Wikimedia commons; Sandro Halank
(Олёна Валентинівна Савченко, Aljona (Olena) Walentyniwna Sawtschenko)
geboren am 19. Januar 1984 in Obuchiw, Oblast Kiew (Ukrainische SSR, Sowjetunion)
deutsche Eiskunstläuferin
40. Geburtstag am 19. Januar 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Am 15. Februar 2018 war es endlich vollbracht. Nach 30 Jahren Schinderei auf dem Eis und in der Trainingshalle, nach vielen großartigen Erfolgen und schmerzlichen Niederlagen erfüllte sich Aljona Savchenko in Südkorea ihren größten Traum: den von der olympischen Goldmedaille.
Dabei sah es zunächst gar nicht danach aus. Nachdem ihr Eispartner Bruno Massot den dreifachen Salchow nur doppelt springt, liegt das Paar nach dem Kurzprogramm nur auf Platz 4. Doch dann folgt eine „Jahrhundertkür“ mit zahlreichen neuen tänzerischen Elementen, die die Eishalle von Gangneung förmlich zum Schmelzen bringt. Die beiden laufen zur Musik La terre vue du ciel von Armand Amar perfekt wie ein Uhrwerk mit einer neuen Weltrekordwertung und nur winzigen 0,4 Punkten Vorsprung vor dem zweitplatzierten chinesischen Paar Sui/Han auf das oberste Medaillentreppchen.
Begonnen hat dieser lange Weg auf einem zugefrorenen See in Obuchiw, einer mittelgroßen Stadt im Einzugsgebiet von Kiew. Zu ihrem dritten Geburtstag wünscht sich Aljona Savchenko Schlittschuhe. An der Hand ihres Vaters Walentyn, einem ehemaligen Gewichtheber, probiert sie ihre ersten Schritte auf dem glatten Untergrund.
In der Sowjetunion war das Eiskunstlaufen ein höchst populärer Sport mit zahlreichen Wettkämpfen, die alle im Fernsehen übertragen wurden. Auch die ursprünglich aus Donezk stammende Familie Savchenko – Walentyn und Nina mit ihren vier Kindern – versammelt sich zu diesen Anlässen vor dem Fernsehgerät. Seither ist es Aljonas größter Wunsch, so schön eislaufen zu können „wie die Großen“.
Mit 5 Jahren darf Aljona endlich zum „richtigen“, leistungssportlich orientierten Eistraining in Kiew. Beim Probetraining zeigt die Trainerin, was Aljona nachmachen soll – und vergisst sie dann einfach, während das Kind unverdrossen die Übungen wiederholt. Als längst die Eismaschine ihre Runden dreht, erinnert sich die Trainerin plötzlich an die kleine Aljona und ist von deren Hartnäckigkeit so beeindruckt, dass sie im Kurs bleiben darf, obwohl sie eigentlich noch zu jung und zu klein ist. Von nun an müssen Aljona und ihre Eltern täglich morgens um vier Uhr aufstehen, damit das Mädchen pünktlich zum Training in der 50 km entfernten Eishalle ist.
Zunächst wird Aljona als Einzelläuferin ausgebildet und gilt als hoffnungsvolles Talent. Im Alter von 13 Jahren beginnt sie mit sämtlichen Dreifachsprüngen. Ihr damaliger Trainer Aleksander Artytschenko sieht, dass das kleine, zierliche Mädchen für den Paarlauf wie geschaffen ist, doch er beißt mit seinem Vorschlag sowohl bei Aljona als auch bei ihren Eltern zunächst auf Granit. Nachdem sie sich jedoch zu einem Versuch hat überreden lassen, ist Aljona begeistert. Angst vor Hebungen und Würfen hat sie nicht.
Nun lebt sie in einem Sportinternat, und die Lebens- und Trainingsbedingungen sind hart: Dreimal am Tag werden die Mädchen gewogen. Wer von der „Norm“ abweicht, wird als „dicke Kuh“ beschimpft und muss zusätzliche Runden joggen. Aljona hat ständig Hunger. „Morgens aufstehen, erstmal auf die Waage, dann ein bisschen essen, zum Mittag Salat, abends gar nichts. […] Ich hatte Trainer, die mich mit Schonern auf den Kopf geschlagen haben, wenn ich irgendwelche Elemente schlecht gemacht habe. Ich hatte Trainer, die mit Wasserpistolen in der kalten Eishalle geschossen haben.“
Mit ihrem ersten Partner Dmytro Bojenko startet sie bereits im selben Jahr, 1997, in Chemnitz beim „Pokal der Blauen Schwerter“. Sie werden Vierte. Nach ihrer Rückkehr eröffnet Aljona ihren Eltern, dass sie eines Tages nach Deutschland gehen will. „Es hat mir eben so gut gefallen in Deutschland – die Menschen, die Sauberkeit, die Ordnung, das Essen, absolut alles.“
Da Dmytro Bojenko von zu schwächlicher Konstitution ist, wechselt Aljona ein Jahr später zu ihrem neuen Partner Stanislaw Morosow. Mit ihm feiert sie die ersten internationalen Erfolge: 2000 werden sie bei ihrem Europameisterschaftsdebüt Siebte und gewinnen die Junioren-Weltmeisterschaft in Oberstdorf. Ein Jahr später belegen sie bei der Europameisterschaft den 6. und bei der WM in Vancouver den 9. Platz. Doch nach den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City, bei denen sie nur den 15. Platz erreichen, trennt sich das Paar. Die Streitereien zwischen den beiden hatten kein Ende genommen; hinzu kommt eine langwierige Verletzung bei Morosow.
Aljona Savchenko ist auf der Suche nach einem neuen Partner. Das gestaltet sich schwieriger als zunächst angenommen: In der Ukraine ist kein adäquater Paarläufer verfügbar; eine etwaige Zusammenarbeit mit einem russischen Eisläufer zerschlägt sich wegen fehlender finanzieller Unterstützung seitens der Ukraine. Aljona liebäugelt schon mit einem Wechsel nach Russland, als 2003 durch die Vermittlung eines deutsch-russischen Journalisten der Kontakt zum Trainer und ehemaligen Weltklasse-Paarläufer Ingo Steuer in Chemnitz hergestellt wird. Er sucht seinerseits eine Partnerin für Robin Szolkowy und lädt Aljona zum Probetraining ein.
Und es klappt! Nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten – Aljona Savchenko erhält zunächst nur eine einjährige Aufenthaltserlaubnis – beginnt bereits ein halbes Jahr später mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft die Karriere eines der besten und erfolgreichsten Eislaufpaare der Welt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bescheinigt Savchenko („blond und dynamisch“) und Szolkowy („von weicher Eleganz“), dass sie „bei ihren besten Auftritten etwas [verströmen], das ein Großteil ihrer Konkurrenten nicht erlernen kann: Flair und die Aura des Besonderen.“
Zu den anfänglichen Schwierigkeiten gehören auch die der gegenseitigen Verständigung. Ingo Steuer, der in der DDR aufgewachsene Trainer, kramt sein Schul-Russisch hervor, und irgendwie geht es. Hinzu kommt die Einsamkeit. Mit Training und Deutschkursen ist ihre Zeit ausgefüllt, aber es ist niemand da, mit dem sie sich austauschen kann. Ein halbes Vermögen gibt sie für Telefongespräche mit ihrer Familie in Kiew aus.
Die Internationale Eislaufunion zeigt sich im Fall Aljona Savchenko großzügig und erteilt ihr die Erlaubnis, ab September 2004 international für Deutschland starten zu dürfen. Eingebürgert wird sie am 29. Dezember 2005, rechtzeitig vor den Olympischen Winterspielen in Turin.
Ab 2005 reisen Savchenko/Szolkowy erstmals zu den großen internationalen Meisterschaften. Beim Cup of Russia in Moskau gewinnen sie die Bronzemedaille, bei der Europameisterschaft werden sie Vierte, bei der Weltmeisterschaft Sechste. Keine schlechte Bilanz für Neulinge auf der internationalen Bühne. Anfang 2006 gewinnen die mittlerweile dreimaligen deutschen Meister die Silbermedaille bei der EM in Lyon. Das lässt die Erwartungen für die anstehenden Olympischen Spiele hochfliegen.
Doch Schlagzeilen jenseits des Sports scheinen die Olympiateilnahme zu gefährden. Ingo Steuer wird vorgeworfen, zwischen 1985 und 1989 für die Staatssicherheit der DDR gearbeitet und in dieser Funktion u.a. die Olympiasiegerin Katarina Witt bespitzelt zu haben. Das deutsche Nationale Olympische Komitee schließt ihn aus dem Olympiateam aus. Aljona Savchenko und Robin Szolkowy beharren jedoch darauf, dass ein Start ohne Trainer völlig unmöglich sei. Ingo Steuer klagt seine Nominierung vor Gericht ein. Das juristische Tauziehen dauert bis kurz vor der Paarlaufkonkurrenz; schließlich erhält Steuer Zutritt zur Eishalle. Doch dieses Hickhack hinterlässt Spuren: Savchenko/Szolkowy zeigen sich nicht in Höchstform und werden nur Sechste. Auch bei der WM in Calgary kommen sie über Platz 6 nicht hinaus. Trotz allem halten sie an Ingo Steuer als Trainer fest; nicht zuletzt, weil Aljona und er mittlerweile privat ein Paar sind.
Ungeachtet aller Schwierigkeiten und Querelen stehen dem Eislaufpaar Savchenko/Szolkowy die erfolgreichsten Jahre seiner Karriere bevor. In den kommenden drei Jahren werden sie dreimal hintereinander EuropameisterInnen und gewinnen 2008 und 2009 zweimal hintereinander sogar die WM, nachdem es 2007 „nur“ zu Bronze reichte. Damit sind sie das erste deutsche Paar nach Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler 1963/64, das seinen WM-Titel erfolgreich verteidigen kann.
Doch hinter den Kulissen kracht es nicht nur gelegentlich. Ingo Steuer ist ein sehr dominanter und autoritärer Trainer, der alles allein bestimmen und entscheiden will: die Auswahl der Musik, die Choreographie, die Ausführung der einzelnen Elemente, Posen und Übergänge. Aljona mit ihrem Sinn für künstlerische Darstellung hat immer wieder eigene Ideen, wie diese oder jene Pose unterstrichen oder eine Kombination ausgeführt werden könnte. Doch ihre Vorschläge werden abgebügelt – der Erfolg scheint dem Trainer Recht zu geben.
Aljona Savchenko und Robin Szolkowy gelten als das Traumpaar schlechthin. Ihre Musikalität, ihr harmonisches Zusammenspiel, die Bewältigung schwieriger Elemente machen etliche ihrer Kürprogramme, wie beispielsweise den Pink Panther oder Tschaikowskys Nussknacker, zu Klassikern: „Die perfekte Symbiose aus Sport und Kunst“ (dpa). Insgesamt werden sie viermal EuropameisterInnen und gewinnen fünf Weltmeisterschaften. Mit diesen fünf Welttiteln stellen sie einen neuen „deutschen Rekord“ seit den vier Titelgewinnen von Maxi Herber und Ernst Baier (1936–39) auf. Hinzu kommen fünf Silber- und zwei Bronzemedaillen sowie mehr als ein Dutzend Grand Prix-Siege und vier Gold-, eine Silber- und drei Bronzemedaille bei den Grand Prix-Finals.
Doch der ersehnte Olympiasieg will sich nicht einstellen. Bei den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver leisten sie sich beide je einen Patzer bei der Kür und kehren anstatt mit dem erhofften Gold nur mit Bronze heim. Aber auch vier Jahre später in Sotschi will es nicht klappen. Robin stürzt bei der Sprungkombination, und der Traum ist erneut geplatzt: wieder nur Bronze. Alle rechnen damit, dass die Beiden ihre Wettkampfkarriere beenden und nun bei Schaulaufen und Eis-Shows ihr Können versilbern. Schließlich sind sie inzwischen 30 und 35 Jahre alt. „Eine große gemeinsame Karriere bleibt unvollendet. Aljona Savchenko und Robin Szolkowy haben den Paarlauf geprägt. Der ganz große Ruhm blieb ihnen aber verwehrt“ (Die Welt). Das glaubt auch Robin Szolkowy. Doch Aljona Savchenko hat sich längst anders besonnen; sie will ihre Wettkampfkarriere fortsetzen – mit einem neuen Partner. Nach elf gemeinsamen erfolgreichen Jahren trennen sie sich in keinem guten Einvernehmen.
Aljona sucht sich ihren neuen Partner selbst aus: Bruno Massot, Franzose, fünf Jahre jünger als sie selbst, groß und bärenstark, ein nahezu unbeschriebenes Blatt. Seine bisher größten Erfolge sind ein erster und ein zweiter Platz bei den französischen Meisterschaften. Gleich das erste Probetraining in Chemnitz zeigt: Die Beiden sind wie füreinander geschaffen. Doch atmosphärisch brodelt es. Aljona, die erfahrene fünfmalige Weltmeisterin, ist die Chefin im Ring. Hinzu kommt der starrköpfige, verbissene Ingo Steuer. Bruno Massot würde gerne gemeinsam mit Steuer und seinem Jugendtrainer Jean-François Ballester trainieren. Das lehnt Steuer rundweg ab; er will sich nicht dreinreden lassen. Aber Bruno ist nicht so ein geduldiger, zurückhaltender Typ wie Robin Szolkowy – er sagt klar und lautstark seine Meinung und stellt Aljona vor die Alternative: Entweder sie wechseln den Trainer, oder es wird kein Paar Savchenko/Massot geben.
Aljona, die ihr Projekt Olympiagold dahinschwinden sieht, willigt schließlich ein – ihre Beziehung zu Ingo Steuer ist ohnehin längst am Ende – und beide ziehen von Chemnitz nach Oberstdorf, zum Trainer Alexander König. König ist ein gelassener, umgänglicher, unterstützender Trainer, der seinen Schützlingen viel Raum für eigene Ideen gibt. Gegenüber einer Zusammenarbeit mit Ballester ist er aufgeschlossen. Damit nimmt er viel Dampf von seinem explosiven Paar.
Auch menschlich finden die Beiden zusammen: Aljona hilft Bruno beim Büffeln – er braucht die bestandene Deutschprüfung für seine Einbürgerung – und über Bruno lernt Aljona den englischen Graphikdesigner Liam Cross kennen, den sie 2016 heiratet.
Da Bruno Massot bei der WM 2014 noch für Frankreich gestartet war, muss er eine einjährige Sperre absitzen, bevor er für Deutschland starten darf. Auch ist der französische Eislaufverband nicht willens, ihn ohne Zahlung eines „Lösegelds“ ziehen zu lassen. All dies gibt dem neuen Paar viel Zeit sich vorzubereiten. Sie wollen von Anfang an ganz oben mitmischen. Ein Problem ist das leidige Geld. Sie haben keine Sponsoren, und da Bruno noch weithin unbekannt ist, gibt es auch keine Einladungen zu Eis-Shows. Aljona geht als Sportsoldatin zur Bundeswehr, wo sie in der Grundausbildung mit einem Rucksack von mehr als der Hälfte ihres Körpergewichts kilometerweit marschieren muss.
Nach 18 Monaten Wettkampfpause startet das Paar Savchenko/Massot endlich seine gemeinsame Karriere. Mit Weltklasseleistungen reüssieren sie bei Wettbewerben in Tallinn und Warschau; im Dezember 2015 holen sie sich überlegen die deutsche Meisterschaft. Besonders begeistert ist das Publikum jedes Mal von ihrem Dreifachtwist – wenn der männliche Part seine Partnerin in die Luft wirft, sie sich dreimal um die eigene Achse dreht und von ihrem Partner wieder aufgefangen und auf dem Eis abgesetzt wird. Bruno scheint Aljona förmlich bis unter die Decke zu schleudern; viel höher als es sonst ein Paar zeigt. Doch Aljona ist ehrgeizig: sie will den Vierfachtwist und den dreifachen Wurfaxel trainieren, beides riskante und verletzungsanfällige Elemente. Es gibt immer wieder Streit, und Alexander König muss vermitteln.
Bei ihrer ersten gemeinsamen Europameisterschaft 2016 gewinnen Savchenko/Massot Silber, bei der WM Bronze. Im Folgejahr können sie sich nochmals verbessern und holen sowohl bei der EM als auch bei der WM jeweils die Silbermedaille. Nun gilt es: Aljona will alles daran setzen, dass sich bei den Olympischen Spielen von Pyeongchang 2018 endlich ihr Lebenstraum erfüllt. Sie holen sich für die Choreographie erstklassige Unterstützung: den legendären britischen Eistänzer Christopher Dean.
Und diesmal geht alles auf: Die „Kür für die Ewigkeit“, die mit dem Unendlichkeitszeichen beginnt und unverkennbar Christopher Deans Handschrift trägt, verzaubert nicht nur das Publikum in der Eishalle und vor den Bildschirmen, sondern auch die PreisrichterInnen. Mit der neuen Weltrekordpunktzahl von 159,31 holen sich Savchenko/Massot den Olympiasieg – den ersten für ein deutsches Paar seit 1952. Bei der WM in Mailand einen Monat später erhöhen sie bei ihrem Titelgewinn den Weltrekord mit 162,86 Punkten nochmals. Mit nunmehr sechs WM-Titeln stellt Aljona Savchenko den Paarlauf-Weltrekord der Russin Irina Rodnina ein.
Zunächst treten sie bei einigen Eis-Shows auf, aber das wird Aljona bald zu langweilig. Eigentlich will sie weiter Wettkämpfe laufen. Doch für Bruno Massot ist Schluss; er hat genug von der Schinderei. Comeback-Pläne mit einem neuen Partner zerschlagen sich. Auch in ihrem Privatleben gibt es einschneidende Veränderungen: Im September 2019 wird sie Mutter einer Tochter. 2022 lassen sich Aljona Savchenko und Liam Cross scheiden.
Nach einer Pause arbeitet Aljona Savchenko als Trainerin in Oberstdorf, hat einige Auftritte als Sportexpertin beim Fernsehen. Aber die großen Angebote bleiben aus; die Ehrungen halten sich in Grenzen. Sie bescherte der Deutschen Eislauf-Union insgesamt 23 Medaillen bei Olympischen Spielen, Europa- und Weltmeisterschaften, davon elf aus Gold. Dennoch hat die DEU offensichtlich kein Interesse an einer Zusammenarbeit. Im Frühjahr 2022 teilt der niederländische Eislaufverband mit, dass Aljona Savchenko ab 2023 in Heerenveen ein neues nationales Eiskunstlauf-Trainingszentrum leiten wird.
Sie hat sich immer wieder neu erfunden, alle Laufstile gezeigt, die unterschiedlichsten Musikrichtungen interpretiert. Ihr Ehrgeiz und ihre Beharrlichkeit sind sprichwörtlich, und doch ist sie immer wieder aufgeschlossen für das Neue.
Bei den Eiskunstlauffans weltweit wird Aljona Savchenko unvergessen bleiben.
Verfasserin: Christine Schmidt
Zitate
Irgendwann werde ich das Eis so zum Glühen bringen, dass die Flammen unter meinen Kufen lodern.
Ich war so sicher wie nie, nach den ersten Bewegungen war für mich klar: Das ist dieser Moment, von dem ich das ganze Leben geträumt habe.
Diesen Moment vergisst man nicht. Niemals.
Das waren magische Olympische Spiele, nicht nur die Kür, sondern auch die Geschichte mit dem Kurzprogramm, nach dem wir nur Vierte waren. Da hatten uns viele längst abgeschrieben.
Bruno [Massot] hat mein Leben verändert. Ohne ihn hätten wir uns nicht von Ingo [Steuer] getrennt, ohne ihn hätte ich meinen Mann nicht kennengelernt, dazu die neue Umgebung. Oberstdorf statt Chemnitz. Es ist so vieles passiert, so viel Schönes… Und nun dieses Gold. Ohne Bruno hätte ich auch das nicht.
Meine Familie, mein Herz bleibt in der Ukraine. Aber Deutschland hat uns diese Chance gegeben. Wir sind hier nicht geboren, aber wir sind sehr stolz, dass wir für Deutschland eine Medaille geholt haben, denn dieses Land, dieser Verband, Trainer Alexander König und andere haben uns erst dorthin gebracht.
Ich liebe wirklich das Adrenalin von Wettkämpfen, mich selbst über das Limit zu pushen und das tägliche Training.
Wenn ich ein Programm laufe, dann stelle ich mir genau vor, wie ich dazu aussehen soll.
Wenn ich nun zum Beispiel als Trainerin anfangen würde, würde ich anders mit den Kindern umgehen, als mit mir umgegangen wurde.
Man muss das Beste aus dem herausholen, was man hat.
Ich möchte zeigen, dass man sein Ziel niemals aufgeben sollte. Egal, wie schwierig die Situation ist.
Wir haben uns immer gefragt, warum wir als einzige Olympiasieger keinen Sponsor haben. Das ist Wahnsinn. Ich bin der Deutschen Eislauf-Union, der Bundeswehr und der Sporthilfe dankbar, dass die uns unterstützen. Ansonsten hätten wir gar nichts.
Ohne Shows oder Auftritte verdient man als Eiskunstläufer kein Geld. Wir leben davon, also war das [= die Absagen während der Corona-Pandemie] für uns eine große Katastrophe.
Mit meinem körperlichen Leistungsvermögen könnte ich noch bei mehreren Winterspielen antreten.
Ich würde so gerne eine TV-Show für Kinder konzipieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass es in Deutschland viele talentierte Kinder gibt, man muss sie nur finden und unterstützen und so unserem Sport neue Impulse geben.
Wenn man in Deutschland unsere Sportart nicht unterstützt, dann wird es auch keinen Eiskunstlauf mehr geben.
Ich versuche, so schnell wie möglich in Heerenveen anzufangen. Es ist eine große Herausforderung, den Eiskunstlauf in den Niederlanden auf ein höheres Niveau zu bringen.
Bin ich auch [= eine schwierige Partnerin], aber wenn ich anders wäre, hätte ich diesen Erfolg nicht gehabt.
Ich danke all denen, die über meine Träume gelacht haben, denn sie haben meine Fantasie inspiriert. Ich danke allen, die mich in ihre Interessen einbinden wollten, denn sie haben mich den Wert der Freiheit gelehrt. Ich danke allen, die mich angelogen haben, denn sie haben mir die Macht der Wahrheit gezeigt. Ich danke all denen, die nicht an mich geglaubt haben, mich abgeschrieben haben, mich verlassen und verraten haben. Denn sie haben meinen Mut geweckt und mir den Raum zum Gestalten gegeben. Sie ließen mich immer wachsam sein. Ich danke all denen, die mich verletzt haben, denn sie haben mich gelehrt, in Schmerzen zu wachsen. Noch wichtiger ist aber für mich hervorzuheben, dass ich mich bei allen bedanke, die mich so lieben, wie ich bin. Sie geben mir die Kraft zu leben und meinen neuen Träumen zu folgen.
Sie ist vom Charakter her die Chefin im Paar, und ich bin es nicht gewöhnt, dass mich ein Mädchen herumkommandiert.
(Stanislaw Morosow)
Aljona hat einen schwierigen Charakter. Sie ist fanatisch […] in dem Sinne, dass sie von einer Sache fasziniert ist. Solche schöpferischen Menschen unterscheiden sich von anderen.
(Stanislaw Morosow)
Wir haben uns an die anderen herangetastet, und spätestens zur Deutschen Meisterschaft war klar: Jetzt sind wir auf jeden Fall in Deutschland die Nummer eins. Ich war noch sehr relaxt, weil ich noch gar nicht wusste, in welche Richtung das gehen könnte. Wir sind einfach hingefahren und haben unser Ding gemacht.
(Robin Szolkowy)
Aljona ist heute ja noch so: Eislaufen, Eislaufen, Eislaufen. Wenn das nicht geht, dann Eislaufen.
(Robin Szolkowy)
Normalerweise braucht man drei bis vier Jahre, um sich an den neuen Partner zu gewöhnen. Wir haben das in drei bis vier Stunden erledigt.
(Bruno Massot)
Manchmal hatte ich bei Aljona das Gefühl, in der Armee zu sein.
(Bruno Massot)
Wir haben uns angeschrien und manchmal eine Woche lang nicht miteinander geredet.
(Bruno Massot)
Welcher Athlet hätte nach vier Olympischen Spielen und zwei Bronzemedaillen weitergemacht? Die meisten hätten gesagt: Die Zeit ist vorbei, ich werde dieses Gold nie bekommen. Aljona ist anders. Und sie wurde belohnt. Ich habe großen Respekt vor ihr, unglaublich.
(Bruno Massot)
Sie haben Neues geschaffen, das tänzerische Element ins Paarlaufen hinein komponiert und es damit weiterentwickelt.
(Udo Dönsdorf, Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union)
Links
Ahrens, Peter (2022): Deutsches Eiskunstlauf-Goldpaar von Pyeongchang: Noch einmal weinen. In: DER SPIEGEL, 03.02.2022.
Online verfügbar unter https://www.spiegel.de/sport/wintersport/aljona-savchenko-und-bruno-massot-noch-einmal-weinen-mit-dem-eiskunstlauf-goldpaar-a-908b9246-d685-44dc-882d-0a75da3d730a, zuletzt geprüft am 02.02.2024.
Aljona Savchenko und Liam Cross getrennt: Scheidung von Ehemann (2022). In: Allgäuer Zeitung, 18.02.2022.
Online verfügbar unter https://www.allgaeuer-zeitung.de/sport/sport-im-allgaeu/aljona-savchenko-und-liam-cross-getrennt-scheidung-von-ehemann_arid-383578?bild=9, zuletzt geprüft am 02.02.2024.
ARD Audiothek (2024): Aljona Savchenko | Eiskunstläuferin. ARD.de.
Online verfügbar unter https://www.ardaudiothek.de/episode/swr1-leute/aljona-savchenko-oder-eiskunstlaeuferin/swr1/76731706/, zuletzt geprüft am 02.02.2024.
Bruner, Raisa (2018): What to Know About German Pair Skaters and Gold Medalists Aljona Savchenko and Bruno Massot. In: Time, 15.02.2018.
Online verfügbar unter https://time.com/5160547/savchenk-massot-relationship-explained-winter-olympics/, zuletzt geprüft am 02.02.2024.
Eiskunstlauf: Paarläufer Savchenko/Szolkowy sind zum fünften Mal Weltmeister (2014). In: Die Zeit, 27.03.2014.
Online verfügbar unter https://www.zeit.de/sport/2014-03/savchenko-szolkowy-eiskunstlauf-wm-japan, zuletzt geprüft am 02.02.2024.
Klein, Günter (2020): „Man könnte auch eine Geisterkür laufen“. Interview. Frankfurter Rundschau, 03.06.2020.
Online verfügbar unter https://www.fr.de/sport/sport-mix/aljona-savchenko-man-koennte-auch-eine-geisterkuer-laufen-13785946.html, zuletzt geprüft am 02.02.2024.
Klimke, Barbara (2021): Aljona Savchenko und Bruno Massot: Goldkür ohne Zugabe. In: Süddeutsche Zeitung, 01.05.2021.
Online verfügbar unter https://www.sueddeutsche.de/sport/eiskunstlauf-savchenko-massot-1.5281278, zuletzt geprüft am 02.02.2024.
Mai, Marina (2021): Eiskunstläuferin Savchenko vor Comeback: Zurück in die Schlittschuhe.
Online verfügbar unter https://taz.de/Eiskunstlaeuferin-Savchenko-vor-Comeback/!5795453/, zuletzt geprüft am 02.02.2024.
munzinger.de: Biografie Aljona Savchenko. Zugang eingeschränkt.
Online verfügbar unter https://online.munzinger.de/document/01000007093. Olympiasiegerin Aljona Savchenko im Interview: „Eine Schauspielkarriere würde ich mir durchaus zutrauen“ (2022). In: RedaktionsNetzwerk Deutschland, 03.02.2022.
Online verfügbar unter https://www.rnd.de/medien/olympiasiegerin-aljona-savchenko-im-interview-eine-schauspielkarriere-wuerde-ich-mir-durchaus-CFBHJDG4SZHDFLWFA23HXYO7ZQ.html, zuletzt geprüft am 02.02.2024.
Paarlauf-Olympiasieger: Kein Remake der Jahrhundertkür (2021). In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.04.2021.
Online verfügbar unter https://www.faz.net/aktuell/sport/mehr-sport/eiskunstlauf-paarlauf-olympiasieger-savchenko-und-massot-beenden-karriere-17320701.html, zuletzt geprüft am 02.02.2024.
Paarlauf-Olympiasiegerin kehrt Deutschland den Rücken. Savchenko wird Nationaltrainerin in den Niederlanden (2022). In: sportschau.de, 14.03.2022.
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Schläge, Essensentzug, Zwang: Savchenko spricht über schlimme Eiskunstlauf-Trainingsmethoden (2022). In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.02.2022.
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Siemes, Christof (2014): Bronze für Savchenko/Szolkowy: Zu weiche Knie und zu viele Wenns. In: Die Zeit, 12.02.2014.
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Olympia: Savchenko und Massot: Das kitschigste Gold der Spiele. In: Westdeutsche Zeitung, 15.02.2018.
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Zeit online (2018): Eiskunstlauf: Savchenko und Massot sind Weltmeister. In: Die Zeit, 22.03.2018.
Online verfügbar unter https://www.zeit.de/sport/2018-03/eiskunstlauf-savchenko-massot-weltmeister-mailand, zuletzt geprüft am 02.02.2024.
Literatur & Quellen
„Die Kür ihres Lebens“. Dokumentarfilm, Deutschland 2022, 81 Min.
Fischbach, Jürgen; Steuer, Ingo (2010): Ingo Steuer: EISZEITEN. Vom Ehrgeiz getrieben. Eine deutsche Sportkarriere im Machtspiel von Funktionären, Politikern und Geheimdienst. Dresden. Weltbuch Verlag. ISBN 9783938706152.
(Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Flade, Tatjana (2016): Ein perfektes Paar. Aljona Savchenko und Robin Szolkowy : ihre Geschichte, seine Geschichte, die gemeinsame Geschichte. 1. Auflage. Chemnitz. Chemnitzer Verlag. ISBN 9783944509068.
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Ilina, Alexandra; savchenko, Aljona (2020): Aljona Savchenko. Der lange Weg zum olympischen Gold. Hildesheim. Arete Verlag. ISBN 9783964230317.
(Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Ilina, Alexandra; savchenko, Aljona (2020): Aljona Savchenko. Der lange Weg zum olympischen Gold. E-Book. Arete Verlag. ISBN 9783964230362.
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