. Ein Fenster am East River. Amsterdam. de Lange.
Thomas, Adrienne. 1947. Reisen Sie ab, Mademoiselle! Mit einem Vorwort von Peggy Parnass und einem Nachwort von Gabriele Kreis. Amsterdam. de Lange. Reprint 1982.
Wall, Renate. 1988. Verbrannt, verboten, vergessen: Kleines Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1933-1945. Köln. Pahl-Rugenstein.
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